Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Urlaubsnotizen I: Stress
Wenn man von Genua mit dem Zug nach La Spezia fährt, tuckert die Bahn durch die Riviera di Levante, kurz vor La Spezia erreicht man dann die fünf Orte der cinque terre: Monterosso al Mare, Vernazza, Corniglia, Manarola und Riomaggiore. „Fünf Länder“ heißt die Region, weil die fünf Orte in Tälern der Küste liegen und früher nur auf dem Seewege erreichbar waren.

Wir hatten eine Ferienwohnung in Corniglia, dem kleinsten Ort und nur über eine Stichstraße von San Bernardino aus mit dem Auto erreichbar. Dies hat uns einen großen Anteil der Tagestouristen erspart. (Nicht allerdings die bestöckerten Wanderkavalkaden, die an unserer Wohnung vorbei zogen und halbstündlich fragten: „Oh, sie haben einen Giardino?“ „Ja, er gehört zu unserer Ferienwohnung.“) Der Blick war schön, die Wohnung vielfältig eingerichtet.

Apropos Giardino: Sie können sich gar nicht vorstellen, unter welchen Stress man mit so einem Feriengarten gerät: Garten täglich wässern, bei Bedarf Zitronen und Kräuter ernten, ins Tal sehen, das abendliche Glas Wein trinken und über das Abendessen nachdenken, in den nächsten Ort fahren und ein Huhn kaufen, das Huhn zerteilen, mit Öl und Kräutern einreiben, Zitronen zerteilen und auf das angebratene Huhn legen, Knoblauch, Zwiebeln, Kartoffeln und Gemüse daneben legen, Wein angießen und dann warten, warten und Wein trinken, schließlich ist das Glas Wein im Koch die wichtigste Zutat.

Und das alles neben dem üblichen Urlaubsstress: Aufstehen, Kaffee kochen, aus dem Fenster sehen und Kaffee trinken, lesen und rauchen, dann duschen etc., ins Dorf gehen und in einer Bar ein Cornetto essen, Zeitung lesen oder Maulaffen feilhalten, usw. man kommt zu nix, sag ich ihnen.

Kommentieren




nnier, Freitag, 14. Mai 2010, 10:57
Ich bin besonders froh, dass Sie bei all dem Stress noch dazu gekommen sind, mir eine Frage zu beantworten, die sich mir jüngst zu nächtlicher Stunde aufdrängte. Nämlich die mit dem Maulaffen: Kienspanhalter aus Ton, was sonst!

g., Samstag, 15. Mai 2010, 07:49
Als ich die Maulaffen niedergeschrieben habe, fragte ich mich wie Sie: Was sind eigentlich Maulaffen? Und wenn man es schon nachschlägt, kann man es auch gleich verlinken. Ich habe jetzt eben noch bei Lutz Röhrich nachgesehen, der neben Belegen auch noch eine interessante Ergänzung bietet:
„Später wurden diese Kienspanhalter aus Eisen hergestellt, behielten aber den alten Namen, obwohl sie nicht mehr die Form eines Kopfes mit geöffnetem Mund, sondern die Form eines in der Höhe verstellbaren zangenförmigen Gerätes bekamen. Dies entspricht durchaus Bezeichnungen bei anderen Leuchtgeräten wie ›Leuchterweibchen‹ (Kerzenhalter), ›Ölgötze‹ (Hängevorrichtung für die Öllampe); vgl. ›Dastehen wie ein Ölgötze‹,“
[Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten: Maulaffe. Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, S. 4010
(vgl. Röhrich-LdspR Bd. 3, S. 1012) (c) Verlag Herder
http://www.digitale-bibliothek.de/band42.htm ]

Und da sie mich mit ihrem Normannen zu den "Maulaffen à la crème" verleitet haben, denke ich nun darüber nach, welche Bedeutung man dem Ausdruck geben könnte?