Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (17)
Dienstag 12 Juni 1. Teil

Auf Sizilien Urlaub machen und den Ätna nicht sehen? Geht natürlich nicht. Da der Ätna nicht so einfach zu erreichen ist, beschließen wir mit einer organisierten Tour uns den Berg anzusehen. Leider gibt es den Ausflug nur in Kombination mit der Besichtigung von Taormina.

Und leider gibt es den Ausflug nur in Kombination mit einer Reiseführerin, in unserem Falle eine Schweizerin, die mit einem Sizilianer verheiratet in Palermo lebt und ein Englisch spricht, das einem die Schuhe auszieht.
Sie gab den im Kleinbus anwesenden Touristinnen und Touristen eine Reihe nützlichster Tipps zum Italienaufenthalt. „Wenn yo gou tuh a Bar, först gou to se Käschier änd bai a Ticket for wot you wont. If yo wont a Kap off Koffie, täll se Kaschier: un espresso, senn gou wiss se Ticket tuh se Kaunter änd tell se Män ät se Bar, sätt you wont ei cafè lungo. Cafè lungo is a big Koffie änd not sou strong as normälly änd it is tschieper wenn yo bai a Koffie änd leiter tell sät yo want a Cafè lungo. If yu ask for ei Cafè lungo ät se Kaschier, it will kost you dabbel se Prais.“
Ja, stimmt. Kann man machen, ob es sich bei einem Durchschnittspreis von 2 € oder 2,50 € für einen Espresso lohnt, währe die eine Frage und ob man einen verdünnten Kaffee möchte, die andere.

Die dritte Frage wäre dann, warum mir im Bus immer wieder FBI Special Agent Fox William Mulder einfällt.

Na egal. Von den geschätzten Mitreisenden sind mir zwei in Erinnerung: der nette rumänische Riese bzw. sebiigmän wie unsere Reiseleiterin ihn in ihrem schönsten schwynglish nannte (schwynglish ist von sänglish wie es in den Durchsagen der Deutschen Bahn gepflegt wird und von schwänglish wie es der für Energie zuständige EU-Kommissar aufs Schönste zelebriert, zu unterscheiden. Anthony Waiwelday und Mischèl Schackson hatten wir ja bereits.) und die Tochter des Portugiesischen Ehepaars mit wild-bunt bemalten Fingernägeln. Die Nägel waren ca. 3 cm lang und zwangen die junge Frau ihre Hände leicht verkrampft auf ihrem Schoß zu drapieren. Natürliche Bewegungen kann man mit solchen Schaufeln nicht machen. Dann brechen die Dinger ab oder man verletzt sich oder andere. Edward mit den Scherenhänden schoss mir in den Kopf.

Treffpunkt war die Tankstelle in der Ortsmitte und natürlich kam der Kleinbus etwas zu spät. Kein Problem, nur nicht unruhig werden.

Zunächst düsen wir aber auf der Autobahn einmal quer durch die Insel bis in die Vororte von Catania. Pastafelder



und Orangenbäume



säumen die Straße. Wir machen einen Zwischenstopp in der Nähe von Enna.



Unsere schwynglish redende Begleiterin führte uns auf eine Autobahnraststätte, die so war wie die anderen Autobahnraststätten an europäischen Autobahnen: schlechtes Essen, lauwarme Getränke, die eigentlich heiß oder kalt sein sollten, ein unangenehmes Gedränge, genervte und gestresste Reisende und alles zu völlig überhöhten Preisen. Zuerst dachte ich: was soll der Scheiß? Man hätte genau so gut an einer der Abfahrten kurz von der Autobahn runter und in einer Bar im nächsten Ort etwas trinken und essen können. Mit unseren 10 Leuten im Bus wäre das kein Problem gewesen. Als ich dann sah, dass sie ihre Getränke in der Raststätte kostenlos erhielt, waren mir die Beweggründe für den Stopp in der Raststätte klar.
Ganz in der Nähe soll es einen Ort geben, in dem der Dolce von Dolce und Gabbana geboren ist. (Ob der Dolce als Kind wechen seinem Namen gehänselt wurde?) Je nun, nun ja.

Edwarda mit den Scherenhänden interessierte sich sehr für diese Information. Sie trug aber auch eine Guccisonnenbrille bzw. Guckisonnebrille wie meine Mutter die Brille genannt hätte, die auf den Bügeln (wahrscheinlich wurden die Brillenbügel aus diesem Grund so massiv gestaltet) in großen Lettern GUCCI zu stehen hatte. Solche Guccibrillen werden wahrscheinlich von Leuten gekauft, die nur Brillen kaufen auf denen für alle sichtbar ganz groß Gucci draufsteht, das sind dann Guccidraufstehsehtherichkannmirdasleistenbrillenkäufer und –käuferinnen. Je nun, nun ja.

Und da isser nu der Ätna in der Ferne zu sehen,



der Sitz von Hephaistos, dem kleinen, hässlichen, schreienden Sohn von Hera. Die ruhmreichsten Hinkefüße kriegen ja immer die schärfsten Weiber ab. Das ist aber ein anderes Thema.

(Quelle)

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nnier, Montag, 13. August 2012, 09:15
Also ich habe die Dame gut verstanden! Und einen Gucki hatten meine Großeltern auch, so nannten sie jedenfalls das kleine Gerät, in das man ein einzelnes Dia zum Betrachten stecken konnte.

(Einmal, in Marokko, mitten in der Wüste, steuerte der Reiseführer auch scheinbar sinnlos einen Ort an, an dem es Tee und Steine zu kaufen gab. Nach einiger Zeit verstand ich, dass wir hier nicht wegkommen würden, bevor genügend Steine gekauft worden waren. Seinen Tee musste der junge Mann jedenfalls nicht bezahlen.)

vert, Dienstag, 14. August 2012, 02:36
(ich bin auf diesem wege schonmal in der türkei an eine hübsche plästerne küchengrundausstattung gekommen - zum glück brauchte ich gerade eine!)

g., Dienstag, 14. August 2012, 06:55
Sie wollten nicht auf die nächste Tupperparty warten?

g., Dienstag, 14. August 2012, 07:01
Ein Ort an dem es Tee und Steine zu kaufen gab? Das speise ich jetzt mal in meinen Fantasiegenerator ein.

g., Dienstag, 14. August 2012, 07:09
Am Kleistpark in Berlin gibt es Autos und Weine.

vert, Dienstag, 14. August 2012, 23:12
in gergovia hingegen weine und kohlen.

(keine zeit. ich musste ja auch noch urlaub machen. kind of.)

sunny5, Dienstag, 14. August 2012, 04:36
An Scharfzüngigkeit mangelt es mir zuweilen nicht (Nicht immer, aber ... ). Nur, sind Sie tatsächlich ein hinkender Bote? :)

g., Dienstag, 14. August 2012, 06:53
Aber nein, es ist nur eine launige Anspielung auf den lahmen Schmiedegott, der mit der schönsten Frau der Antike, Aphrodite, vermählt wurde. Aphrodite hatte dann nix besseres zu tun als mit dem Kriegsgott ein Nümmerchen zu schieben. Diese griechischen Götter hatten’s ja nicht so mit der christlichen Moral. Da wartete die Frau nicht auf den Verführer.