Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Georg Forster: Reise um die Welt 30
( Reise von Dusky-Bay nach Charlottensund – Wiedervereinigung mit der Adventure – Verrichtungen daselbst)
“Dieser letztbenannte war ein Knabe von ohngefähr vierzehn Jahren, der etwas sehr gefälliges an sich hatte, auch der lebhafteste und verständigste von allen zu seyn schien. Wir nahmen ihn mit uns in die Cajütte, und behielten ihn zu Tische, wo er sichs tapfer schmecken ließ. Unter andern verzehrte oder verschlang er vielmehr, mit recht gefräßigem Appetit, ein Stück von einer See-Raben-Pastete, (SHAG-PYE) und wider alle Erwartung war ihm der Teig davon lieber als das Fleisch. Der Capitain schenkte ihm Madeira-Wein ein, wovon er etwas mehr als ein Glas trank, anfänglich aber viel saure und schiefe Gesichter dabey machte. Als hierauf eine Flasche von ganz süßem Cap-Wein auf den Tisch kam, so ward ihm auch davon ein Glas vorgesetzt; dieser schmeckte ihm so gut, daß er die Lippen ohne Aufhören darnach leckte, und bald noch ein zweytes Glas verlangte, welches ihm auch gegeben ward. Numehro fieng er an überaus lebhaft und gesprächig zu werden. Er tanzte in der Cajüte herum, und verfiel mit einem mal darauf des Capitains Boot-Mantel zu haben, der auf einem Stuhle lag. Als er eine abschlägige Antwort hierauf bekam, ward er sehr verdrüßlich. Es währte nicht lange so forderte er einige ledige Bouteille, und da ihm auch diese versagt ward; so lief er im größten Zorn zur Cajütte hinaus. Auf dem Verdeck fand er einige unsrer Bedienten, die Leinenzeug zusammen legten, welches sie getrocknet hatten. Von diesem hatte er in einem Augenblick ein Tischtuch weggehascht; man nahm es ihm aber gleich wieder ab. Nun wußte er sich gar nicht mehr zu bändigen, er stampfte mit den Füßen, drohte, brummte oder grunzte vielmehr etwas zwischen den Zähnen her, und ward zuletzt so tückisch, daß er kein Wort mehr sprechen wollte. Die empfindliche, leicht zu beleidigende Gemüthsart dieses Volkes zeigte sich nirgends deutlicher als in dieses Knaben Betragen; und wir sahen bey dieser Gelegenheit, welch ein Glück es für sie ist, daß sie von berauschenden Getränken nichts wißen, denn dergleichen würde sie ohnfehlbar noch wilder und unbändiger machen.“
(Forster S. 204/5)

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