Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Donnerstag, 17. November 2011
Schnipsel
Manchmal lese ich irgendwo etwas ...

  1. Neues Wort: Nyctohylophobie – die Angst vor dem nächtlichen Wald. Die haben, so der Waldhistoriker Detlev Arens, vor allem Frauen. Dass es Waldhistoriker gibt, wusste ich auch nicht.
  2. Mehdornino, der neue Darsteller aus der Vorabendserie: „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.“ Darauf einen Dujardin.
  3. Lupo cerveca hombre heißt Wolf Biermann auf Spanisch sagt Wiglaf Droste.
  4. Vom undogmatischen Linken zum dogmatischen Rechten. Was es alles gibt.
  5. Ist es zu euphemistisch von Sloterdijk als dem Günther Jauch der Philosophie zu reden?
  6. Ich war ja noch nie bei einem Makler. Wenn ich aber mal bei einem sein sollte und ich ihm erklären müsste, welche Art von Wohnung für mich die Richtige wäre, dann, ja dann würde ich sagen: „Wenn Sie eine Wohnung für mich suchen, sollten Sie sich immer zunächst fragen: Würde sich ein Architekt oder Innenarchitekt hier wohlfühlen? Wenn ja kommt sie für mich nicht in Frage!“

gerade entdeckt:

Bevor es wieder depubliziert wird: ein Radiofeature über Milton Friedman.

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Mittwoch, 16. November 2011
Musik für alle Tage
ZAZ (Isabelle Geoffroy)



noch eins?

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Dienstag, 15. November 2011
La nuit américaine
Die Tagnachtlampe

Korf erfindet eine Tagnachtlampe,
die, sobald sie angedreht,
selbst den hellsten Tag
in Nacht verwandelt.

Als er sie vor des Kongresses Rampe
demonstriert, vermag
niemand, der sein Fach versteht,
zu verkennen, daß es sich hier handelt -

Finster wird's am hellerlichten Tag,
und ein Beifallssturm das Haus durchweht
Und man ruft dem Diener Mampe:
"Licht anzünden!" - daß es sich hier handelt

um das Faktum: daß gedachte Lampe,
in der Tat, wenn angedreht,
selbst den hellsten Tag
in Nacht verwandelt.
(Christian Morgenstern)

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Montag, 14. November 2011
Über e-reader
oder Close Encounters of the Third Kind
Dieser Verführer da hat mich zu Venus oder Merkur oder Neptun oder so ähnlich getrieben. Dafür sei ihm eine zusätzliche Runde im Fegefeuer gegönnt. Aber schließlich will man ja mitreden können und nicht nur so irgendwie dagegen oder dafür sein in den Schlachten um die Deutungshoheit über die Wunder der Mechanisierung oder Digitalisierung. (Da linke ich besser nirgendwo hin, womöglich kriegt man den morbus seemannn von.)

Wo waren wir? Ach ja richtig. Ich ging also zu einem dieser Händler, die von Waschmaschinen über Taschentelefone bis hin zu Klapprechnern so alles anbieten, was elektrisch funktioniert. Ich dachte mir, dass die eben eine breitere Palette an Geräten anbieten und das ich dann so ein bischen vergleichen könnte. Dachte ich mir und dachte falsch. Irgendwie ist der Kapitalismus auch nicht mehr das, was er einmal war.

Es waren drei Geräte ausgestellt, die laut Preisschild e-reader sein sollten. Das erste war ein Tablett mit kleinem Bildschirm ( „Es bietet zusätzlich die Möglichkeit auch Bilder und Videos anzugucken.“ sagte der Verkäufer), das zweite arbeitete zwar mit e-ink-Technologie, stürzte aber sofort ab, wenn man ein Buch laden wollte ( „Ich weiß auch nicht, warum es nicht funktioniert. Es hat irgendwie eine Macke.“ sagte der Verkäufer und sah mich treuherzig an. Ich sah treuherzig zurück. Er machte keine Anstalten ein funktionierendes Gerät zu holen.), das dritte Gerät funktionierte prima und war mit einem Menu ausgestattet, aber nicht mit e-books. Na ja, könnte man sich ja vorstellen, also wie ein e-reader so mit e-books funktionieren würde, wenn es welche im Speicher gäbe (ich habe den Verkäufer zu diesem Gerät nichts weiter gefragt und so hat er auch nichts weiter dazu gesagt). Ich habe dann den Verkäufer nach dem Kindle oder Kaindel oder wie man das ausspricht fragen wollen. Er sah mich an, als hätte ich ihm in den Schritt gefasst.
„Wir sind hier bei S. und nicht bei A.“ „Nun gut“, sagte ich, „so genau habe ich mich nicht damit beschäftigt. Ich habe halt einen Erfahrungsbericht im Netz gelesen (hier und hier) und da wolle ich mir mal einige Geräte ansehen und vergleichen.“

Er sah mich treuherzig an.

Ich wartete darauf, dass er mir erkläre, dass sie den Kindle nicht führen, weil er exklusiv von einer anderen Firma vertrieben werde, sie aber folgende Geräte im Angebot hätten und dass diese die folgende Vor- und Nachteile hätten. Er sah mich weiterhin treuherzig an und wollte dann von mir wissen, wie viel denn der Kindle so kosten würde? Ich gab ihm nach bestem Wissen Auskunft, nämlich dass ich keine Ahnung hätte und mich für Preise erst interessieren würde, wenn ich herausgefunden hätte, ob ich so ein Gerät überhaupt will und welche Vorteile und Nachteile die Geräte der verschiedenen Hersteller denn so hätten.

Er sah mich treuherzig an.

Nun gut, dachte ich so für mich hin, man könnte natürlich jetze einen anderen dieser pickligen Jungs befragen, aber ich habe ja schon öfter mit pickligen Jungs zu tun gehabt, die einem zu verstehen geben, dass man, ohne sich vorher eingehend beispielsweise mit Anschlusskabeln für Digitalfernseher beschäftigt zu haben, so ein Elektrikgeschäft besser nicht betritt. Also besser nicht. Ich sagte also zu ihm:
„Ich habe von einem e-book-reader von der Firma S. gehört, der ganz gut sein soll?“
„Da muss ich mal gucken, ob wir den schon vorrätig haben.“
Sprachs und verschwand an seinen Kombuter, suchte und wurde fündig. Es ist gut, wenn die jungen Leute an ihren Kombutern was finden.
„Soll ich den für Sie aus dem Lager holen?“
„Das wäre sehr nett. Ich würde ihn mir gerne anschauen.“
„Welche Farbe soll es denn sein?“
„Das ist mir zunächst völlig Wurst. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob so ein e-reader überhaupt interessant für mich ist.“
„Sagen Sie das nicht.“
sagte er und wollte zu einer längeren Rede über Gerätefarben ansetzen.

Ich sah ihn treuherzig an.

„Soll ich einen schwarzen oder einen in Metallic Look holen?“
„Das ist mir egal, wie gesagt, ich will zunächst ...“
„Aber Sie müssen doch wissen, was Sie wollen?“
„Nehmen Sie einfach den, der als erstes auf dem Stapel liegt.“

Grummelnd zog er ab und kam nach einer Minute mit einem roten Gerät zurück. Mir war es recht.
„Soll ich es auspacken?“
„Das wäre sehr freundlich.“

Grummelnd öffnete er den Karton.
„Der S. ist noch nicht ausgestellt. Er wurde erst heute morgen geliefert.“ Ich nickte, er packte aus und drückte mir den Reader in die Hand.
„Nächste Woche ist er wahrscheinlich schon ausverkauft.“ sagte er. Ich sagte nichts, nickte freundlich und schaltete den Reader ein.
Menu okay, schlicht und selbsterklärend. Display okay, klar und scharf. Schriftbild okay, auch für längeres Lesen geeignet. Ich lud eines der drei installierten e-books. Darstellung okay, etwa eine Taschenbuchseite groß. Der geladene Roman war ein Krimi aus skandinavischer Standardproduktion. 250 Seiten. Ich blätterte durch den Roman, mal hier mal da einige Sätze lesend. Okay, angenehm. Um was geht es eigentlich in dem Roman? Zurückblättern, die Taste für das Menu findend, dann auch die Taste zum Anfang des e-books. Kein Inhaltsverzeichnis. Na okay, nicht jeder Roman hat eine Kapiteleinteilung. Ein anderes e-book geladen, kein Roman, irgend ein amerikanischer Standardschund über Männer und Frauen, die irgendwie so oder anders seien, diesmal mit Inhaltsverzeichnis. Der Verkäufer guckt in der Zwischenzeit treuherzig und wartet zunehmend genervt. Wahrscheinlich fragt er sich, ob ich kaufen werde oder nicht, ob sich ein Gespräch mit mir lohnt oder nicht. Sein Gesichtsausdruck sagt: Hoffentlich komme ich hier bald weg: Der Typ ist ja ätzend.
Um sich die Zeit zu vertreiben, erzählt er mir etwas über die Verkaufszahlen des Vorgängermodells. Sie seien sehr gut gewesen. Diese Information hatte ich noch nicht und nicke ihm zu.

Also: Haptik scheiße. Ein dünnes Plastiktäfelchen, das einen zwingt dieses halbe Taschenbuch zwischen Daumen und Zeigefinger krampfend fest zu klemmen. Vor und zurück zu blättern, wenn es nur um eine oder zwei Seiten geht: okay. Zum Anfang finden: okay, wenn das Inhaltsverzeichnis mehrere Seiten umfasst ist es nicht so intuitiv wie bei einem gedruckten Buch die gewünschte Stelle zu finden, um sich einen Überblick über das Buch und seinen Inhalt zu verschaffen oder wieder ins Gedächtnis zu rufen, aber auch kein Drama. Was ich schon ahnte: E-Books zwingen zum sequenziellen Lesen, daher sind sie für komplexe Romane, die nicht linear erzählen und/oder ein umfangreicheres Figurenensemble haben, nicht geeignet. Komplexe wissenschaftliche Texte sind aufgrund des behinderten Überblicks über Argumentationsstrukturen wohl auf dem e-reader nicht sinnvoll zu lesen bzw. behindern das Verständnis.

Vorteil: ganz klar, man kann auf dem Teil mehrere hundert Texte mit sich schleppen. In Texten herumstöbern: leichter, angenehmer, schneller als im Netz oder Bücherschrank. Suchen nach Textstellen: solange man einen charaketeristischen Begriff parat hat, genau so unproblematisch wie im Netz, in dieser Hinsicht dem Bücherschrank oder einer Bibliothek weit überlegen. Die Suche nach Textstellen, die einem nur so ungefähr in Erinnerung sind, also der Art: In Wielands Abderiten gab es doch diese Rede von ‚wie hieß der noch mal’ über Demokrit. Von diesem griechischen Arzt vor der Ratsversammlung. Das war im dritten oder vierten Buch oder doch früher? Na, es fing auf jeden Fall unten rechts an und war in viele, relativ kleine Absätze geteilt, mit vielen K’s in Fraktur. Die Suche nach so erinnerten Textstellen ist auf dem Reader genaus so schwer wie im Netz. Wenn man den Titel des Textes nicht mehr weiß, also nur: ein modernerer Autor, aus einem Kleinverlag, den hab ich doch damals in den wilden 70ern, grüner Einband mit einem Aufkleber, dann kann man suchen und blättern wie man will. Weder im Netz noch in einer digitalen Bibliothek wird man da etwas finden. Aber okay, man kann nicht alles haben.

Wörterbücher kann man laden, wohl auch Übersetzungsprogramme, die ich nicht brauche und die nicht sinnvoll sind. WLAN-Anschluss vorhanden, für schnelles Nachladen zusätzlicher Bücher okay, Internetrecherche nicht möglich. Okay, man kann nicht alles haben. USB-Schnittstelle vorhanden.

Die Funktion zur Texteingabe habe ich nicht sofort gefunden und musste mich von Pickelgesicht daher darüber belehren lassen. Die eingeblendete Tastatur ist für einzelne Wörter, bestenfalls für Halbsätze tragbar, angenehm ist was anderes. Die Funktion zur Textmarkierung um Zitate zu kennzeichnen fand ich auch nicht. Pickelman fuhrwerkte mit einem und dann mit zwei Fingern so lange herum, bis er es geschafft hatte. Oh je, oh je, soll ich unter die Wischer und Grabbler gehen? Ich bekomme ja schon Anfälle, wenn ich die Schnösel digital natives in der Bahn hingebungsvoll ihre Ipfphones traktieren sehe. Da ist dann mein Distinktionsbedürfnis doch geweckt.

Ein zufällig vorbei kommender Kunde sagte mir dann, dass zum Lieferumfang auch ein Stift gehöre, der das Markieren und die Eingabe von Anmerkungen deutlich angenehmer mache. Leider hat das Gerät keine Führung, um den Stift direkt am Gerät zu verstauen. Ich habe natürlich sofort danach gesucht. Na okay, dann sucht man das Teil halt irgendwo auf dem Küchentisch. Irgendwo ist sind sie immer. Der Pickel nickte dazu und wollte sich dem neuen Kunden zuwenden, wenn ich nicht noch Fragen hätte. Hätte ich noch Fragen haben sollen? Jedenfalls erzählte mir der Kunde, dass er sich noch eine Hülle dazu gekauft hätte. Mit der Hülle sei das Gerät sehr viel angenehmer zu halten, erst dadurch sei ein Lesegenuss überhaupt möglich, weil man nur so das Ding vernünftig in der Hand halten könne. Er wäre nach anfänglicher Ablehnung inzwischen begeistert. Keine zehn Bücher mehr im Gepäck, Lesen am Strand auch bei Sonnenlicht völlig unproblematisch, eine rundum angenehme Sache. Und das Display des S., auch schon bei seinem Vorgänger, den er in Gebrauch habe, sei einfach das Beste, was es derzeit auf dem Markt gäbe. Der S. sei zwar etwa teuerer, die Qualität aber überzeugend. An dieser Stelle hatte ich den Eindruck, dass er ein Verkäufer der gleichen Firma ist, der nur an diesem Abend keinen Dienst hatte. Ohne-Pickel-Mann beriet mich dann noch geduldig, ohne den Pickelbuben mit seinen Wünschen weiter zu behelligen. Dieser war dankbar dafür und ich dachte, dass es nun aber genug sei und verließ das Geschäft.

„Sie können ja noch mal eine Nacht drüber schlafen!“ rief mir Prickelpit noch hinterher.
Das habe ich dann getan: „Bin ich für, muss aber nich sein!“

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Freitag, 11. November 2011
Fundstücke 43. bis 45.KW
Hintergründe und Sichtweisen:
  • Thomas Rothschild: Die Filme der Stuttgarter Schule
  • Gáspár Miklos Tamás über Ungarn und den Westen (ziemlich schräge)
  • Franz Walter über die Mythenbildung um Altkanzler Helmut Schmidt
  • Modernes Geld verstehen
  • Schulden, Defizite und Moderne Geldtheorie (leider versteh ich nur die Hälfte)
  • „Metaphern sind gefährlich“
  • Die Rolle der Kultur bei der frühen Ausbreitung der Menschen


  • kluges und interessantes:
  • Die Mär vom deutschen Steuerdschungel
  • Mehr als nur Interessant: Das lange Leben des Neoliberalismus
  • Arno Lustiger: Rettungswiderstand. Über die Judenretter in Europa während der NS-Zeit
  • Ai Weiwei und die deutsche Presse


  • Friedrich Christian Delius im Gespräch mit Liane von Billerbeck


  • Neue Wörter:
  • "Tzampa Manges" (kostenlose Aufschneider) aus Griechenland
  • „Die Kraft der zwei Kerzen“ (Trabbi)
  • brain freeze ist im amerikanischen Englisch eine gebräuchliche Wendung. Mögliche deutsche Übersetzungen: Kältekopfschmerz, Hirnfrost, Kopfvereisung
  • Deppostroph
  • Body-Shop für Arbeitsagentur
  • Femi-Nerds (falls Sie eine Suchmaschine bemühen: der zugehörige Artikel lohnt nicht die Lektüre
  • “irgendwie gefühlt links und fortschrittlich-dünkend“


  • amüsantes:
  • „Harte Wende ist jetzt Pflicht, Kurve kriegen reicht uns nicht.“ Was von den Schlüsselwörtern der Wendezeit so geblieben ist
  • Wie die Spielwarenindustrie Halloween erfand
  • Häufige Fragen über Dihydrogenmonoxid (DHMO)
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    Donnerstag, 10. November 2011
    Schlechte Morde 3: Politschranze: Zack!
    und schon wieder ein Kurzroman
    Ganz schlecht, weil: Bodyguards. Riesige Kerle, wilder Blick. Also: rein, Knarre raus, aber dann Bodyguard Zack! auf Fresse, blutige Nase, unglaubliches Geschrei, und Politschranze lebendig. Schlecht. Gericht, Urteil und zehn Jahre Gefängnis wegen nicht geglückt. Tja.
    Gut: steile Presse! Wahnsinniger versucht während Benefizveranstaltung ... oder so. Oder Irgendwasmacher versuchte gestern unseren verehrten Herrn Minister.. oder Attentat von Triebtäter missglückt. Ach ne Triebtäter eher nich oder doch? Kann man ja nicht wissen, das mit den Trieben. Der eine hat solche, der andere wieder andere. Manche machen an Türkenbude oder Frau aufs Auge, dann Scheidung oder so wegen Triebe. Man weiß es nicht. Aber so Politschranze, geht nicht, alles voller Bodyguards. Tja. Ganz schlecht - außer bei Sportlern oder so, aber andere Zielgruppe, also schlecht Zack!, nächster Plan!

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    Mittwoch, 9. November 2011
    Schnipsel
    • Natürlich ist niemand Nazi außer denen, die sich so nennen, und unsere Eltern oder Großeltern waren auch alle keine.
    • Brauchen wir eine große Erzählung für Europa? Die Rechtspopulisten, die neuen Barbaren, berufen sich auf Werte der Aufklärung und beschwören die gemeinsame europäische Geschichte. Genügt die Kritik daran oder müsste man nicht eine große Erzählung von Demokratie, Gleichheit und Emanzipation dagegensetzen? Wie könnte die aussehen ohne gleich wieder vereinnahmt und umgebogen zu werden?
    • Je länger ich mich mit der Aufklärung beschäftige, je mehr komme ich zu der Einschätzung, dass die ‚Kritik’ an ihr eine Zurichtung (insbesondere des 19. Jahrhunderts) ist, um sie zu entschärfen. Ein ganz ähnlicher und möglicherweise damit zusammenhängender Unfug ist die Berufung des Liberalismus auf die Aufklärung.
    • Das Feuilleton ist so eine Art kulturverarbeitendes Gewerbe.
    • Die Kritik von Rösler an Westerwelles Enthaltung im Libyenkrieg war berechtigt. Schließlich bestand die Gefahr, dass die deutsche Wirtschaft beim Verteilen der Beute zu kurz kommt.

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    Dienstag, 8. November 2011
    Lob der Frauen 7
    "Besonders lernt die Weiber führen
    Es ist ihr ewig Weh und Ach
    So tausendfach
    Aus einem Punkte zu kurieren,
    Und wenn Ihr halbweg ehrbar tut,
    Dann habt Ihr sie all unterm Hut."

    (Goethe: Faust)

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    Montag, 7. November 2011
    Mon oncle,
    der – wie er immer zu uns sagte – a Tschech war, kam mit der neuen Zeit nicht zurecht. Mit neuer Zeit meinte er die 60er Jahre in der Bundesrepublik. 1973 ist er dann mit 81 oder 82 Jahren gestorben, wenn ich mich recht erinnere. Er hieß Adolf (für den unaufmerksamen Leser: nein, seine Eltern haben ihn nicht nach dem Österreichischen Anstreicher benannt. Als er geboren wurde war der Adolfnazi noch kein berühmter Mensch.) Geboren in Kakanien, aus einer kaisertreuen Familie stammend, war ihm diese Streiterei der Parteien und insbesondere diese Studentenbewegung fremd. Er hatte in zwei Weltkriegen gekämpft oder eigentlich nicht gekämpft, denn er war ein sehr sanfter Mensch, der eigentlich nur mit Leuten reden, der Geschichten erzählen und von anderen Geschichten hören wollte. Er hatte eine Reihe unterschiedlicher Regierungen mit unterschiedlichen Ideologien und unterschiedlichen Zielen kennen gelernt und eine war ihm so Wurst wie die andere. Er gehörte im Laufe seines Lebens verschiedenen Nationen an und hatte gelernt, dass es unklug war, sich in dieser Frage dauerhaft festzulegen. Er tat still und ohne Diskussionen das, von dem er annahm, dass es von ihm erwartet wurde. Er ging wählen, weil das alle taten. Zu anderen Zeit ging er halt nicht wählen. Es war ihm egal.

    Er arbeitete nur genau so viel, dass er nicht auffiel. Wenn dieses Maß erreicht war, unterhielt er sich mit seinen Kollegen und wenn ein Vorgesetzter meinte, nun sei es aber gut, arbeitete er weiter, um dann eine Stunde später wieder mit jemanden ein Gespräch zu beginnen.

    In den beiden Weltkriegen war er – zumindest erzählte er so davon – intensiv damit beschäftigt, nichts zu tun. Nach seinen Erzählungen schien er es geschafft zu haben, immer weit ab von Kampfhandlungen in den jeweiligen Etappen, Urlaubsscheine auszustellen, Kleidung zu verwahren oder irgendetwas zu bewachen. Er konnte kenntnisreich über die Verpflegung der verschiedenen Armeen erzählen. Am Besten sei sie in der tschechoslowakische Armee gewesen. Uns Kinder interessierte das nicht. Er sprach nie darüber wie er zu seiner labilen Gesundheit gekommen war. Vielleicht hatte es mit dem Heraushalten doch nicht immer perfekt geklappt?

    Als Kind mochte ich ihn nicht, weil er schrecklich nach billigen Zigarren roch. Das Zeug hieß 10er-Stumpen, weil das Stück einen Groschen kostete.

    Meine Tante hatte er 1943 (?) in Prag kennen gelernt. Wie meine Tante nach Prag kam und wieso Onkel Adolf zum Volksdeutschenwurde, so dass sie problemlos heiraten konnten, weiß ich nicht. In dieser Region mendelte sich über die Jahrhunderte ja so einiges zueinander. Er sprach deutsch mit starkem Akzent. ( „Ols dann die Deitschen noch Prag kommen, bin ich ja auch a Deitscher worn. War gar nicht schlecht, mecht ma sprechen. Net so scheen wie jetzt hier, aber ganz gut.“ )
    Er hatte sich sein ganzes Leben den jeweiligen Umständen angepasst und er hatte das Pech immer in einem einigermaßen passenden Lebensalter zu sein und so für die Armeen der jeweiligen Zeiten zumindest so weit passend zu sein, dass er mitmachen musste.

    An Onkel Adolf musste ich denken als Samstagnachmittag die Dokumentation über Siegfried Müller auf Arte wiederholt wurde. Unterschiedlicher können zwei Menschen, die in der gleichen Zeit gelebt haben und die die meiste Zeit ihres Lebens Soldaten waren, nicht sein. Wenn Sie sich die Dokumentation über Siegfried Müller antun wollen, können Sie das auf auf der Tube tun. Man braucht dafür allerdings einen starken Magen.

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    Freitag, 4. November 2011
    Schlechte Morde 2: Hund auf Damm kicken
    auch irgendwie ein Kurzroman
    Ganz schlecht, weil Stadt voller Hundehalter. Flippen aus, wenn böse zu Kackmaschine, also: rumbrüllen und Polizei rufen und auf Fahrbahn rennen und sich überfahren lassen. Hä? Wenn Hundehalter überfahren, schlecht? Vielleicht noch zweite Hund hinüber. Warum schlecht? Weil: beispielsweise klappt nicht immer. Nur Hund tot oder nur Herrchen tot. Dann Lärm, Polizei, Auflauf, Erklärungsnot. Ganz schlecht, wirklich ganz schlecht. Also: Stadt weiter zukacken lassen! Zack!

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    Donnerstag, 3. November 2011
    Schnipsel
    • Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man den Kirchen unter keinen Umständen Kinder, Kranke oder Seniorinnen und Senioren ausliefern darf.
    • Und im Übrigen fällt mir gerade auf, dass ‚im Übrigen‘ nicht nur eine meiner Standardfloskeln ist, sonder auch, dass mich ‚im Übrigen‘ weit fremder ansieht als es ‚im übrigen‘ je getan hat.
    • Gibt es einen Roman, der sich einfach treiben lässt, also auf eine einigermaßen konsistente Handlung verzichtet? (Brechts Bargan-Geschichten?)
    • Zu Darwins Zeiten hatte das Proletariat sehr viel mehr Kinder als Adel und Bürgertum. Die Schlacht der Penisse hat es aber trotzdem nicht gewonnen. (Sarrazin dürfte das Wurst sein)

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    Mittwoch, 2. November 2011
    Tageslosung
    „Ein deutscher Journalist braucht nicht bestochen, er braucht nur eingeladen zu werden.“
    (Kurt Tucholsky)

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    Dienstag, 1. November 2011
    The TV-Immigrant
    Als Kind saß ich jeden Samstagnachmittag gebannt vor dem Radio. Einen Fernseher hatten wir damals noch nicht. Meine Brüder gingen an diesen Nachmittagen ins Kino, um die neuesten Fuzzyfilme zu sehen. Fuzzy mit dem doofen Hut war der Westernheld der 50er Jahre. Sein dollster Trick beim Besiegen von allerlei Bösewichtern war, völlig unsichtbar hinter einem Haus, Pferd, … zu stehen, seinen Colt am Lauf zu fassen und dann die ahnungslosen Schurken mit den schwarzen Hütten auf den Kopf zu hauen. So wurden sie niedergestreckt und die Guten konnten siegen. Ich war für derlei Gewaltexzesse nach Ansicht meiner Eltern zu klein und durfte trotz Protest und Gemaule meinerseits nicht mit ins Kino. Als Ersatz wurde das Radio eingeschaltet, das an den Samstagnachmittagen das Kinderprogramm ausstrahlte. Das Kinderprogramm ging über drei Stunden. Der größte Block darin, meist eine Stunde lang, war ein Hörspiel. Sehr selten war die Geschichte für eine Stunde zu lang. Dann wurde sie auf mehrere Sendungen verteilt, wobei jeweils zu Beginn der Abschnitt: Was bisher geschah? Gesendet wurde. So konnte man wieder leicht in die Handlung hineinkommen und auch wenn man eine Folge verpasst hatte, ließ es sich dadurch mit Genuss hören. Wahrscheinlich würden Hörspiele von einer Stunde Länge oder gar Fortsetzungshörspiele heute von keinem Redakteur mehr gebilligt. Wenn Erwachsenen schon keine Aufmerksamkeitsspanne von mehr als 2 Minuten zugebilligt wird, würden Kindern heutzutage wohl noch weniger zugetraut.

    Ich jedenfalls konnte die vollen drei Stunden gebannt lauschen, gelegentlich aus der Handlung hinausträumen und selbst als Held den Geschichten eine andere Wendung geben. Wenn ich mir alles ausreichend vorgestellt hatte, fädelte ich mich wieder in die Handlung des Hörspiels ein und lauschte einfach weiter. So ging das oft zwei bis drei Mal während der Stunde. Den Faden aufnehmen, weiterspinnen, zurückkehren in die Vorgabe und bei interessierender Gelegenheit wieder seine eigene Geschichte aus dem Gehörten machen.

    Ich liebte diese Hörspiele.

    Einige Jahre später stand dann auch bei uns ein Fernseher und allem Neuen, allem Fortgeschrittenen neugierig zugetan, glotzten wir TV, dass es eine wahre Freude war. Später kam dann noch bunt hinzu. Ich habe allerdings Jahre gebraucht, um die Flimmerkiste wenigstens in Ansätzen so zu gebrauchen wie das Radio. Nur bei besonders langweiligen Sendungen, wenn ich mit einer mittelschweren Erkältung im Bett liege gelingt mir das. Die Kombination von Bild und Ton nimmt anscheinend so viel Aufmerksamkeit in Anspruch, dass man sich nicht hinaus treiben lassen kann.

    So richtig warm bin ich mit der Glotze nie geworden.

    In der Regel benutze ich sie, wenn ich einen bestimmten Film sehen möchte, also wie ein Kinobesucher oder zur Aufnahme von Informationen, die dann allerdings sehr viel seltener ihren Eingang in das Langzeitgedächtnis finden als bei einem Buch. Zum Dritten ist die Glotze unübertroffen, um nach des Tages Mühsal abzuschalten (Kauende Elefanten). Da kann dieses Internet, von dem man in letzter Zeit so viel hört, einfach nicht mithalten.

    Ideal hingegen sind Blogs und manche Online-Zeitschriften zum prokrastinieren oder grosse Textmengen nach Stichworten zu durchsuchen. Nichts schöner als durch die Weltgeschichte zu surfen, mal hier mal da zu lesen, einen Gedanken aufzuschnappen, dazu etwas notieren oder eine Information aufzunehmen und irgendwo abzulegen und nie wieder zu finden. Verblüffenderweise ist es relativ aufwändig, nervtötend und zeitraubend umfangreichere Sachinformationen aufzuspüren. Ich habe beispielsweise versucht einen Überblick über afrikanische Literatur zu gewinnen (Wenn man keine Ahnung hat, kann man sich ja mal damit beschäftigen. Dachte ich.). Entsprechende Suchanfragen im Netz führten zu einer Fülle von Meinungen zu Einzelaspekten, nicht jedoch zur gewünschten Zusammenstellung. O.k. vielleicht hat das Thema einfach noch niemand bearbeitet und zur Verfügung gestellt? Aber auch einigermaßen seriöse Überblicksdarstellungen zur Aufklärung oder zu liberalen Denktraditionen sind Mangelware. Die Dinge die man zu den Themen findet, sind dann wissenschaftliche Aufsätze von 20 bis 30 oder mehr Seiten Länge. Können Sie einen längeren Aufsatz am Bildschirm lesen? Ich nicht. Ich drucke das Teil dann aus und nehme mir einen Bleistift. Ich bearbeite es also auf sehr traditionelle Weise. Ich bekenne: Ich bin ein Internetausdrucker. Zumindest was längere Texte anbelangt. Aber wie soll man sich zu einem Gegenstand kundig machen, ohne längere Texte zur Kenntnis zu nehmen? Das geht nicht, denke ich. Ich glaube nicht, dass es nur mir so geht, dass ich die Struktur, den logischen Aufbau, einschließlich eventueller Schwächen daselbst, eines längeren Textes am Bildschirm nur unvollständig erfassen und bewerten kann. Zumindest ist es sehr mühsam, zeitaufwändig und fehleranfällig. Und nein, Gogglebooks ist keine Alternative zu einer einigermaßen gepflegten Fachbibliothek.
    Wer Medien nicht in der Weise nützt, die ihnen adäquat sind, die Stärken und Schwächen nicht reflektiert, ist ein Spacko, Schwachmat, ein Laberkopf.

    Warum ich das erzähle?
    Weil ich mich gelegentlich wundere mit welcher depperten Arroganz ausgerechnet die Leute, deren Fähigkeit Texte von mehr als zehn Zeilen zu erfassen, höchst beschränkt ist, sich durch die Gegend faseln. Und weil ich mich frage, ob es am Medium oder an dem Herumhektiken (Ist ja alles so schön bunt hier!) mancher Leute liegt, dass sie längere Texte nicht lesen oder nicht verstehen wollen.

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    Montag, 31. Oktober 2011
    Occupy the Seitenstreifen
    Nach kleinen Anfängen



    wächst die Bewegung



    sie wächst



    und wächst,

    irgendwann wird sie keiner mehr stoppen!

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