Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Mittwoch, 19. Juni 2013
Eine völlig andere Gewichtsklasse ist Mark Twain.
Hier eine Stelle aus Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten

Nachdem Huckleberry Finn Jim, dem entflohenen Sklaven Jim Versprochen hat ihn nicht zu verraten, ziehen sie gemeinsam weiter. Jim will in einen der freien Staaten und Huck flieht vor seinem Vater, ihm ist es egal wohin. Huck Finn erzählt:
„Als es anfing, dunkel zu werden, streckten wir unsre Köpfe vorsichtig aus dem Weidengestrüpp und sahen uns um. Vorn, hinten, hüben, drüben – alles sauber, nichts zu sehen! Jim nahm nun ein paar von den obersten Planken des Floßes und stellte eine Art Hütte her, um uns und unsre Habseligkeiten gegen das Wetter zu schützen; die Hütte erhielt einen Bretterboden, ungefähr einen Fuß höher als die Oberfläche des Floßes, so daß unsere Decken und andere Sachen aus dem Bereich der Wellen der Dampfboote waren. Gerade in der Mitte der Hütte machten wir dann von Lehm eine Art Herd, worauf wir unser Feuer anzünden konnten, ohne daß es von außen viel gesehen werden würde. Dann verfertigten wir noch ein zweites Steuerruder, um nicht in Not zu geraten, im Fall das eine zerbrochen würde. Ein gabeliger Baumast diente uns als Laternenpfosten, denn es war nötig, Licht zu haben, um nicht von irgendeinem Dampfboot in den Grund gebohrt zu werden.
In der zweiten Nacht ließen wir uns ungefähr sieben bis acht Stunden von einer ziemlich reißenden Strömung dahintragen. Wir fingen Fische und plauderten, schwammen auch mal neben her, um den Schlaf fernzuhalten. Es war uns ordentlich feierlich zumute, so auf dem großen, stillen Strom hinzugleiten in der lautlosen Nacht. Wir legten uns dann auf den Rücken und schauten nach den Sternen, und es kam uns gar nicht in den Sinn, laut zu sprechen, oder gar zu lachen, höchstens hie und da mal ganz leise. Wir hatten fabelhaft gutes Wetter, und nichts passierte uns, weder in dieser Nacht noch in der nächsten und übernächsten.“

„Jeden Abend begab ich mich nun ans Ufer in irgendein kleines Dorf, meist so gegen zehn Uhr, und kaufte ein, was wir gerade brauchten, Speck oder Mehl oder Tabak, wie's kam. Manchmal verhalf ich auch einem Huhn, das nicht recht ruhen wollte, zu einer bequemeren Lage in meinen Armen. Mein Alter sagte immer: Wenn du irgendwo ein Huhn kriegen kannst, nimm's mit, unter allen Umständen. Brauchst du's nicht, braucht's ein anderer, und eine gute Tat lohnt sich jedesmal. Der Alte zwar brauchte das Huhn immer selbst, allein das änderte nichts an seinem Wahlspruch.“
( Aus: Mark Twain: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten Kap. 13)

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