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Deutschland 1919/1
g. | Mittwoch, 7. Januar 2009, 09:56 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
3. Januar 1919
„Ich werde den Demokraten wählen. Harms u. Kopke sind für den Mehrheitssocialisten, sagen, die Liberalen hätten nie regieren können. Dem setze ich entgegen. Ein Liberaler kann nicht regieren. Denn er vertritt den Einzelnen u. regieren heißt in Masse denken. Aber ich mag mich nicht aufgeben. Der Proletarier fühlt sich als Glied der Masse, die Socialdemokratie vertritt ihn. Ich fühle mich als Individuum. Die Liberalen werden nicht zur Regierung kommen, aber sie werden hier u. da mildernd für den Einzelnen eintreten, wo der Regierende die Massen balanciert ... Der Liberale ist die Hefe im Kuchen.“Ja, ja, der Liberalismus und das Individuum, genauer gesagt: das Individuum als Fetisch. Soll man sich darüber lustig machen? Über die abstruse Entgegensetzung von Individuum und Masse? Über sein Bild vom Proletarier, der sich als Glied fühlt? Darüber, dass ein Einzelner, ein Individuum nicht vertreten werden kann, wenn man es konsequent zu Ende denkt? Es also gar nicht um das Eintreten für den Einzelnen gehen kann? Wie heißt es doch so schön bei den Pythons: „Wir sind alle verschieden!“ „Ja, wir sind alle verschieden!“ „Ich nicht!“ (Das Leben des Brian) Doch doch, ein bisschen darf und muss man sich darüber lustig machen.
(Victor Klemperer Tagebücher)
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