Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

„Ich denke oft an Piroschka“
war ein Film aus den 50er Jahren mit Liselotte Pulver, einen Film den man nicht unbedingt kennen muss. Bei Lichte besehen ist er eine grauenhafte Schmonzette, aber egal. Lilo Pulver drehte in dieser Zeit eine Fülle an schlechten Filmen, so wie andere Schauspieler auch. Es war wohl die Zeit. Richtig schön, erotisch und von überschießender Komik ist hingegen Eins, Zwei, Drei von Billy Wilder, den damals niemand sehen wollte. Eine wunderschöne Szene ist der tabledance mit Lilo Pulver.

Aber eigentlich denke ich nicht oft an Piroschka. Häufiger denke ich an Sonja, die Gepardin aus Howard Hawks Hatari! (1:11), der man zärtlich den Kopf kraulen kann. Sonja habe ich auch eine meiner Lieblingskätzchen getauft, einen Jaguar mit prachtvoller Zeichnung aus dem Tierpark hier in Berlin. Ans Herz gewachsen ist mir diese Sonja als ich mit meiner Liebsten vor dem Käfig stand und eine junge Familie (Vater, Mutter, ein kleiner Sohn) mit ihrem Collie dem Sohn die Welt der Großkatzen erklärte. Während die Drei in die Erklärung vertieft waren, kam Sonja lautlos an das Gitter getrabt und betrachtete den Collie mit einem Gesichtsausdruck, den man wohl mit
Du bist Essen!
übersetzen muss. Der Hund verstand den Blick sehr gut. Er kniff den Schwanz ein, senkte den Blick und fing leise an zu fiepen. Die Familie ging dann schnell weiter.

Jaguar (Panthera onca)
Wenn ich in der Bahn dann einen Trupp Punker mit ihren neurotischen Hunden treffe, die sich eine Beißerei leisten, muss ich immer an Sonja denken und wie schön es wäre, mit Sonja Bahn zu fahren.

Wenn Sonja sich langsam erhebt, gähnt, sich streckt und sanften Schrittes zu den Hunden geht, um ihnen einen ihrer Blicke zuzuwerfen, dann würde ich freundlich gucken und zu den Punkern lächelnd sagen:
Die tut nix, die will bloß spielen!
Oder wenn mir auf dem Weg zum Bahnhof, die Nachbarin begegnet, die mit ihrem Dobermann Gassi geht. Nun ja, eigentlich geht der Dobermann mit ihr Gassi. (Warum sollte er sich auch von einem rangniederen Rudelmitglied etwas sagen lassen?) Ich finde dann Trost in der Vorstellung, neben mir würde Sonja traben und mit neugierigen Augen die Welt betrachten. Der Dobermann würde mich dann wohl nicht beschnüffeln (Dobermannrotz am Hosenschlitz fördert die Unternehmenskommunikation: „Hey, habt ihr schon gesehen? Der G. aus der C.-Abteilung hat Dobermannrotz am Hosenlatz ...“) und ich bräuchte mir keine Gedanken darum machen, dass sich die Leute Hunde anschaffen, die sie nicht im Griff haben. Ich könnte zu der Nachbarin, wenn sich die Panik in ihrem Gesicht breit macht, freundlich lächelnd sagen:
Die tut nix, die will bloß spielen!
Ja, ich denke öfter an Sonja als an Piroschka!

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jean stubenzweig, Montag, 1. Februar 2010, 13:53
Immer wieder
gelingt es Ihnen, mir den Tag zu verschmunzeln. Ich werde meine Mimi bitten, noch ein bißchen zu wachsen, um mit den Besuchskötern von der nachbarlichen Tierheilpraktikerin zu spielen (mit einem Marder hat sie's schon getan).