Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Nationen und andere Kleinigkeiten
Patriotismus sei ein Bedürfnis, sagt man.

Man wolle halt für seine Mannschaft jubeln, heißt es.

Wem das unheimlich ist, der wäre eine Spaßbremse, wird allerorten gesagt.

Wer nicht so erfolgreich ist wie wir, habe eben weniger geleistet, ist zu lesen.

Diese Griechen hätten eben ein Korruptionsproblem. Das müssten sie in den Griff kriegen, dann ginge es ihnen auch so gut wie uns, sagen so einige. Sie müssten natürlich auch so tüchtig sein wie wir.

Wir sind Papst und Exportweltmeister und das sei toll, kann man häufig hören.

Fahnenschwenken und Deutschland brüllen hat doch nix mit Nationalismus zu tun, genauso wenig wie öffentliche Gelöbnisse von Bundeswehrsoldaten.

Trauerfeiern von ‚gefallenen‘ Soldaten, deren Särge mit der Fahne bedeckt sind. Hat alles nix mit Nationalismus zu tun, es ginge nur darum den ‚Gefallenen‘ die letzte Ehre zu erweisen, wissen viele.

Wir müssten unsere wirtschaftlichen Interessen auch mit militärischen Mitteln verteidigen und ein Verteidigungsminister ist dafür, dass man Krieg auch Krieg nennt. Warum darum herumreden? Klare Worte, seien das und man dürfe den einen nicht dafür tadeln und den anderen müsse man dafür loben.

Überhaupt: ein unverkrampftes Verhältnis zur Nation, warum sollte ein Entwicklungshilfeminister nicht mit einer Bundeswehrfeldmütze auf dem Kopf ein afrikanisches Land besuchen. Es ist doch nur eine Mütze gegen die Sonne und einen Südwester hat er schließlich nicht getragen.

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vert, Dienstag, 27. Juli 2010, 12:48
das niebel ist auch wirklich in seiner ganzen existenz abstoßend.
(ich weiß, darum ging es hier nicht primär, aber das ist mir grad so rausgerutscht.)

g., Dienstag, 27. Juli 2010, 13:43
Das Nübel
ist die Inkarnation dessen, was einem an der FDP so stinkt (Ich sage jetzt nichts über Frank-Walter St., Claudia R., Stefan M. oder Christa L.)

jean stubenzweig, Dienstag, 27. Juli 2010, 15:16
«... hat doch nix mit Nationalismus zu tun ...», das habe ich mir am Wochenende auch anhören müssen, als ich den jungen Mann darauf hinwies, er könne das Fähnchen von seinem Auto wieder abnehmen, das Ereignis als solches sei nämlich vorbei.

g., Mittwoch, 28. Juli 2010, 07:49
Dieses Fahnengeschwenke, die andauernden Beschönigungen und die Debatten über die Zukunft der Bundeswehr gehen mir auf die Nerven und machen mir Angst. In der veröffentlichten Meinung scheint es kaum jemand zu interessieren, welchen Weg dieses Land geht bzw. ob denn der Weg zu weltweiten Interventionen ein vernünftiger ist. Es wird über die Ausrüstung der Bundeswehr, kaum aber über die politische Richtungsänderung von der Landesverteidigung zur Durchsetzung von politischen und wirtschaftlichen Interessen in anderen Ländern diskutiert. Niemand soll mir erzählen, dass das Deutschlandgesabber nicht damit zu tun hat. Ich ertappe mich dabei, zunehmend von der ‚BeÄrDe’ in diesem sächselnden, schnarrenden Tonfall der DDR-Grenztruppen zu reden, aus purer Opposition. Und überhaupt: ‚Gefallene’ und ‚Opfer in der Zivilbevölkerung’, hoffentlich haben sich die Gefallenen nicht Weh getan beim opfern.

jean stubenzweig, Mittwoch, 28. Juli 2010, 10:47
Mich hat dabei leicht geschmerzt, daß der junge Mann meiner näheren Verwandtschaft angehört und ich mir auch noch anhören mußte: Bei euch ist doch das ganze Jahr über Großbeflaggung. Er war in seinem Vierteljahrhundertleben einmal südwestlich des Rheins, wo er vor jedem Bürgermeisterhäuschen eine Tricolore hat flattern sehen, ansonsten kennt er das Land aus dem deutschen Fernsehen, das alle Jahre wieder die etwas andere Parade der Liebe zum Land jeweils am 14. Juli abbildet. Daß das der Tag ist, der europa-, wenn nicht gar weltweit gefeiert werden sollte, weil aus ihm zumindest die Deklaration der Menschenrechte und vielleicht noch ein bißchen mehr hervorgegangen ist, darüber existiert kein weiteres erschwerendes Wissen (was es allerdings im Land selbst auch immer weniger tut). In anderen Ländern, so seine Rede an mich, sei es doch normal, Flagge zu zeigen, und endlich dürfe man das hier auch wieder. Ich wollte dann noch einwerfen, daß ich bei Auto und Bahn und Fahnenschwenkereien bei Massenveranstaltungen andere Assoziationen habe, beispielsweise die gestern wieder im Theaterkanal Foyer gezeigten massenhaft verzückt-beglückten Gesichter der vielen jungen Menschen beim Auftritt des Herrn aus Braunau in Bayreuth. Aber dann fiel mir ein, daß ihn, wie die meisten seines (und auch älteren) Alters, nicht nur Geschichte nicht sonderlich interessiert, sondern auch das nicht, was in und mit dem Land geschieht, für das er patriotische Gefühle kundtun darf. Ach, wenn wenigstens ein bißchen Selbstironie mit hineinspielen würde ...

Gut, kehren wir zur Bezeichnung BRD zurück. Das ist ohnehin die korrekte Abkürzung.