Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Freitag, 24. April 2009
Über Wesen und Erscheinung I
Vor langer Zeit in einem anderen Leben habe ich mal für kurze Zeit an einer Universität gearbeitet. Und es begab sich, dass ich in einer Lehrveranstaltung über die Melusine des Thüring von Ringoltingen mitwirkte. Das Volksbuch von der schönen Melusine ist nun ein auch unter feministischem Frageinteresse durchaus interessanter Text, nur hatte es sich eine Gruppe von Studenten etwas leicht gemacht. Anstatt den Text zu lesen, weil ist ja so Mittelalterkram, interessiert doch keine Sau, haben sie kurz nachgedacht und kamen zu dem Schluss: da kommen Frauen vor, Frauen waren im Mittelalter (die Melusine ist zwar schon Neuzeit, aber wer wird denn so pingelig sein) ziemlich schwer unterdrückt, außerdem gab es im Mittelalter doch die Beginen, das waren doch auch Frauen und sicher irgendwie auch unterdrückt, dann referieren wir halt was dadrüber, passt schon und im Übrigen sollte es sowieso immer um Unterdrückung und so gehen. Und so begann die Stunde und die drei jungen Männer, über Form, Farbe, Größe oder Gestalt ihrer Naslöcher ist mir nichts in Erinnerung geblieben, laberten sich durch die Gegend und ich dachte so bei mir: „Ob unsere Chefin der Truppe einen Schein gibt?“
Der Vortragende trug sein Haar eher bunt, an einigen Stellen ausrasiert, wie das damals Mode war und seine Kleidung, ... Ach lassen wir das. Feministen ebend. Das gab es zu der Zeit.
Neben mir höre ich unsere Professorin immer unruhiger werden. Dann beugt sie sich zu mir und flüstert mir in ihrem wunderbaren Wiener Dialekt ins Ohr:
„Sie, sagn’s mal: Is’ es nicht fuachtbar, wenn die Leut so ausschaugn, wies auch sind?“

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