Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Freitag, 3. August 2012
Schnipsel
Manchmal lese ich irgendwo etwas und es fällt mir dazu etwas mehr oder weniger Komisches oder Kluges ein, das schreibe ich dann auf:

  1. „In einer gerechten Welt gäbe es kein Wetter.“ Stimmt. Also, denke ich auch, manchmal.
  2. „Sie hat einen Riss im Lätzchen.“ Der Satz lässt sich problemlos auch auf die andere Hälfte der Menschheit umschreiben.
  3. Wenn Sie meinen das meinen zu müssen, will ich zu ihrem Meinen auch nicht gegenmeinen.
  4. Deutsch lernende Kanadier finden das Wort 'Fleischwolf' toll. Ich finde das Wort 'Fleischwolf' auch toll.
  5. „Die Piraten … sind … nicht mehr als eine chaotisierte Form der FDP.“ (Campino) Da ist was dran.
  6. „Würd ich mich tausendmal lieber von Steve McQueen überfahren lassen.“ Aus der Reihe: Sätze für die Ewigkeit.
  7. „Das sieht so modern aus, als ob man sich die frische Luft aus dem Internet runterladen müsste.“ Von Hier und das ist auch schön: „Das Haus ist wie eine überfahrene Kröte.“
  8. Ich glaube, ich muss mal über die ganzen Arschkrampen, die ich in meinem Leben getroffen habe eine zusammenfassende Würdigung schreiben. So ne bunte Mischung.
  9. Was, Frau Radisch, ist bitteschön eine "weibliche Poetenperspektive"? Tja? Tja!
  10. „mittendrin hockte dieser verfluchte Mahatma Gandhi im Schneidersitz und hörte jedes Mal auf zu essen, wenn ihm irgendetwas missfiel.“ Lässt Jonas Jonasson seinen Churchill sagen. Also so ein bisschen irgendwie bin ich da ja auf Churchills Seite.
  11. „Die Hölle ist jener Ort, dessen wir uns nicht versichern wollen. Wir weisen ihn mit einer ausholenden Geste von uns, als wäre er nicht Teil der Welt, als wäre er zumindest nicht jenes Teiles angehörig, auf den wir Anspruch erheben. Eine unserer liebsten Thesen auf unserem Absicherungskurs ist die Motivation des Anderen, der immer der Ferne ist. Nicht wir foltern, sondern der andere foltert, weil er böse ist, weil ihn seine Mutter geschlagen hat, weil ihn sein Vater vergewaltigt hat.
    Rasch haben wir uns mit einer These aus dem Staub gemacht, allzumal mit einer These, die uns außer Acht lässt. Wir kommen darin nicht vor. Wie sollten wir auch. Wir sind weder Opfer noch Täter, sind die stillen Beobachter, die sich in die Daunenkissen der vermeintlichen Gewissheit kuscheln.“
    Von hier.

    Da ist was dran; da ist mehr dran als an Adornos Satz vom richtigen Leben, das es ihm falschen nicht gäbe. Wobei gegen die Thesenbildung nur dann etwas einzuwenden ist, wenn sie nur ohne uns auskommt. Und weiter:

    „In »Reflexionen über Henker und Opfer« schreibt Bataille: »Es gibt in einer bestehenden Form moralischer Verurteilung eine kaum greifbare Form der Leugnung. Man sagt letztlich: Zu dieser Gemeinheit wäre es nicht gekommen, wenn es nicht Ungeheuer von Menschen gegeben hätte. Bei diesem Gewalturteil macht man einen Schnitt zwischen den Ungeheuern und dem Möglichen. Man klagt sie implizit an, die Grenze des Möglichen zu überschreiten, statt zu sehen, dass gerade ihre Überschreitung diese Grenze bestimmt.«

    „Wir tragen alle Möglichkeiten in uns, sind Henker und Opfer zugleich. Da sollte man nicht zu rasch vorüber eilen…“

    „Gutmenschen sind vielleicht die unehrlichsten Teufel unter allen höllischen Plagegeistern, also jene, die sich stets heraus nehmen, sich somit aller Menschlichkeit berauben.“ Das könnte man auch mal jemandem, der es verdient, unter die Nase reiben. Zum Nachdenken anregen würde es aber wohl nicht.

    „Die Möglichkeiten von Lebensläufen vereiteln schlicht den einen oder anderen Gang. Der eine endet am Kreuz, der andere schlägt die Nägel.“
  12. Gutmenschen als unheimliche Emergenz des Systems (welches System weiß ich gerade nicht: Internet, Kapitalismus, Moderne, Protestantismus oder was weiß ich.)

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