Der Raum misst wohl hundert Quadratmeter. Links, drei Meter vor den Fenstern zur Straße ein langer Tresen. Der Wirt, ein älterer Türke, hantiert am Hühnergrill, schmeißt die Pommes mit Schwung in die Fritteuse, dreht sich um und lächelt mich einladend an.
„Ein Bier bitte!“
Er nickt, holt seine Pommes aus dem Öl. Abschütteln, den Dönerspieß korrigieren, Salat auf einen Teller, das halbe Hähnchen dazu. Er bringt den Teller zu einer Gruppe junger Leute in der Ecke.
„Döner und Bratwurst kommen gleich.“ Er geht zurück hinter den Tresen, zu seiner Küche.
Die vier am Tisch, zwei Dünne, ein Dicker und ein Vieh, haarlose Schädel über dumpfen Gesichtern, Bomberjacken, Millitärstiefelimitate. Ich sollte mir die Gäste genauer ansehen, wenn ich eine Kneipe betrete.
Ich trinke einen Schluck.
Die Kneipentür quietscht. Ein weiterer Gast kommt herein und setzt sich neben mich an den Tresen.
„’n Abend!“ Ich blicke zu ihm hoch. Meine Fresse: Der Kerl ist sicher 1,95 groß und fast ebenso breit, seine Oberarme haben etwa meinen Brustumfang und wölben sich unter dem T-Shirt, Hände wie Baggerschaufeln. Ein ungemein freundliches Gesicht lächelt mich an.
„’n Abend!“ Er setzt sich, bestellt sein Bier, wir kommen ins plaudern.
Er ist Pfleger an der Klinik für Nutztiere, erzählt mir von Kühen, Schafen und Giraffen. Giraffen? Na klar, die vom Zoo kämen auch vorbei. Schließlich hätte die Klinik einen guten Ruf und in der ganzen Stadt den einzigen Computertomografen, der auch für Kamele oder Giraffen geeignet wäre.
Die Kneipentür quietscht erneut, ein weiterer Gast. Wir drehen uns um. Eine Punkerin und so ziemlich das Gegenteil meiner Tresenbekanntschaft. Ein schmächtiges Persönchen mit einem Kindergesicht, das auf ‚hart’ getrimmt ist.
“Ein Döner mit Reis bitte!“ ruft sie schon an der Tür. Unser Wirt nickt.
„Zum mitnehmen oder hier essen?“
„Auf’m Teller bitte!“ Der Wirt holt einen Teller unter dem Tresen hervor, Besteck, legt alles bereit. Die junge Frau setzt sich, sieht nur kurz die vier vom Nebentisch an, nestelt an ihrer Schraube im Ohr herum.
Wir trinken einen Schluck und der Pfleger erzählt von einem Elefanten, den er zum Röntgen begleitet hat. Schwierig sei es Elefanten zu röntgen, sehr sensibel die Tiere, sie fassen nicht so leicht Vertrauen, man muss sie beruhigen, sie sanft dahin bugsieren, wo man sie haben will. Die Kollegen vom Zoo seien nett und kein Stück überheblich. Kein Stück!
„Warum lässtdu dirnichtne Ratte braten?“ nölt es aus der Ecke. Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. Ich wollte doch nur ein Bier trinken.
Hinter uns beginnt ein Wortwechsel, unser Wirt sieht sich nervös um, wärmt den Reis in der Mikrowelle auf. Der Streit wird lauter. Mein Gesprächspartner steht auf und geht zu den vieren, ich folge mit ungutem Gefühl.
„Das ist nicht gut, das was ihr da macht.“ Er sieht sie freundlich an.
„Ich mein, lasst doch das Mädel in Ruhe!“ Er breitet die Arme aus.
„Sie will doch nur 'was essen.“ Die vier sehen ihn, nicken und wenden sich wieder ihren Bieren zu. Wir gehen zurück an den Tresen.
„Das mit dem verbieten, das bringt nix, da wer’n die jungen Leute nur bockicht. Man muss mit ihnen reden, dann klappt’s!“
Permalink (16 Kommentare) Kommentieren
... 1305 x aufgerufen
amüsantes:
Permalink (0 Kommentare) Kommentieren
... 817 x aufgerufen
Aufenthalt im Haven O-Aitepieha auf der kleinen Halb-Insel O-Tahiti – Ankern in Matavai-Bay)
“Die Leute, welche uns umgaben, hatten so viel Sanftes in ihren Zügen, als Gefälliges in ihrem Betragen. Sie waren ohngefähr von unsrer Größe, blaß mahagony-braun, hatten schöne schwarze Augen und Haare, und trugen ein Stück Zeug von ihrer eignen Arbeit mitten um den Leib, ein andres aber in mancherley mahlerischen Formen, als einen Turban um den Kopf gewickelt. Die Frauenspersonen, welche sich unter ihnen befanden, waren hübsch genug, um Europäern in die Augen zu fallen, die seit Jahr und Tag nichts von ihren Landsmänninnen gesehen hatten. Die Kleidung derselben bestand in einem Stück Zeug, welches in der Mitte ein Loch hatte um den Kopf durchzustecken und hinten und vornen bis auf die Knie herabhieng. Hierüber trugen sie ein anderes Stück von Zeugs, das so fein als Nesseltuch und auf manigfaltige, jedoch zierliche Weise, etwas unterhalb der Brust als eine TUNICA um den Leib geschlagen war, so daß ein Theil davon, zuweilen mit vieler Grazie, über die Schultern hieng. War diese Tracht gleich nicht vollkommen so schön als jene an den griechischen Statüen bewunderten Draperien, so übertraf sie doch unsre Erwartungen gar sehr und dünkte uns der menschlichen Bildung ungleich vortheilhafter als jede andre, die wir bis jetzt gesehen.Wenn man diese Schilderung mit den Ausführungen zu den Maori vergleicht, wird der fundamentale Unterschied in der Betrachtungsweise deutlich.Beyde Geschlechter waren durch die von andern Reisenden bereits beschriebenen, sonderbaren, schwarzen Flecke gezieret oder vielmehr verstellt, die aus dem Punctieren der Haut und durch nachheriges Einreiben einer schwarzen Farbe in die Stiche entstehen. Bey den gemeinen Leuten, die mehrentheils nackt giengen, waren dergleichen, vornemlich auf den Lenden zu sehen, ein augenscheinlicher Beweis, wie verschieden die Menschen, in Ansehung des äußerlichen Schmucks denken und wie einmüthig sie gleichwohl alle drauf gefallen sind, ihre persönlichen Vollkommenheiten auf eine oder die andre Weise zu erhöhen. Es dauerte nicht lange, so kamen verschiedne dieser guten Leute an Bord. Das ungewöhnlich sanfte Wesen, welches ein Hauptzug ihres National-Charakters ist, leuchtete sogleich aus allen ihren Gebehrden und Handlungen hervor, und gab einem jeden, der das menschliche Herz studierte, zu Betrachtungen Anlaß. Die äußern Merkmale, durch welche sie uns ihre Zuneigung zu erkennen geben wollten, waren von verschiedener Art; einige ergriffen unsre Hände, andre lehnten sich auf unsre Schultern, noch andre umarmten uns. Zu gleicher Zeit bewunderten sie die Farbe unsrer Haut und schoben uns zuweilen die Kleider von der Brust, als ob sie sich erst überzeugen wollten, daß wir eben so beschaffen wären als sie.“
(Forster S. 243/4)
Permalink (0 Kommentare) Kommentieren
... 753 x aufgerufen
Gruselig.
_______________________
Der Titel bezieht sich übrigens auf eine Begegnung mit Schülerinnen aus der französischen Provinz, die mit ihrem grau- und langhaarigen Lehrer auf Klassenfahrt in Berlin waren und den Bus bekreischten. Die Gören fachsimpelten lautstark in einem Dialekt, der so klang, als hätten sie ein Stück Holz im Mund, irgendwo Richtung Belgische Grenze vermute ich mal, über irgendetwas, verstehen konnte ich so gut wie nichts. Aus dem Klangteppich ploppte immer mal wieder das Wort ‚Schlampenstempel’ heraus. Vielleicht hatten sie es im Flieger oder im Zug aufgeschnappt?
Permalink (0 Kommentare) Kommentieren
... 1249 x aufgerufen
(Reise von Neu-Seeland nach O-Tahiti)
“Am folgenden Morgen, vor Tages Anbruch, erschreckte uns das unerwartete Geräusch von Wellen die sich, kaum eine halbe Meile weit vor uns, schäumend in die See brachen. Wir änderten sogleich unsern Lauf, gaben der ADVENTURE durch Signale Nachricht von der Gefahr und steuerten hierauf rechts, längs dem RYF1 hin. So bald es hell ward, entdeckten wir an der Stelle, wo sich die Wellen brachen, eine zirkelrunde Insel, und auf derselben ein großes Baßin oder einen großen Teich von Seewasser. An der Nordseite war die Küste mit Palmen und andern Bäumen besetzt, die in mehreren Gruppen umher standen und ein ganz zierliches Ansehen hatten; den übrigen Theil der Insel machte aber nur eine schmale Reihe von niedrigen Felsen aus, über welche die See in einer gewaltigen Brandung wegschlug. Der Farbe des Wassers nach zu urtheilen, mußte der Salz-See, inwärts nach uns her, seicht, aber gegen die waldige Küste hin tiefer seyn, denn an jenem Ende sahe er weißlicht, an diesem hingegen blau aus.“
1 ”RYF oder RIEF heißet in vielen nördlichen, von der deutschen abstammenden Sprachen, eine Bank oder Strecke von Felsen, oder sonst eine seichte Stelle in der See, die entweder etwas unter Wasser stehet, so daß man noch, wenn gleich nicht mit großen Schiffen, darüber wegfahren kann, oder auch wohl so seicht ist, daß die See darüber wegbricht und Brandungen verursacht.”
(Forster S. 235)
Permalink (1 Kommentar) Kommentieren
... 777 x aufgerufen
Ein Geständnis

Event, event,
ein Lichtlein brennt.
Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier,
dann steht der Heller vor der Tür.
Ich finde auch Sprengungen in Steinbrüchen faszinierend oder wenn eine Mietskaserne aus den 70ern in sich zusammenbricht.
Leider werden oft die falschen Gebäude gesprengt. Verdient hätte es zum Beispiel die rosa Banane.
Permalink (3 Kommentare) Kommentieren
... 663 x aufgerufen
Barbar, Berserker, Bastonade
Brezel, Barbier, Bushaltestelle
Bionade, Bösewicht, Bessarabien
Bionade oder Bastonade, dass ist hier die Frage?
Permalink (2 Kommentare) Kommentieren
... 988 x aufgerufen
(Aufenthalt im Haven O-Aitepieha auf der kleinen Halb-Insel O-Tahiti – Ankern in Matavai-Bay)
“Ein Morgen war’s, schöner hat ihn schwerlich je ein Dichter beschrieben, an welchem wir die Insel O-TAHITI, 2 Meilen vor uns sahen. Der Ostwind, unser bisheriger Begleiter hatte sich gelegt; ein vom Land wehendes Lüftchen führte uns die erfrischendsten und herrlichsten Wohlgerüche entgegen und kräuselte die Fläche der See. Waldgekrönte Berge erhoben ihre stolzen Gipfel in mancherley majestätischen Gestalten und glühten bereits im ersten Morgenstrahl der Sonne. Unterhalb derselben erblickte das Auge Reihen von niedrigern, sanft abhängenden Hügeln, die den Bergen gleich, mit Waldung bedeckt, und mit verschiednem anmuthigen Grün und herbstlichen Braun schattirt waren. Vor diesen her lag die Ebene, von tragbaren Brodfrucht-Bäumen und unzählbaren Palmen beschattet, deren königliche Wipfel weit über jene empor ragten. Noch erschien alles im tiefsten Schlaf; kaum tagte der Morgen und stille Schatten schwebten noch auf der Landschaft dahin. Allmählig aber konnte man unter den Bäumen eine Menge von Häusern und Canots unterscheiden, die auf den sandichten Strand heraufgezogen waren. Eine halbe Meile vom Ufer lief eine Reihe von niedrigen Klippen parallel mit dem Lande hin, und über diese brach sich die See in schäumender Brandung; hinter ihnen aber war das Wasser spiegelglatt und versprach den sichersten Ankerplatz. Nunmehro fing die Sonne an die Ebene zu beleuchten. Die Einwohner erwachten und die Aussicht begonn zu leben.Ob Forster die Meuterei auf der Bounty gesehen hat?
Kaum bemerkte man die großen Schiffe an der Küste, so eilten einige ohnverzüglich nach dem Strande herab, stießen ihre Canots ins Wasser und ruderten auf uns zu. Es dauerte nicht lange, so waren sie durch die Öffnung des Riefs, und eines kam uns so nahe, daß wir es abrufen konnten. Zwey fast ganz nackte Leute, mit einer Art von Turban auf dem Kopfe und mit einer Scherfe um die Hüften, saßen darinn. Sie schwenkten ein großes grünes Blatt in der Luft und kamen mit einem oft wiederholten lauten TAYO! heran, 1 ein Ausruf, den wir ohne Mühe und ohne Wörterbuch als einen Freundschafts-Gruß auslegen konnten. Das Canot ruderte dicht unter das Hintertheil des Schiffs, und wir ließen ihnen sogleich ein Geschenk von Glas-Corallen, Nägeln und Medaillen herab. Sie hinwiederum reichten uns einen grünen Pisang-Schoß zu, der bey ihnen ein Sinnbild des Friedens ist, und baten solchen dergestalt ans Schiff zu befestigen, daß er einem jeden in die Augen fiele. Dem zufolge ward er an die Wand (das Tauwerk) des Hauptmasts fest gemacht; worauf unsre Freunde sogleich nach dem Ufer zurückkehrten. Es währete nicht lange, so sahe man das Ufer mit einer Menge Menschen bedeckt, die nach uns hinguckten, indessen daß andere, voll Zutrauens auf das geschloßne Friedens-Bündniß, ihre Canots ins Wasser stießen und sie mit Landes-Producten beladeten. In weniger als einer Stunde umgaben uns Hunderte von dergleichen Fahrzeugen in deren jedem sich ein, zwey, drey zuweilen auch vier Mann befanden. Ihr Vertrauen zu uns gieng so weit, daß sie sämtlich unbewafnet kamen. Von allen Seiten erschallte das willkommne TAYO! und wir erwiederten es mit wahrhaftem und herzlichen Vergnügen über eine so günstige Veränderung unsrer Umstände. Sie brachten uns Coco-Nüsse und Pisangs in Überfluß, nebst Brodfrucht und andern Gewächsen, welche sie sehr eifrig gegen Glas-Corallen und kleine Nägel tauschten. Stücken Zeug, Fisch-Angeln, steinerne Äxte, und allerhand Arten von Werkzeugen wurden gleichfalls zum Verkauf angebothen und leicht angebracht. Die Menge von Canots, welche zwischen uns und der Küste ab- und zu giengen, stellte ein schönes Schauspiel, gewissermaßen eine neue Art von Messe auf dem Wasser dar.“
1 Bougainvilles Reisen.
(Forster S. 241/2)
Aber was ein locus amoenus ist, dürfte ihm bekannt gewesen sein.
Hier sehen wir wohl die Geburt eines modernen Mythos.
Permalink (4 Kommentare) Kommentieren
... 791 x aufgerufen
Permalink (0 Kommentare) Kommentieren
... 750 x aufgerufen
( Reise von Dusky-Bay nach Charlottensund – Wiedervereinigung mit der Adventure – Verrichtungen daselbst)
“Unsre Matrosen hatten seit der Abreise vom Cap mit keinen Frauenspersonen Umgang gehabt; sie waren also sehr eifrig hinter diesen her, und aus der Art wie ihre Anträge aufgenommen wurden, sahe man wohl, daß es hier zu Lande mit der Keuschheit so genau nicht genommen würde, und daß die Eroberungen eben nicht schwer seyn müßten. Doch hiengen die Gunstbezeigungen dieser Schönen nicht blos von ihrer Neigung ab, sondern die Männer mußten, als unumschränkte Herren, zuerst darum befragt werden. War deren Einwilligung durch einen großen Nagel, ein Hemd oder etwas dergleichen erkauft; so hatten die Frauenspersonen Freiheit mit ihren Liebhabern vorzunehmen was sie wollten, und konnten alsdenn zusehen noch ein Geschenk für sich selbst zu erbitten. Ich muß indessen gestehen, daß einige derselben sich nicht anders als mit dem äußersten Wiederwillen zu einem so schändlichen Gewerbe gebrauchen ließen, und die Männer mußten oft ihre ganze Autorität ja sogar Drohungen anwenden, ehe sie zu bewegen waren, sich den Begierden von Kerlen preis zu geben, die ohne Empfindung ihre Thränen sehen und ihr Wehklagen hören konnten. Ob unsre Leute, die zu einem gesitteten Volkgehören wollten und doch so viehisch seyn konnten, oder jene Barbaren, die ihre eigenen Weibsleuthe zu solcher Schande zwungen, den größten Abscheu verdienen? Ist eine Frage, die ich nicht beantworten mag. Da die Neu-Seeländer fanden, daß sie nicht wohlfeiler und leichter zu eisernem Geräthe kommen konnten, als vermittelst dieses niederträchtigen Gewerbes; so liefen sie bald genug im ganzen Schiffe herum und bothen ihre Töchter und Schwestern ohne Unterschied feil. Den VERHEIRATHETEN Weibern aber, verstatteten sie, so viel wir sehen konnten, nie die Erlaubniß, sich auf ähnliche Weise mit unsern Matrosen abzugeben. Ihre Begriffe von weiblicher Keuschheit sind in diesem Betracht so sehr von den unsrigen verschieden, daß ein unverheirathetes Mädchen viele Liebhaber begünstigen kann, ohne dadurch im mindesten an ihrer Ehre zu leiden. So bald sie aber heirathen, wird die unverbrüchlichste Beobachtung der ehelichen Treue von ihnen verlangt. Da sie sich solchergestalt, aus der Enthaltsamkeit unverheiratheter Frauenspersonen nichts machen, so wird man vielleicht denken, daß die Bekanntschaft mit ausschweifenden Europäern den moralischen Character dieses Volkes eben nicht verschlimmert haben könne: Allein wir haben alle Ursach zu vermuthen, daß sich die Neu-Seeländer zu einem dergleichen schändlichen Mädchen-Handel nur seitdem erst erniedrigt hatten, seitdem vermittelst des Eisengeräthes neue Bedürfnisse unter ihnen waren veranlaßt worden. Nun diese einmal statt fanden, nunmehro erst verfielen sie, zu Befriedigung derselben, auf Handlungen an die sie zuvor nie gedacht haben mochten und die nach unsern Begriffen auch nicht einmal mit einem Schatten von Ehre und Empfindsamkeit bestehen können.Selbst die Begründung für Prostitution hat sich bis heute erhalten. Ob in späteren Schriften von Forster Überlegungen zu Herrschaft oder Machtverhältnissen beim Aufeinandertreffen von Gruppen und Gesellschaften eine Rolle spielen?
Es ist Unglücks genug, daß alle unsere Entdeckungen so viel unschuldigen Menschen haben das Leben kosten müssen. So hart das für die kleinen, ungesitteten Völkerschaften seyn mag, welche von Europäern aufgesucht worden sind, so ists doch warlich nur eine Kleinigkeit in Vergleich mit dem unersetzlichen Schaden, den ihnen diese durch den Umsturz ihrer sittlichen Grundsätze zugefügt haben. Wäre dies Übel gewissermaßen dadurch wieder gutgemacht, daß man sie wahrhaft nützliche Dinge gelehrt oder irgend eine unmoralische und verderbliche Gewohnheit unter ihnen ausgerottet hätte; so könnten wir uns wenigstens mit dem Gedanken trösten, daß sie auf einer Seite wieder gewonnen hätten, was sie auf der andern verlohren haben mögten. So aber besorge ich leyder, daß unsre Bekanntschaft den Einwohnern der Süd-See DURCHAUS nachtheilig gewesen ist; und ich bin der Meinung, daß gerade diejenigen Völkerschaften am besten weggekommen sind, die sich immer von uns entfernt gehalten und aus Besorgniß und Mistrauen unserm Seevolk nie erlaubt haben, zu bekannt und zu vertraut mit ihnen zu werden. Hätten sie doch durchgängig und zu jeder Zeit in den Minen und Gesichtszügen derselben den Leichtsinn lesen und sich vor der Liederlichkeit fürchten mögen, welche den See-Leuten und mit Recht zur Last gelegt wird!-„
(Forster S. 206 - 8)
Permalink (2 Kommentare) Kommentieren
... 919 x aufgerufen
Schrumps, die Tür der S-Bahn öffnet sich. Eine Frau, ein Mann, beide Anfang 20. Die Frau erzählt dem jungen Mann etwas.
„Ahnha?“ sagt er. Die Frau redet und redet. Ich kann kein Polnisch, der Tonfall und die Melodie ist einem aber in Berlin im Ohr. Quietsch, Schmatz, die Tür schließt sich. Nächste Stationen: Friedrichstraße, Hackescher Markt, Alexanderplatz lese ich, die Frau redet.
„Ahnha!“ sagt er, die Frau redet. Ich verstehe kein Wort. „Nächster Halt: Friedrichstraße, Ausstieg links.“ „Pah Pah Pah Pah, Pah Pah“, die Frau redet. Tür auf, Menschen strömen herein. Tür zu: Quietsch, Schmatz! Nächste Stationen: Hackescher Markt, Alexanderplatz, Jannowitzbrücke. „Pah Pah Pah Pah, Pah Pah“:
„Ahnha?“ sagt er. Sie redet engagiert, mustert ihn dabei von oben nach unten. „Pah Pah Pah Pah, Pah Pah.“ „Ausstieg links“, höre ich. Quietsch, Schmatz! Der Zug hat sich mit Studenten gefüllt. Die junge Frau redet und redet. Nächste Stationen: Alexanderplatz, Jannowitzbrücke, Ostbahnhof.
„Ahnha!“ Nicht auf die Brüste starren, junger Mann. Das tut man nicht, oder höchstens so, dass es keiner sieht und die Angebetete es bestenfalls erahnen kann. „Pah Pah Pah, Pah Pah...“ Schrumps: die Tür öffnet sich, Studenten raus, Touristen rein. Quietsch, Schmatz! Nächste Stationen: „Pah Pah Pah, Pah Pah!“ Nächster Halt: Jannowitzbrücke. Schrumps, Touristen raus, Malocher rein. Quietsch, Schmatz! „Pah Pah Pah, Pah Pah“:
„Ahnha!“ ‚Das wird nix!’ denke ich, ihr hättet schon längst aussteigen müssen, an die Spree, spazieren gehen oder in einen Biergarten. Sie redet zu viel, lass es. Stell dir doch mal vor: Wenn sie immer so viel redet? Nächste Stationen: Ostbahnhof, Warschauer Straße, Ostkreuz. Sie redet und redet: „Ahnha?“ „Pah Pah, Pah Pah!“
„Ahnha!“ „Pah Pah, Pah Pah!“ Irgendwann höre ich nicht mehr zu, gelegentlich weht ein „Ahnha!“ nach Lüdenscheid in die Reaktionen auf Marcel Hai Precht hinein. „Ausstieg links“, „Pah Pah Pah, Pah Pah.“ Schrumps, Quietsch, Schmatz! Ich muss aussteigen. „Pah Pah Pah, Pah Pah.“ Der junge Mann aus Polen hört immer noch zu und bevor ich meine Fuß auf den Bahnsteig setze, drehe ich mich um, sehe ihm ins Gesicht und beinahe hätte ich gesagt:
„Lass es, das wird nix! Glaub’ mir!“
Permalink (0 Kommentare) Kommentieren
... 1351 x aufgerufen
kluges und interessantes:
amüsantes:
Permalink (0 Kommentare) Kommentieren
... 804 x aufgerufen
( Reise von Dusky-Bay nach Charlottensund – Wiedervereinigung mit der Adventure – Verrichtungen daselbst)
“Dieser letztbenannte war ein Knabe von ohngefähr vierzehn Jahren, der etwas sehr gefälliges an sich hatte, auch der lebhafteste und verständigste von allen zu seyn schien. Wir nahmen ihn mit uns in die Cajütte, und behielten ihn zu Tische, wo er sichs tapfer schmecken ließ. Unter andern verzehrte oder verschlang er vielmehr, mit recht gefräßigem Appetit, ein Stück von einer See-Raben-Pastete, (SHAG-PYE) und wider alle Erwartung war ihm der Teig davon lieber als das Fleisch. Der Capitain schenkte ihm Madeira-Wein ein, wovon er etwas mehr als ein Glas trank, anfänglich aber viel saure und schiefe Gesichter dabey machte. Als hierauf eine Flasche von ganz süßem Cap-Wein auf den Tisch kam, so ward ihm auch davon ein Glas vorgesetzt; dieser schmeckte ihm so gut, daß er die Lippen ohne Aufhören darnach leckte, und bald noch ein zweytes Glas verlangte, welches ihm auch gegeben ward. Numehro fieng er an überaus lebhaft und gesprächig zu werden. Er tanzte in der Cajüte herum, und verfiel mit einem mal darauf des Capitains Boot-Mantel zu haben, der auf einem Stuhle lag. Als er eine abschlägige Antwort hierauf bekam, ward er sehr verdrüßlich. Es währte nicht lange so forderte er einige ledige Bouteille, und da ihm auch diese versagt ward; so lief er im größten Zorn zur Cajütte hinaus. Auf dem Verdeck fand er einige unsrer Bedienten, die Leinenzeug zusammen legten, welches sie getrocknet hatten. Von diesem hatte er in einem Augenblick ein Tischtuch weggehascht; man nahm es ihm aber gleich wieder ab. Nun wußte er sich gar nicht mehr zu bändigen, er stampfte mit den Füßen, drohte, brummte oder grunzte vielmehr etwas zwischen den Zähnen her, und ward zuletzt so tückisch, daß er kein Wort mehr sprechen wollte. Die empfindliche, leicht zu beleidigende Gemüthsart dieses Volkes zeigte sich nirgends deutlicher als in dieses Knaben Betragen; und wir sahen bey dieser Gelegenheit, welch ein Glück es für sie ist, daß sie von berauschenden Getränken nichts wißen, denn dergleichen würde sie ohnfehlbar noch wilder und unbändiger machen.“
(Forster S. 204/5)
Permalink (0 Kommentare) Kommentieren
... 630 x aufgerufen
Permalink (0 Kommentare) Kommentieren
... 665 x aufgerufen