Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Deutschland 1918/3
Leipzig 30.11.1918

„Wir leben vollkommen ruhig u. gleichmäßig; es kommt uns seltsam vor, von ‚Revolution’ zu lesen, der Streit um die rote Fahne auf der Universität erscheint uns kindlich, alles ist hier in völligen friedlichsten Alltag getaucht. Und doch ersieht man aus den Zeitungen, dass das Chaos überall zunimmt, und doch ist es möglich, ja wahrscheinlich, dass wir in kurzem Bürgerkrieg u. alle möglichen Greuel hier wie in ganz Deutschland haben werden. Es ist mit dieser Revolution wie mit der ‚Leere des Schlachtfeldes’. Das meiste geht unterirdisch vor sich; am wenigsten weiß u. sieht, wer mitteninne steht.“


(Victor Klemperer Tagebücher)
Klemperer betreibt philologische Exercitien während eine Art von Revolution, von gesellschaftlichem Umbruch von statten geht. Nicht dass es mir fremd wäre: wenn man die Ereignisse nicht mehr fassen kann, ist es nicht die schlechteste Idee sich in ruhigere Gefilde zu begeben. Trotzdem erscheint es unzeitig.

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