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Was auch noch gesagt werden könnte
g. | Dienstag, 15. Mai 2012, 06:55 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
Im Zusammenhang mit dem Gedicht von Günter Grass, das in fataler Weise als Katalysator für das Entweichen allerlei dumpfer Ressentiments diente, fiel mir eine Stelle bei Sebastian Haffner ein. Er beschreibt darin die Reaktionen auf die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler. Endlich habe ich sie gefunden:
„Jeder fühlte sich auf einmal bemüßigt und berechtigt, sich eine Meinung über die Juden zu bilden und sie zum besten zu geben. Man machte feine Unterscheidungen zwischen »anständigen« Juden und anderen; wenn die einen, gleichsam zur Rechtfertigung der Juden – Rechtfertigung wofür? wogegen? – ihre wissenschaftlichen, künstlerischen, medizinischen Leistungen anführten, warfen die anderen ihnen gerade dies vor: sie hätten Kunst, Wissenschaft, Medizin »überfremdet«. Überhaupt wurde es schnell üblich und populär, die Ausübung anständiger und geistig wertvoller Berufe den Juden als Verbrechen oder zum mindesten als Taktlosigkeit anzurechnen.“Aus diesem Anlass habe ich mir die Reaktionen in den Feuilletons anlässlich des Erscheinens der „Geschichte eines Deutschen“ nochmals vorgenommen. Man glaubt es kaum, aber es hat sich jemand bemüßigt und berechtigt gefühlt, die Echtheit der Erlebnisse zu bezweifeln.
( Haffner S. 146)
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