‚Wie werden ihre Figuren geboren?‘
g. | Donnerstag, 22. Januar 2009, 09:56 | Themenbereich: 'Wie haben Sie das gemacht'
“Was mich angeht, der ich seit Stunden regungslos in meiner Hängematte vor mich hin träume ( ... ), so denke ich über die Frage nach, die Romanschriftstellern manchmal gestellt wird: ‚Wie werden ihre Figuren geboren?‘
So. Aus der unvorhersehbaren und zwingenden Verknüpfung dessen, was das Sujet verlangt und der Fluß der Erzählung erforderlich macht, was das Leben abgelagert hat und die Zufälle des Träumens anspülen, was die Geheimnisse eines launischen Gedächtnisses zutage fördern und die Ereignisse, Lektüren, Bilder und Menschen hinterlassen haben ...
Im Übrigen ist die Geburt der Figuren von geringer Bedeutung, was zählt, ist ihre Fähigkeit, auf der Stelle zu existieren. In den Augen des Lesers werden die Figuren nicht ‚geboren‘, sie existieren, sobald sie im Text auftauchen. Keine Geburt, kein Wachstum, kein Reifen - nur eine einzige Aufgabe: auf Anhieb dazusein. Sie können natürlich im Laufe der Seiten an Dichte gewinnen, aber zuerst gilt: ‚dasein‘. Doch ist eine Figur nur dann wirklich da, wenn sie der entscheidenden Wendung in der Handlung, die ihr Auftreten notwendig gemacht hat, und der Funktion, die sie definieren soll, entkommt, mit einem Wort: wenn sie den Fäden, die der Autor zu ziehen glaubt, entkommt.”
( Daniel Pennac Der Diktator und die Hängematte S. 232)
jean stubenzweig,
Samstag, 24. Januar 2009, 02:00
Pennac ließ mich
als erstes Perec assoziieren. Weshalb, das weiß ich nicht, da ich von Pennac noch nichts gelesen habe. Aber diese Verbindung zu Oulipo dürfte wohl ohnehin nicht annähernd stimmen.
Auf jeden Fall ist das eine interessante Passage.
Auf jeden Fall ist das eine interessante Passage.
g.,
Montag, 26. Januar 2009, 10:42
Daniel
Pennac ist vielleicht kein herausragender Schriftsteller, aber ein kluger Mensch. Der Diktator und die Hängematte ist ein amüsantes Büchlein über die Entwicklung von Figuren und daraus erwachsende Handlungstränge. Seine Kriminalromane über die Familie Malaussène sind amüsant, flott geschrieben und bieten witzige Einblicke in den Alltag von Einwandererfamilien in den französischen Vorstädten.
Leider bin ich in der, insbesondere modernen, französischen Literatur nicht zuhause, oder anders ausgedrückt: Perec und Oulipo höre ich das erste Mal und so kann ich zu ihrer Assoziation leider nicht weiter beitragen.
Leider bin ich in der, insbesondere modernen, französischen Literatur nicht zuhause, oder anders ausgedrückt: Perec und Oulipo höre ich das erste Mal und so kann ich zu ihrer Assoziation leider nicht weiter beitragen.
jean stubenzweig,
Montag, 26. Januar 2009, 11:32
Einige werden
Sie wohl kennen (um sollten zu vermeiden; zumindest wäre es schade, Sie könnten was versäumen):
Noël Arnaud, Valérie Beaudoin, Marcel Bénabou, Jacques Bens, Claude Berge, André Blavier, Paul Braffort, Italo Calvino, François Caradec, Bernard Cerquiglini, Ross Chambers, Stanley Chapman, Marcel Duchamp, Jacques Duchateau, Luc Etienne, Frédéric Forte, Paul Fournel, Anne Garetta, Michelle Grangaud, Jacques Jouet, Latis, François Le Lionnais, Hervé Le Tellier, Jean Lescure, Harry Mathews, Michèle Métail, Ian Monk, Oskar Pastior, Georges Perec, Raymond Queneau, Jean Queval, Pierre Rosenstiehl, Jacques Roubaud, Olivier Salon, Albert-Marie Schmidt.
Habe ich aus Gründen der Bequemlichkeit Wikipedia entnommen.
Noël Arnaud, Valérie Beaudoin, Marcel Bénabou, Jacques Bens, Claude Berge, André Blavier, Paul Braffort, Italo Calvino, François Caradec, Bernard Cerquiglini, Ross Chambers, Stanley Chapman, Marcel Duchamp, Jacques Duchateau, Luc Etienne, Frédéric Forte, Paul Fournel, Anne Garetta, Michelle Grangaud, Jacques Jouet, Latis, François Le Lionnais, Hervé Le Tellier, Jean Lescure, Harry Mathews, Michèle Métail, Ian Monk, Oskar Pastior, Georges Perec, Raymond Queneau, Jean Queval, Pierre Rosenstiehl, Jacques Roubaud, Olivier Salon, Albert-Marie Schmidt.
Habe ich aus Gründen der Bequemlichkeit Wikipedia entnommen.
g.,
Montag, 26. Januar 2009, 12:01
Danke, leider kenne ich nur Italo Calvino, Raymond Queneau und Oskar Pastior. Die Gruppe scheint interessant zu sein, zumindest um einige Zeit in den Texten zu stöbern. Die Beschränkung durch eine (sinnlose) Regel führt bei Lyrik oft zu erstaunlich interessanten Ergebnissen. Bei Prosatexten jedoch?