Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Montag, 10. Mai 2010
Familiengeschichte III
Der Großvater mütterlicherseits, 1892 geboren, war im Dorfe ein bedeutender Mann und gütiger Patriarch. Ich habe ihn nie kenne gelernt. Er starb lange vor meiner Geburt. Meine Mutter erzählte gelegentlich von ihm:

Als Großbauer bezahlte er mit vier oder fünf anderen zusammen, den Schulmeister. Meist waren es junge Leute, die so schnell wie möglich wieder in die Zivilisation, in eine größere Stadt wollten, aber keine andere Stelle fanden. Die direkte Abhängigkeit von den Dörflern war ihnen unheimlich, da sehnten sie sich nach der wilhelminischen Schulbehörde. Und so gab es einen häufigen Wechsel bei den Dorflehrern.
Einer dieser jungen Lehrer kam nun auf die Idee, seine Erziehungsvorstellungen getrennt nach den Kindern reicher und armer Dörfler in die Wirklichkeit umzusetzen. Er prügelte nur die Kinder der Knechte und Mägde mit seinem Rohrstock und ließ die Kinder der Großbauern unbehelligt. Als mein Großvater davon erfuhr, brüllte er in der Stube:

„Einen Teufel schlägt man heraus und zehn andere hinein, dem werde ich beibringen, wie man Kinder erzieht.“

Er ging in den Stall, holte den Ochsenziemer heraus, sattelte sein Pferd und ritt ins Dorf. Die Wohnung des Lehrers war ins Schulhaus integriert und so erhielten die Kinder des Dorflehrers eine Nachhilfestunde über die pädagogischen Vorstellungen meines Großvaters.

Der Lehrer suchte sich eine neue Stellung.

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