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Georg Forster: Reise um die Welt 6
(Abreise – Fahrt von Plymouth nach Madera – Beschreibung dieser Insel)
(Abreise – Fahrt von Plymouth nach Madera – Beschreibung dieser Insel)
g. | Dienstag, 21. April 2009, 06:38 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
Auf Madeira:
** Tresterwein
Solche Wertungen würde ich meinem 23 Jahre alten Sohn nicht durchgehen lassen.
Notiz an mich : bei Gelegenheit Kants Von den verschiedenen Rassen der Menschen’‚ und die Polemik von Forster (Georg Forster ‚Noch etwas über die Menschenraßen’) dazu lesend vergleichen. Zum Hintergrund: Hannah Arendt ‚Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft’ Teil II: Imperialismus.
„Das gemeine Volk ist schwärzlich von Farbe und wohl gebildet, doch haben sie große Füße, welches vermuthlich von Ersteigung der steilen und steinigten Wege auf den Bergen, herkommen mag. Sie sind von länglicher Gesichtsbildung, haben schwarze Augen und schwarzes Haar, welches von Natur in Locken fällt, bey einigen aber anfängt sich wollartig zu kräuseln, eine Eigenschaft, die man vielleicht ihrer Vermischung mit Negern zuschreiben könnte. Im Ganzen sind sie plump doch nicht widerlich gebildet. Die Frauenspersonen sind häßlich; es fehlt ihnen die blühende Farbe, welche, nebst der gefälligen regelmäßigen Gestalt, dem weiblichen Geschlecht unserer nördlichen Gegenden den Vorzug über alles andre Frauenzimmer giebt. Hier in Madera sind sie klein und stark von Knochen, selbst im Gesicht, besonders aber am Fuswerk. Dabey ist nichts gefälliges in ihrer Art sich zu tragen und in ihrem Anstande; und der Farbe nach gehören sie zu den dunkelsten Brünetten. Allein, die richtigen Verhältnisse ihres Wuchses, die schöne Gestalt ihrer Hände, und ihre großen lebhaften Augen entschädigen sie einigermaßen für jene Mängel. Die Arbeitsleute tragen Sommers leinene Schifferhosen, ein grobes Hembd, einen großen Hut und Stiefeln. Einige hatten ein kurzes Camisol * von Tuch und einen langen Mantel, den sie zuweilen über den Arm schlugen. Die Frauenspersonen tragen Röcke und kurze enge Leibchen, eine Tracht, die zwar sehr einfach ist, aber manche Personen gar nicht übel kleidet. Außerdem tragen sie auch wohl einen kurzen weiten Mantel. Der Kopf aber bleibt völlig unbedeckt, und die Unverheyratheten binden die Haare oben auf dem Wirbel des Haupts zusammen.* Kamisol, das; -s, -e [frz. camisole < provenz. camisola = Vkl. von: camisa < ital. camicia < spätlat. camis(i)a = langes Unterhemd]: eng anliegende Jacke [bei Trachten]; Unterjacke; Mieder. (Duden)
Die Leute auf dem Lande sind ausnehmend mäßig, und leben schlecht. Sie nähren sich mehrentheils nur von Brod und Zwiebeln oder anderm Wurzelwerk und etwas Fleisch. So elend sie sich aber auch behelfen müssen, so essen sie doch nicht leicht Eingeweide oder sonst andern Abgang von Fleisch, weil die elendesten Bettler CALDAUNEN-SCHLUCKER bey ihnen genannt werden. Ihr gewöhnlicher Trunk ist Wasser, (oder auch Lauer**) ein dünnes Getränk, welches sie aus Weinträbern und Wasser zubereiten, und solches durch die Gährung etwas scharf und säuerlich werden lassen; es kann aber nicht lange aufbewahrt werden. Der Wein selbst, der diese Insel so berühmt gemacht hat, und der ihrer Hände Arbeit ist, kommt selten vor ihren Mund. Ihre Hauptbeschäftigung ist Weinbau; da solcher aber den größten Theil des Jahrs keiner Wartung bedarf, so können sie sich um so mehr ihrer Neigung zum Müßiggang überlassen, welche in warmen und fruchtbaren Ländern so natürlich ist. Die portugiesische Regierung scheint bis jetzo noch nicht die besten Mittel die besten Mittel dagegen ergriffen zu haben: Zwar ist neuerlich Befehl ergangen, daß Ölbäume angepflanzt werden sollen, wo das Land für den Weinwachs zu trocken und unfruchtbar ist; aber noch ist man nicht bedacht gewesen, den Landmann fürs erste unter die Arme zu greifen, oder Belohnungen zu versprechen, die ihn geneigt zu Neuerungen und willig zur Arbeit machen können.
Die Weinberge werden Pacht-Weise und immer nur auf ein Jahr lang ausgethan. Die Pächter bekommen vier Zehntheile vom Gewächs; vier andre Zehntheile müssen dem Grundherrn, ein Zehntheil an den König und einer an die Geistlichkeit entrichtet werden. Ein so geringer Gewinn und die Aussicht, daß sie bloß für andre arbeiten, muß natürlicherweise Muth und Hofnung niederschlagen. Dennoch sind sie bey aller Unterdrückung lustig und vergnügt, singen bey der Arbeit und versammlen sich des Abends, um nach dem Schall einer einschläfernden Guitarre zu tanzen und zu springen.“
(Forster S. 54-56)
** Tresterwein
Solche Wertungen würde ich meinem 23 Jahre alten Sohn nicht durchgehen lassen.
Notiz an mich : bei Gelegenheit Kants Von den verschiedenen Rassen der Menschen’‚ und die Polemik von Forster (Georg Forster ‚Noch etwas über die Menschenraßen’) dazu lesend vergleichen. Zum Hintergrund: Hannah Arendt ‚Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft’ Teil II: Imperialismus.
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