Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Goethe: Italienische Reise
Goethe über Nudeln:
„Da es hier keine Gasthöfe gibt, so hatte uns eine freundliche Familie Platz gemacht und einen erhöhten Alkoven* an einem großen Zimmer eingeräumt. Ein grüner Vorhang trennte uns und unser Gepäck von den Hausgliedern, welche in dem großen Zimmer Nudeln fabrizierten, und zwar von der feinsten, weißesten und kleinsten Sorte, davon diejenigen am teuersten bezahlt werden, die, nachdem sie erst in die Gestalt von gliedslangen Stiften gebracht sind, noch von spitzen Mädchenfingern einmal in sich selbst gedreht, eine schneckenhafte Gestalt annehmen. Wir setzten uns zu den hübschen Kindern, ließen uns die Behandlung erklären und vernahmen, daß sie aus dem besten und schwersten Weizen, Grano forte genannt, fabriziert würde. Dabei kommt viel mehr Handarbeit als Maschinen und Formwesen vor. Und so hatten sie uns denn auch das trefflichste Nudelgericht bereitet, bedauerten jedoch, daß grade von der allervollkommensten Sorte, die außer Girgent, ja, außer ihrem Hause nicht gefertigt werden könnte, nicht einmal ein Gericht vorrätig sei. An Weiße und Zartheit schienen diese ihresgleichen nicht zu haben.“
( Goethe: Italienische Reise S. 355 )
(* d.i.: Bettnische ohne Fenster, Verschlag)

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jean stubenzweig, Mittwoch, 11. Februar 2009, 03:48
Hat man Glück, kann man's heute noch so haben dort. Mit Glück meine ich: in eine Familie zu geraten, in der entweder die Urgroßoma kocht oder der Urenkel als Küchenchef Frau Wiener in arte seine Kreationen der cucina tradizionale vorführt.

g., Mittwoch, 11. Februar 2009, 05:45
Erstaunlicherweise kann man in Italien noch vielerorts gute und das heißt für mich traditionelle, bäuerliche Gerichte, genießen. Sarah Wiener, wenn sie denn nicht immer ihre Kiefer so zusammenpressen würde, präsentiert solche Gerichte zu meinem und anscheinend auch ihrem Vergnügen sehr angenehm.
Ihre Serie zur französischen Küche hat fast verschüttete Erinnerungen an die Routiers Restaurants in mir wachgerufen. In den 70ern bin ich per Autostop viel durch Frankreich gereist und wenn man das Zeichen der ‚Routiers’ an der Eingangstür sah, wusste man: hier bist du gut aufgehoben. Hoffentlich ist das heute auch noch so.

jean stubenzweig, Mittwoch, 11. Februar 2009, 06:53
Zu den Routiers sollte man auch heute noch gehen. Das ist das Aufrichtigste. Dort, wo die vielen LKW auf den Parkplätzen stehen, nicht die ganz großen, aber die sind in der Regel ohnehin auf der Autoroute unterwegs, es sei denn, sie kommen aus der Gegend oder liefern aus. Die mittleren LKW, deren Fahrer den Regionalbereich bedienen, die sich gerne bedienen lassen wie zuhause von Madame, wie deren Essen, das ihnen auch ungefähr so gekocht wird, bei den Routiers eben. Ja, unbedingt.

Nicht vergessen werden dürfen auch die Gasthöfe, die ich mal in angerissen habe in Ärmerenspeisung. Aber die befinden sich meist ein wenig versteckt in den Ortschaften. Ohne Begleitung Einheimischer gehe ich da auch nicht rein. Ich bin ungern Fremdkörper.

Sarah Wiener – sie scheint mir überschäftigt. Möglicherweise beißt sie sich deshalb so auf die Zähne – Streß. Früher, als sie noch nicht so gefragt war, war sie mir angenehmer. Aber das geht mir bei allen so, die überpräsent sind. Auf jeden Fall macht sie ihre Sache gut, vermittelt die Qualität, die angeboten wird. Ein bißchen was an Koketterie könnte rausgenommen werden. Doch vermutlich erwartet die Redaktion das von ihr, bei arte geht das wohl nicht anders, so anders geartet menschlich. Die stehen dort ja alle immer irgendwie so krumm herum ...

g., Mittwoch, 11. Februar 2009, 07:44
"Die stehen dort ja alle immer irgendwie so krumm herum ..."
Das hat mich ebenfalls erstaunt. Da gibt es doch diese blonde Sprecherin, die - wie man hört - in Frankreich das Vorurteil des deutschen Bauerntrampels täglich widerlegt? Nun, wie dem auch sei, ich bin jedesmal, wenn ich sie sehe, erneut verblüfft, wie betont unangestrengt sie da in den Kulissen herumsteht.

jean stubenzweig, Mittwoch, 11. Februar 2009, 12:15
Ai ! Hélas ! Mon Dieu ! Au weh. Sie meinen Annette Gerlach. So stellen sich Lieschen und Fritzchen Müller, die links des Rheins, vor allem aber tief südlich als Marius et Jeannette bekannt sind, vermutlich eine Pariserin vor. Mit der habe ich mich längere Zeit beschäftigt. Ein Teil davon ist festgehalten in Mein Blütensternengärtchen. Für Sie habe ich vorhin einen Text zum arte-Personal aus dem Jahr 2002 in die Kommentare nachgepflanzt. Das paßt gut, denn es ist nicht besser geworden. Die müssen in Strasbourg einen Choreographen aus der Provinz des 19. Jahrhunderts sitzen haben, der aus jungen Frauen Damen macht und auch den Jungs die Wirbelsäulen verdreht. Filialleiterfernsehen. Nicht immer, aber allzu häufig.

g., Donnerstag, 12. Februar 2009, 05:55
Genau, Annette Gerlach war’s, die ...