Georg Forster: Reise um die Welt 3
(Einleitung)
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g. | Donnerstag, 9. April 2009, 07:03 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
„Die Gesundheit des Schiffsvolks ist ein so wichtiger Gegenstand bey langen beschwerlichen See-Reisen, daß man zu Beförderung und Erhaltung derselben diesmal auf außerordentliche Mittel bedacht war. Zu dem Ende hatte man verschiedne Lebensmittel an die Stelle andrer ausfindig gemacht, und vor allen Dingen unser deutsches Sauerkraut, nebst gallertartig eingekochter Fleischbrühe (...) in großer Menge an Bord geschickt.* dt. Name für Skorbut. Skorbut war unter Seeleuten eine weit verbreitete Krankheit. Erst der britische Schiffsarzt James Lind fand 1754, also 18 Jahre vor unserer Reise, ein Heilmittel gegen diese Mangelerscheinung.
Wir hatten in der Resolution sechzig große Fässer Sauerkraut, die vor unsrer Rückkehr ans Vorgebirge der guten Hoffnung ganz ausgeleert wurden. Die vielen Veränderungen des Clima, denen wir unterworfen gewesen, hatten ihm nichts geschadet. Ohngefähr vierzehn Tage vor unserer Ankunft in Engelland, fanden wir die letzte Tonne, die man bis dahin durch einen Zufall im Schiffsraum übersehen hatte; und auch diese enthielt so frisches und schmackhaftes Sauerkraut, daß verschiedene portugiesische Herren, die auf der Rheede von Fayal mit uns speiseten, nicht nur mit außerordentlichem Appetit davon aßen, sondern sich den im Fasse gebliebnen Rest ausbaten, um ihre Freunde am Lande damit zu bewirthen. Es ward mehrenteils zweymal die Woche, zur See aber, und besonders in den südlichsten Gegenden, auch öfter gereichet. Die Portion auf jeden Kopf war ein Pfund. Dem deutschen Leser die guten Eigenschaften dieses Gerichts anzurühmen, wäre überflüssig. Doch kann ich nicht umhin zu sagen, daß es vielleicht das allerbeste Präservativ gegen den Scharbock * ist, weil es in Menge mitgenommen, und nicht als Medicin, sondern in großen Portionen als nahrhafte Speise gebraucht werden kann.
Die Täfelchen oder Kuchen von gallertartig eingekochter Fleischbrühe verdienen den nächsten Platz, als bewährte gesunde Nahrungsmittel. Wir hatten ihrer an 5000 Pfund. Wöchentlich kochte man dreymal Erbsen 1 zu Mittage, und jedesmal ward ohngefähr zwey Loth solcher Fleischbrühe auf den Mann, darinn zerlassen. Auch ward es bisweilen zum Frühstück mit Weizen-Graupen oder Habermehl verdickt zugerichtet.
Ein und dreyßig Fässer mit eingekochter Würze (Maische) oder Bier, das bis zu einer Syrup ähnlichen Consistenz eingekocht war, wurde ebenfalls auf dieser Reise mitgenommen, um gelegentlich durch den Zusatz von Wasser und neuer Gährung zu gesundem Getränke bereitet zu werden. Allein, aus Mangel von Vorsichtigkeit, verloren wir diesen Vorrath, der im heißen Clima in Gährung gerieth und die Fässer sprengte.“
1 „Unglücklicherweise waren unsere Erbsen sehr schlecht und blieben, ohnerachtet alles Kochens, hart und unverdaulich. Die oben angeführten Sachen, hielten uns aber zum Theil schadlos und verhinderten die üble Würkung, die diese harte Speise, nebst dem Pökelfleisch hätte verursachen können.“
(Forster S. 33/34)
Die Anmerkungen in hochgestellten Ziffern sind von Georg Forster; Anmerkungen mit Asterisk sind von mir.