Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Eheglück oder so
In der Bahn setzt sich ein älteres Ehepaar neben mich, der Mann sitzt direkt neben mir. Schon beim Einsteigen hörte ich, wie die Frau ihrem Mann etwas erzählt. Nachdem sie sich gesetzt hatten, ging es um eine Nachbarin, die zu einer anderen Nachbarin etwas gesagt hatte, worauf diese … usw. usf. Ein stetig dahin rieselnder Redefluss. Die Stimme kaum moduliert, aber mit lautem, schrillen Diskant. Die Erzählung wurde nicht direkt geschrien, lag aber dennoch etwas über dem erträglichen Maß, die Klangfärbung schepperte nicht direkt, hatte aber einen leichten ‚Überschlag‘, so wie ihn Pubertierende gelegentlich hören lassen. Kurz: so weit an der Schmerzgrenze, dass das Lesen und sei es nur ein Artikel von der letzten Seite (Vermischtes, Weltspiegel, oder wie eine Freundin von mir diese Rubrik nennt: Frauen, Pferde und Rentner), nicht möglich ist. Immer wird die Aufmerksamkeit gerade so weit angezogen, dass man eineinhalb Sätze zuhört, um dann gelangweilt wieder zu seiner Zeitung zurückzukehren. Der Mann neben mir schwieg beharrlich.

Das ging so zwei oder drei Stationen, dann fällt mir auf, dass sich ganz leise, undeutlich, im Hintergrund ein weiteres Geräusch dazu gesellt hatte. Neugierig hörte ich genauer hin: ein gleichmäßiges Atmen hatte sich unter die scheppernde Rede gelegt. Der Mann war eingeschlafen.

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