Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Mittwoch, 26. Mai 2010
Familiengeschichten I
Vor vielen Jahren traf ich Margarethe, eine schöne und kluge und charmante Frau, die nun ja, nun ja, mein Interesse erweckte. Leider war ihr Interesse deutlich schwächer ausgeprägt. Aber darum soll es nicht gehen. Ich scherzte also auf sie ein und so kamen wir ins Plaudern. Wie das eben so ist, man erzählt etwas über seine besten Seiten und wer man ist und in Ermangelung einer eigenen beruflichen Tätigkeit, erzählt man etwas über sein Elternhaus und was Vater und Mutter so beruflich machen, und dass man im übrigen ein richtig toller Kerl ist, abchecken nennt man das wohl.

„Ach, dein Vater ist Tischler? So richtig Tische und Stühle bauen?“ wollte sie wissen und ich bestätigte. Ich hätte sein Gesellenstück, einen Polsterstuhl aus Formholz in meiner Bude stehen, er sei aber leider schon ziemlich durchgesessen und ich sollte ihn mal aufarbeiten (Ha, Sie interessiert sich für Dinge, von denen ich etwas verstehe! Jetzt nicht locker lassen!). Und dann kartoffelte ich noch etwas über wenig Zeit und dass es eigentlich schade sei und eigentlich müsse man ja handwerkliche Leistungen ehren und schließlich hätte er mir den Stuhl für meine Studentenbude überlassen und so weiter.
„Ach ja“, sagte sie wehmütig, „so einen Vater hätte ich ja manchmal auch ganz gern gehabt. Mein Vater ist ja eher so eine Art Lebenskünstler.“
„Wie? Er ist von Beruf Lebenskünstler?“
„Ja“, sagte sie, „so könnte man das ausdrücken. Er hat sein Leben lang nie einen Handschlag getan.“
„Aha, und von was habt ihr gelebt?“
„Oh, meine Mutter ist arbeiten gegangen. Mein Vater hat immer nur von Frauen gelebt.“
„Ein echter Gigolo?“
„Meine Mutter nannte ihn immer ‚Bel Ami‘kicherte sie. „Am Anfang hat sich meine Mutter immer mit ihm gestritten, weil er den ganzen Tag zu Hause war und seine wahnsinnigen Erfindungen verbesserte. Er war nämlich auch Erfinder, musst du wissen. Aber irgendwann hat sie es aufgegeben, aus ihm einen seriösen Schwaben zu machen. Sie hat sich daran gewöhnt, dass er untreu und ein Hallodri war. Eigentlich wurde es zu Hause dann erst richtig schön. Mein Vater hat viel mit uns unternommen, sich um uns gekümmert. Gelebt hat er aber Zeit seines Lebens von Frauen.“
Fasziniert sah ich sie an.
„Er hat von Frauen gelebt?“
„Das glaubst du nicht? Es ist aber wirklich so. Seit er aus seinem Elternhaus wegging, hatte er immer verschiedenen Freundinnen, die ihn ausgehalten haben, während er seinen Träumen, Hobbys und Projekten nachging und dann hat er meine Mutter geheiratet und in letzter Zeit habe ich ihm immer wieder etwas zugesteckt.“

Da konnte ich natürlich nicht mithalten.

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