Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Mittwoch, 10. November 2010
Ludwig Tieck: Die beiden merkwürdigsten Tage aus Siegmunds Leben XIII
Es gibt Momente im Leben, wo die Verlegenheit Stoß auf Stoß so auf uns einstürmt, daß wir uns endlich in blinder Verzweiflung widersetzen. Dies ist der Augenblick, wo alles Tierische im Menschen gewöhnlich die bessere geistige Materie zu Boden ringt, der gefährliche Augenblick, in welchem der Mensch allen feinern Empfindungen Abschied gibt, wo er in seinem Gegner den fühlenden Menschen verkennt und bloß den Feind wahrnimmt. In diesem stürmischen Augenblicke entdeckte Siegmund dem Präsidenten seine ganze Lage wie er seinen vorigen Posten aufgegeben habe, weil er die hiesige Ratsstelle gewiß geglaubt, wie er Geld aufgenommen und nun nicht wieder zu bezahlen wisse, wie ihn jetzt plötzlich tausend Unannehmlichkeiten bestürmten, an die er bis dahin gar nicht gedacht habe.
Es kommt wie es fast zwangsläufig kommen muss:
Der Präsident zuckte die Schultern eine Mitleidsbezeugung, mit der die Leute noch freigebiger sind, als mit Seufzern. Es kam ihm sogar ein Einfall, den er für witzig hielt, so daß er ihn unmöglich unterdrücken konnte.

»Sie glaubten«, sagte er mit sehr spitzigem Munde, »daß guter Rat hier so teuer sei, daß man Sie auf den Händen tragen würde.«

Man sieht, es war ein Wortspiel, die verschrieenste Abart unter den verschiedenen Arten des menschlichen Witzes; daß es außerdem noch unartig war, bedarf gar keiner Erwähnung.
Wie heißt es doch so schön: Wer Witze hat, braucht für den Spott selbst nicht mehr zu sorgen, oder so ähnlich.

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