Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Freitag, 27. April 2012
Schnipsel
Manchmal lese, sehe oder höre ich irgendwo etwas und es fällt mir dazu etwas mehr oder weniger Komisches oder Kluges ein, das schreibe ich dann auf:
  1. „Männer hatten schon immer Spass am töten. Damit demonstriert man wohl so eine Art Dominanz/Macht?“
    Whow! Solche Sätze möchte ich mal hinschreiben können, ohne mir wie ein Schwachkopf vorzukommen. Und gleich hinterher:
    „Im übrigen leben wir immer noch in einer Männerdominierten Gesellschaft! Für mich als Ostfrau ein totaler Rückschritt. Ich bin um Jahrzehnte zurück geworfen worden.“ Und noch einen:
    „Schon alleine das Christentum, welches nur eine partiarchalische Gesellschaft zulässt, ließ gar keine Gleichberechtigung aufkommen.“
    Tja, am besten ist, man nimmt weder die Frauen und noch die Ossis noch die Atheisten in Haftung für solche Sätze. Das war jetzt nicht provozierend gemeint.
  2. „Ick jehe heute mang die Touristen.“ Vorsicht! Die mit Rucksack hauen einem die Brille von der Nase.
  3. Die in der DDR, die hatten ja nix, noch nicht mal das große I.
  4. Empörung verträgt sich nicht mit kühler und feuchter Witterung (Occupy, Studies, …), wobei Marshall McLuhan ja mal meinte, dass es dort kühl sei, wo das Leben heiß hergeht. Aber es wird ja nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird bzw. wenn es eben nicht kocht oder noch nicht mal köchelt wird’s auch nicht so heiß, das Leben. Das war jetzt defätistisch und eigentlich meine ich das auch gar nicht so.
  5. Ein Hosenknopf ist auch Technologie und war seinerzeit eine Revolution. Wir sind Hosenknopfnatives und leben immer noch im Zeitalter des Hosenknopfes. Z.b.V.
  6. Es gibt noch andere Realitäten neben der Realität, behaupten zumindest einige Vertreter der theoretischen Physik. An dieses Postulat musste ich letztens denken als ich am Zeitschriftenständer in unserer Kantine auf eine Kollegin wartete. Irgendwo in dieser oder außerhalb dieser Welt muss es Menschen geben, die sich eine Zeitschrift namens „Nudel-Hits“ kaufen.
  7. „Frau im Trend“ wird auch gekauft.
  8. „Der Mensch vor meinem Auge hat Schuppen“ war ich gestern gezwungen festzustellen als ich, in der überfüllten S-Bahn eingekeilt, zur Arbeit fuhr.
  9. Die Honigmuschelforschung kommt auch nicht voran, obwohl ich eine 4-Jährige beauftragt habe, ihre Mutter in ein einschlägiges Fachgeschäft zu zerren.
  10. "Ultra korrekt nach Aufstehn. Ischschwör: Herz is krass gechillt, weil nich mehr so scheiß'n'dreck kalt da draußen. Guckstu!" soll die Übersetzung von "Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingenommen, gleich den süßen Frühlingsmorgen, die ich mit ganzem Herzen genieße." sein.
  11. Die Spam-Partei
  12. Transparenz statt Durchblick.
  13. Identitätskrisen allenthalben: Man mag weder einem bestimmten Geschlecht, einer Nation, einer Klasse, einer politischen Grundüberzeugung, einer Altersgruppe oder sonstewas angehören. Sich nach Gelegenheit irgendetwas aus den Angeboten auszusuchen geht aber nicht. Man ändert sich ständig, Herr Keuner, und man bleibt doch der Gleiche. Eigentlich gibt’s da nichts oder nur ein bischen zum abfinden. Und so schlecht ist das meistens auch nicht.
  14. Alfred Lorenzer hat vor einigen Jahren mal festgestellt, dass – ich glaube es ging um Vietnam, in den 70ern – einige Gesellschaften keine identitären psychischen Erkrankungen kennen. Darüber denke ich immer noch nach.
  15. Letzten Samstag waren wir im BE und haben den Arturo Ui in der Inszenierung von Heiner Müller gesehen. Beindruckende Ideen in der Umsetzung und doch blieb bei mir ein Unbehagen. Es wirkte sehr individualistisch. So als hätte Müller die Parabel von Brecht gegen die Intention des Autors auf die Bühne gebracht. Jetzt muss ich den Ui doch mal lesen. Mal sehen, ob mein Eindruck stimmt. Die Druckschrift Nr. 16 des BE, die ein Interview mit Heiner Müller über die NS-Zeit enthält, deutet in diese Richtung.
  16. Beim morgendlichen Schreiben, Lesen und Kommentieren macht blogger.de irgendwann den Laden zu und ich komme nicht mehr an die Blogs dran, die ich eigentlich regelmäßig lese. Ein seltsames Zufallsmuster ergibt sich. Wenn ich dann am Wochenende etwas mehr Zeit habe, sind die Züge schon längst weiter gefahren. Na ja, schlimm ist das auch nicht?
  17. Mein Straßenfegermann wirkte gestern unkonzentriert.
  18. Anlässlich des Aufsatzes „Bruder Hitler“ von Thomas Mann meint Christa Wolf Hitler sei „des Teufels“. Verweist diese Charakterisierung auf einen religiösen Wahrnehmungshorizont oder dient sie lediglich dazu ganz allgemein Abscheu auszudrücken? Zeigt sich in solchen Stellen ein gemeinsames Wahrnehmungsmuster dieser Generation? Im o.g. Interview mit Heiner Müller klingt ganz ähnliches an. Gibt es Unterschiede (sprachlich natürlich) zum vulgärmarxistischen Deutungshorizont? Harald Welzer stellt einen völlig anderen Deutungsrahmen bereit.

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Donnerstag, 26. April 2012
vom Zauber des seitlich dran vorbeigehens ...

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Mittwoch, 25. April 2012
„Es muß was Schöns seyn um die Tugend“ VIII
Wers mit GOTT und Tugend hält/
Kan verdienen Ehr und Geld.
(Hans Aßmann Freiherr von Abschatz)

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Dienstag, 24. April 2012
Über Testosteron
Junge Männer im Rudel sind schwer erträglich. (Junge Frauen auch, aber darum soll es hier nicht gehen.) Junge Männer, die zum ersten Mal weg von häuslichem Herd und wohlwollender Obhut, sich in eigener Verantwortung und zumindest relativer Selbständigkeit ins Leben trauen oder geschoben werden, sind unerträglich und schlagen gelegentlich über die Stränge. Das ist auch gut so.

So auch ich. Es ist zwar schon einige Zeit her und begab sich zu einer Zeit als alle Welt so schnell wie möglich zu Hause ausziehen wollte, um sein Glück in der Welt zu machen. Sex ’n drugs ‘n rock ’n roll, geht hinaus in die Welt, auf dass ihr keine Stubenhocker werdet und mit Ende Zwanzig als Leiter der Getränkeabteilung des örtlichen Supermarkts das Ende eurer Karriere erreicht. Wie ich schon sagte: es war eine andere Zeit.

Wo waren wir? Ach ja richtig: Papa erzählt vom Krieg. Also, es gab mal eine Zeit, da wollte niemand, der einigermaßen bei Troste war, zum Bund, also zur Bundeswehr. Wer trotzdem hinging war entweder zu phlegmatisch oder zu dusslig, wer sich verpflichtete war in der Jungen Union oder kam aus schlimmen Verhältnissen. Die Frauen waren froh, dass ihnen die Geschlechtszugehörigkeit wenigstens ein Mal im Leben einen Vorteil verschaffte, die Männer verweigerten den Kriegsdienst. (Die grotesken Szenen vor dem Tribunal Ausschuss für Wehrdienstverweigerung könnte man auch mal erzählen. Weiß heute noch jemand, wer „der Russe“ war? )

So auch ich. Und es verschlug mich an ein Universitätsklinikum, zunächst in ein Forschungslabor und später dann auf eine allgemeinchirurgische Abteilung. Und als Erstes lernte ich, dass nicht jede Volksweisheit auch in jeder Situation richtig ist. Mein Vater pflegte ja zu sagen: „Wer saufen kann, kann auch arbeiten.“ Und würgte damit jegliche Diskussionen ab, ob man denn zur Schule gehen können oder ob man sich nicht etwas unpässlich fühle. In meinem Labor hatte ich nun Tag für Tag mit (schwach) radioaktivem Material zu tun und es gab Tage, da quälte ich mich doch sehr mit der notwendigen Sorgfalt und ich dachte so bei mir, Vattern, dein Rat ist auch nicht in jeder Lage und überhaupt.

Jedenfalls hatten wir unsere Ziviunterkunft im Schwesternwohnheim und wenn zehn junge Männer in der Blüte ihrer Jahre in einem Gebäude wohnen, dass mehrheitlich von jungen Frauen bewohnt wird, bleibt es nicht aus, dass man sich für einander interessiert und das gegenseitige Interesse dann auch bald praktisch wird. Die Rechtslage war dem eigentlich nicht förderlich, denn als Zivildienstleistende unterlagen wir dem Dienstrecht für Soldaten und das untersagte Damenbesuch. Nun da niemand kontrollierte, interessierte uns die Rechtslage schlankeweg überhaupt nicht. So weit so gut.

Die Rechtslage erforderte darüber hinaus, dass auf unserem Stockwerk im Wohnheim ein zweites Bad eingebaut werden muss und da die Umbaukosten niedrig gehalten werden sollten, wurde einfach eines der Zimmer zu einem zweiten Bad umgebaut. Dieses zweite Bad war nun entgegen der Rechtslage doppelt so groß wie Bäder üblicherweise zu sein hatten. Wir fanden das sehr angenehm.

Freiburg liegt bekanntlich in einer wasserreichen Gegend und so hatte einer unserer Mitbewohner ein Schlauchboot mit in die WG gebracht, dass wir auch mal an einem schönen Sommerwochenende auf den Altrhein bei Breisach gesetzt hatten. Nach fünf Minuten brachen wir den Versuch ab, da Myriaden von Stechmücken uns den Ausflug zur Hölle machten. Fortan lag das Schlauchboot immer irgendwo in der WG im Wege.

Genug der Vorreden. Eines Tages saßen wir in unserer Küche und tranken ein Schlückchen und so nach und nach trudelten die Damen von ihrer Schicht oder anderen Pflichten ein, setzten sich zu uns und tranken auch ein Schlückchen. Die Stimmung stieg und ein Scherz jagte den anderen. Jemand stellte seine Anlage auf Laut, damit wir am anderen Ende des Ganges de Musik auch gut hören konnten. Ein Anderer fand die Musik scheiße und legte eine andere Platte auf, die ihm besser gefiel. Da sein Zimmer direkt neben der Küche lag, musste er die Lautstärke nicht ganz so hoch drehen.

Dann kam die M. zu Besuch.

„Hey, seht mal was ich habe? Fingerfarben! Als ich die in dem Geschäft liegen sah, dachte ich sofort: das muss Spaß machen, wenn wir uns damit bemalen?“

Nun, ein Wort gab das andere und die Ursprungsidee, dass man sich die Gesichter gegenseitig bunt anmalen könne, wurde verworfen. Schließlich hätte die Kleidung eingesaut werden können und überhaupt. Nun, ein Wort gab das andere und wir waren inzwischen auch schon ziemlich angeschickert und wie der exakte Fortgang der Debatte sich entwickelte, kann ich nach so langer Zeit auch nicht mehr sagen. Am Ende lagen acht Junges und sechs Mädels nackt in der Badewanne und dem mit heißem Wasser gefülltem Schlauchboot. Wir bemalten uns gegenseitig und prosteten uns gelegentlich zu. Gelegentlich stand jemand auf, um an einer der beiden Anlagen eine andere Platte aufzulegen, neuen Wein aus dem Vorrat zu holen oder eine Zigarette zu rauchen. Schwimmende Kippen im Badewasser sind schließlich eine Sauerei.

Es wurde später und später und die Stimmung stieg und stieg und an dieser Stelle lassen wir mal einige Details aus, die zwar der geltenden Rechtslage widersprachen, aber ansonsten völlig harmlos waren. (30 Jahre später erzählte mir eine Kollegin ganz ähnliche Geschichten über Ernteeinsätze in der DDR, aber das gehört nicht hierher.)

Irgendwann klingelte es und da ich gerade eine Flasche entkorkte ging ich zur Tür, öffnete und fragte:
„Ja?“
Vor mir stand ein Assistenzarzt, den ich flüchtig aus der Klinik kannte, in Bademantel und mit zerzauster Frisur und starrte mich an. Ich sah an mir herunter, nackt und mit roten, grünen und gelben Flecken und Linien bedeckt, eine entkorkte Flasche in der einen und den Korkenzieher in der anderen Hand.
Bevor der Assistenzarzt sich fassen konnte, kamen weitere nackte und bunte Menschen aus dem Bad und den Zimmern und wollten wissen, wer gekommen sei.
„Es ist zu laut,“ sagte der Assistenzarzt leise. Wir sahen uns an.
„Wie spät ist es denn?“
„Halb fünf durch.“
„Wir machen dann gleich die Musik aus.“
„Okay“
, sagte er und ging wieder zum Aufzug.

Einige Tage später traf ich ihn in der Schlange vor der Essensausgabe. Er sah mich freundlich an und sagte:
„Erlaubt ist das aber sicher nicht, was sie da treiben, auf ihrem Stockwerk?“
„Nein, eigentlich verlangt die Rechtslage, dass jeder Besuch zu beantragen ist. Es kümmert sich aber keiner drum.“
„Na dann.“

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Montag, 23. April 2012
„Es muß was Schöns seyn um die Tugend“ VII
Hoftugend.

Er besitzt die drey schönsten Hoftugenden: er ist ein guter Reuter, ein guter Jäger und ein aussbündiger Säuffer.
( Alamode Politicus, II, 127.)

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Freitag, 20. April 2012
Fundstücke 13. - 16. KW 2012
Hintergründe und Sichtweisen:
  • Das schwere Erbe der Apartheid wirkt sich noch immer aus. Das tief verwurzelte Rollenverständnis zwischen Mann und Frau ändert sich nur langsam.
  • Friedrich Kellner: »Vernebelt, verdunkelt sind alle Hirne« Tagebücher 1939-1945
  • Ultraorthodoxe Israelis
  • Das Böse im Spiegel der Weltreligionen (Teil 1)
  • die Monstrosität der Tat, die lädt dazu ein, dann Monster aus den Tätern zu machen, und wenn man dann genauer hinschaut, dann ist eigentlich das Erschreckende, dass sie eine ganz normale Biografie haben.
  • Die Transparenzgesellschaft
  • Nachdenken über das Glaubensbekenntnis
  • Ruth Hoffmann: "Stasi-Kinder. Aufwachsen im Überwachungsstaat"
  • Seit 1984 veranstaltet die Union Islamischer Organisationen in Frankreich (UOIF) jedes Jahr über Ostern einen Kongress
  • Das Verhältnis der DDR zu Israel
  • Hintergründe des „Skandals“ um das Rederecht von Abgeordneten
  • Panorama vom 28. September 1982 zur Lambsdorfwende u.a. [via Feynsinn]


  • kluges und interessantes:
  • Flassbeck zur Euro-Krise
  • Heute ist die SPD im Kern ein erweiterter Seeheimer Kreis.
  • Wolfgang Michal:Urheberrecht? Ersatzlos streichen!?
  • Je digitaler, desto ärmer wie die digitale Welt die Einkommensmöglichkeiten in der Musikbranche verändert hat. Im Bereich Literatur wird sich das wohl noch dramatischer entwickeln.)
  • Die politische Apathie der Endzwanziger in Deutschland.
  • Wenn Freiheit krank macht (nur als (Teil-)Stichwortsammlung anregend)
  • Wolfram Schütte über Tony Judt: Das Chalet der Erinnerungen
  • Über ökonomische Spitzen-”Verantwortung” und militärische Spitzen-”Verantwortung” von D.
  • Piraten: bedauerliche Einzelfälle
  • Piratenpartei: Formfetischismus 2.0 (Eine schöne Polemik)
  • Volker Strübing: Liebe Piraten: Fickt euch. Aber nicht mich.
  • Fair-Irrung: Die Kultur-Flatrate
  • Interview mit Shermin Langhoff „mein Mann hat bei mir später in der einen oder anderen Auseinandersetzung angebliche Wessi-Eigenschaften entdeckt. ... Die ungute Angewohnheit, die eigene Wirkung und das Urteil der anderen immer mitzudenken, ist für ihn typisch westdeutsch.“


  • Zu Literatur
  • "der Plakate klebende Kaplan"
  • THOMAS ROTHSCHILD über Henry David Thoreau: Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat.
  • Oliver Pfohlmann: Robert Musil. (rororo monographie)
  • Martin Rowson (Zeichnungen und Adaptation): Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman (Laurence Sterne als Comic)


  • Neue Wörter und Wendungen:
  • Piefke-Punk
  • verdammt geil teenagemäßig drauf sein
  • du Gaskopf!
  • Dyskalkulie
  • die Glasglocke DDR
  • die Piratösen


  • amüsantes:
  • mit allen Suchbegriffen, die laut google 2011 am meisten gesucht wurden einen Text verfassen
  • aus dem Wertverfall der Buchbranche folgert eins nicht, nämlich daß die Leute klug, schön und radikal werden.
  • Murmel Murmel
  • und redeten über Gott und Morgenpost Online
  • schreckliche Geschenke
  • auf Buchbestattung hatte ich schon mal hingewiesen?
  • G.G. dichtet wieder


  • so dies und das:
  • Die vernetzte Zeitung (Weiß noch nicht so recht, was ich davon halten soll)
  • Dario Fo als Maler
  • Noch nie von gehört: Actor-Network-Theory
  • Menetekel. 3000 Jahre Untergang des Abendlandes
  • Thomas Rothschild über den Film: Shadows in Paradise. Hitler´s Exiles in Hollywood
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    Donnerstag, 19. April 2012
    Schnipsel
    1. „Der mir fremde Finsterling“ schreibt Günter Grass zu seinem Passbild in „Beim Häuten der Zwiebel“. (zitiert nach Christa Wolf: Autobiographisch schreiben.) Ein Fremder oder ein zum Fremden erklärter, müsste man wohl fragen?
    2. Auf so einem Kreuzfahrtschiff wird pro Person und Tag so viel Fisch und Fleisch konsumiert, wie wir beide hier in einer ganzen Woche verbrauchen.
    3. Mir fallen immer so Sachen ein: An einem Briefwechsel hätten Christoph Martin Weiland und Christa Wolf wohl viel Freude gehabt.
    4. Das dauernde ‚lecker, lecker‘-Gesage ist mir egal. Aus unerfindlichen Gründe habe ich aber eine Abneigung gegen: „Nu koste doch wenigstens mal!“
    5. Warum liest den keiner, was er geschrieben hat, der Günther Grass? Danach fiele das Verteidigen schon schwerer.
    6. Diese Haltung: „Ich aber sage euch ...“ Das kann man nicht ertragen.
    7. Welches bekanntere Blatt wurde als Sexualklatschkloake bezeichnet und wer schrieb über das Sexualleben eines Prominenten für dieses Blatt?
    8. Warum schreibe ich eigentlich so selten über das Kochen? Noch keine rechte Vorstellung über die Form?
    9. Wer ‚So!‘ sagt hat noch lange nicht Feierabend.
    10. »Die meisten orientalischen Nationen finden an großen Ohren ein besonderes Vergnügen.« (Immanuel Kant: Physischen Geographie)

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    Mittwoch, 18. April 2012
    „Es muß was Schöns seyn um die Tugend“ IX
    Erklärung beyder hie für gemalter Teutscher Tugenden

    J.F.

    Standthafft vnd Treu, vnd Treu vnd Standschafft,
    Die machen eyn Recht Teutsch verwandschafft:
    Beständige Treuhertzigkeyt
    Vnd Treuhertzig Beständigkeyt,
    Wann die kommen zur Eynigkeyt,
    So widerstehen sie allem Leyd;
    Daher vnfer Vorfahren frei
    Durch Redliche Standhaffte Treu
    Schützten jr Freiheyt, Land vnd Leut,
    Ja weiterten jhr Land auch weit,
    Wie Lewen thäten sie bestan,
    Wann sie eyn Feind thät greiffen an,
    Vnd wann sie dann warn angegriffen,
    Die Glegenheyt sie nicht verschlieffen,
    Sonder dem Feind sie starck nachsetzten,
    Auff daß sie jre Schart außwetzten,
    Gleich wie eyn Adler starck nachziehet
    Eym Raub, der jm mit list entfliehet.
    Ja wie eyn Hund seins Herren Gut,
    Darauff er ligt vnd hälts inn Hut,
    Wider Frembde Treulich verwacht,
    Also hatten sie auch inn acht
    (Johann Baptist Fischart, genannt Mentzer)

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    Dienstag, 17. April 2012
    Was unbedingt auch mal gesagt werden müsste (Tubabruch II)
    Israel ist doof!
    Herzlichst
    Ihr Günter Grass

    Und Nentanjahu
    Ist noch viel döfer
    Nochmalst liebe Grüße

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    Montag, 16. April 2012
    „Es muß was Schöns seyn um die Tugend“ VI
    Ob die Jugend mit der Tugend schwesterlich verknüpfet sey? Diese Frage fiel mir eben an dem Neuen Jahre bey, welches Hofrath Juchens Kind, Jungfrau Jungfrau Magdalene, (da der Neid auch selber spricht: niemand tadelt diese Schöne.) mit vergnügten Augen siehet, und des Festes Jubel hält. Hat in diesen schlechten Zeilen vorgelegt und dargestellt.
    1734.

    Hochgeehrtes Frauenzimmer!
    Diese Frage fällt mir bey:
    Ob die Jugend mit der Tugend schwesterlich verbunden sey?
    Eingermaßen lehrt die Zeit, daß sie Beyde keine Schwestern,
    Denn die Jugend sucht ja oft auf der Tugend Glanz zu lästern.
    Wo die Jahre denen Rosen und Narcissen ähnlich blühn,
    Da muß oftermahls die Tugend in dem Streit den kürzern ziehn.
    Jene Jungfer steht und liegt täglich wohlgebrüst am Fenster,
    Und durchhechelt und verhöhnt alle lebende Gespenster.
    (Sidonia Hedwig Zäunemann)

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    Freitag, 13. April 2012
    Die Sollroststelle
    Beim Lesen dieser Anmerkung fiel mir die Erzählung eines Freundes wieder ein, der in den Schulferien oder den Semesterferien bei einem leidlich bekannten Autobauer gearbeitet hatte.

    Der Verdienst war gut, die festangestellten Kollegen waren wohlwollend, nahmen ihn und die anderen Jobber aber nicht ganz ernst. Und so machten sie es sich zu ihrer Angelegenheit den jungen Leuten etwas vom Leben, und damit meinten sie in erster Linie das Berufsleben, zu erzählen. Vielleicht dachten sie aber auch: der kommt in 10 Jahren aus der Uni wieder in unseren Betrieb, aber dann als Chef. Jetzt ist die Gelegenheit, ihnen mal beizubiegen, wie wir die Welt sehen. Na, wie auch immer, auf jeden Fall versuchten sie ihnen etwas von ihrem Stolz als Produzenten eines der besten Autos der Welt beizubiegen bzw. von dem Stolz, den sie eigentlich verspüren wollten.
    Die meisten Ferienjobber sollten die Karossen vom Ende der Fertigungstrasse auf einen Parkplatz fahren, zwar schwungvoll, aber doch auch ohne die nagelneuen Fahrzeuge bei diesem Mannöver zu beschädigen. Dies gelang nicht immer und diejenigen, die es zu dolle trieben, wurden dann wieder in die Freiheit der Ferien entlassen. Beim ersten Touchieren holte man sich eine gehörige Standpauke ab. „Wenn du Sauseckel nicht aufpasse kansch, fliegscht hier schneller naus, als du Gaspedal saga oder drücke kansch. Was glaubsch den du. Mir schaffe den ganze Tag, damit mer so a Auto fertig kriega, ond du fährschs aus lauder Bledheit nocherd kaPutt?“ So ungefähr.
    Mein Schulfreund arbeitete nun nicht in dieser Abteilung, sondern in einer anderen, der Lackiererei. An die Endlackierung ließen sie ihn natürlich nicht heran. Seine Aufgabe war es die sogenannten Sollroststellen anzubringen, d.h. vor der Grundierung auf bestimmten Schweißnähten einen Klebestreifen anzubringen und ihn nach der Grundierung wieder zu entfernen. Aber höchst wahrscheinlich hat er etwas völlig falsch verstanden oder diese Praxis wurde aus technischen Gründen nur kurze Zeit und das ist schon lange her. Is ja klar. Seine Kollegen haben sich auf jeden Fall sehr zurückgehalten, ihm das zu erklären, obwohl es lange vor dieser Zeit war.

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    Donnerstag, 12. April 2012
    Sternstunden des Dialogs 3: Herr Lüg und Herr Wöhner

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    Mittwoch, 11. April 2012
    Über Metaphysiker und Pseudo-Metaphysiker
    Der Metaphysiker, um mal eine Äußerung von Karl Valentin ergänzend abzuwandeln, ist ja bekanntlich ein Mensch, der in einem dunklen Raum verzweifelt versucht eine schwarze Katze zu fangen, die gar nicht darin ist.

    Der Pseudo-Metaphysiker hingegen steht vor der verschlossenen Tür und raunt allen Passanten ins Ohr: „Wer Augen hat zu sehen, der sehe!“

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    Dienstag, 10. April 2012
    „Es muß was Schöns seyn um die Tugend“ V
    An die Tugend

    Tugend, Licht im Erdenthale,
    Funke Gottes, leuchte mir!
    Deine Glorie umstrale
    Meine Pfade für und für!
    Lehre mich die Wahrheit trennen
    Von des Irthums Schattenbild;
    Lehre mich die Freude kennen,
    Die aus deinem Frieden quillt!

    Von der Gottheit Sonnenthrone
    Kamst du mild zu uns herab,
    Auf dem Haupt die Stralenkrone,
    In der Hand den Herrscherstab.
    Jedes Laster, niedrer Seelen
    Flieht vor deinem reinen Blick
    Zu den ewig finstern Höhlen
    Der Avernos-Nacht zurück!

    Du veredelst die Empfindung,
    Du erhöhst der Liebe Glück,
    Deine sichern Pfade führen
    Den Verirrten bald zurück;
    Selig, wem an deinem Busen
    Heil'ger Freundschaft Blume blüht, ...
    (Elise Sommer)

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