Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Bernward Vesper: Die Reise XVI
S. 305
Die Mutter:
„Einfacher Bericht: Der Fußboden bebte unter ihrem Gewicht. Die Scheiben des Gewehrschranks zitterten. Sie riß die Tür zum Arbeitszimmer ihres Mannes auf, ohne anzuklopfen. Während des Wortwechsels schloß sie die Tür nicht. Sie zog sich in ihren Salon zum Mittagsschlaf zurück und hängte ein Schild an die Tür: >Bitte nicht stören.< Sie trank Kaffee aus den bemalten Tassen der Berliner Porzellanmanufaktur. Sie teilte mit dem Messer die Gartenwege quadratisch ein. Jeden Nachmittag muß ein Quadrat mit zwei Zentimeter langem Gras gejätet werden. Sie jätet das Unkraut in den Beeten und leert den Korb auf den Weg. Sie robbt sich, auf einem Kissen knieend, Meter für Meter durch die Beete. Sie kann den Gartenschlauch nicht anschließen und ruft den Gärtner. Sie kommt ins Haus und wäscht sich die Hände und läßt das erdige Waschbecken zurück. Sie ruft die Mamsell zu sich. Sie korrigiert den Küchenzettel. Sie sitzt an ihrem Biedermeierschreibtisch und notiert die Ausgaben. Sie sitzt …“
Idealtypisches NS-Rollenklischee. Pendant zu Vater. Zwei Herrenmenschen in ihren jeweiligen Milieus.


Über ca. 20 Seiten werden dann die Erziehungsmethoden der Eltern geschildert. Vieles davon kenne ich von Schulfreunden, nicht aus eigenem Erleben.


Bei manchen Schilderungen kann man der Bedrückung selbst beim bloßen Lesen kaum entkommen. Protestantische Ethik ohne Gnade: Gewalt, Missachtung, Verachtung und Liebesentzug.

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