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Hans Karl Filbingers Beitrag zur Demokratie
g. | Montag, 21. Juni 2010, 07:10 | Themenbereich: 'so dies und das'
In Endingen glaube ich war es, aber das ist ja alles schon so lange her, und eigentlich ist es auch egal, auf jeden Fall in einer der Kleinstädte am Kaiserstuhl. In der Stadthalle war eine große Bürgerversammlung anberaumt worden, obwohl die Landesregierung von Baden-Württemberg das eigentlich für überflüssig hielt. Man war schließlich die Regierung und nur die Studenten wollten damals überall mitdiskutieren, aber wer nahm schon diese Protestler ernst?
Im Kaiserstuhl war man traditionell konservativ, man wählte CDU, mit den gottlosen Sozialdemokraten wollte man nichts zu tun haben. Der Landstrich lebte seit Jahrhunderten vom Weinanbau, blieb gerne für sich. Mit einem gewissen Misstrauen hatte man die Pläne zum Aufbau eines zweiten Ruhrgebietes in der Region zur Kenntnis genommen, aber solange es nicht direkt vor der eigenen Haustüre geschah, ließ man die in Stuttgart einfach machen.
In der Bürgerversammlung sollten die Bevölkerung über das neue Kernkraftwerk im nahen Örtchen Wyhl informiert werden. Da der Ministerpräsident Hans Karl Filbinger seinen Wahlkreis in der Nähe hatte, wollte er selber den Bürgern erklären, dass das Kernkraftwerk kein Problem sei und im Übrigen brauche man die Kernkraft, sonst würden in 20 Jahren die Lichter ausgehen und das wolle doch schließlich niemand. Damit die Protestler die Veranstaltung nicht stören, wurden mehrere Einsatzhundertschaften der Polizei, darunter die kampferprobten Göppinger, in das Städtchen beordert. Sie sorgten dafür, dass niemand, der nicht ortsansässig war, auch nur in die Nähe der Stadt kommen konnte. Hans Filbinger ging von einem Heimspiel aus, schließlich kannte er seine Wähler.
Dies Stadthalle war erst vor wenigen Jahren eingeweiht worden und die Bürger waren stolz auf sie. Langsam füllte sich der Saal an diesem Freitagabend. Einige waren direkt von der Arbeit gekommen und trugen noch Arbeitskleidung, die Meisten hatten aber ihren feinen Anzug angezogen, schließlich kam der Ministerpräsident.
Hans Karl Filbinger wurde vom Bürgermeister begrüßt, der Landrat sagte auch noch einige freundliche Worte und dann trat er ans Mikrofon. Salbungsvoll und inhaltsleer erklärte er den Weinbauern, dass das alles kein Problem sei und dass man schließlich hier unter sich sei und dass diese Protestler sowieso alles Kommunisten und Tagdiebe seien und dass man mit denen nichts zu tun hätte.
Einer der Bauern, ein großer schwerer Mann, dessen Wort in der Gemeinde etwas galt, stand nach der Rede auf und trat in den Gang. Hans Filbinger war überrascht, denn eine Aussprache war nicht vorgesehen. Eigentlich hatte er nur seine Rede halten und dann sofort im Anschluss wieder in seinen Dienstwagen steigen wollen, um nach Stuttgart zurückzufahren.
Der große schwere Mann stellte sich vor und sagte dann, sein Sohn, der Georg, würde in Freiburg studieren und der hätte ihm erzählt, dass durch die Kühltürme des Kraftwerkes der Rhein aufgeheizt würde und dass es dadurch vor allem im Herbst zu verstärkter Nebelbildung im Rheintal und eben auch am Kaiserstuhl käme. Nun wäre es so, dass sie hier vor allem Burgunder anbauen würden und der bräuchte nun mal viel Sonne und dass er vom Wein leben würde und wenn der Wein schlechter würde, dann wäre das natürlich nicht so gut.
Der Ministerpräsident erzählte ihm, dass das alles kein Problem sei und dass man sich doch nicht von den Studenten aufstacheln lassen solle. Die würden doch nur jeden Anlass aufgreifen, um ihr eigenes Süppchen zu kochen.
Der Mann war nicht überzeugt. Er hatte sehr schlechte Erfahrungen mit der Flurbereinigung gemacht. Damals hatten sie auch erzählt, das das alles kein Problem sei, vielmehr würde die Arbeit erleichtert werden. Nur der Wein, der war leider schlechter geworden. Als er eben ansetzte, um zu widersprechen, wurde ihm bedeutet, dass der Herr Ministerpräsident nun leider keine Zeit mehr habe und nach Stuttgart zurück müsse, aber der Ministerialdirigent Sowieso würde dableiben und alle noch offenen Fragen beantworten.
Ein Rumoren ging durch den Saal, Hans Filbinger packte seine Akten und stand auf.
Eine ganze Reihe von Leuten stand ebenfalls auf. Sie waren sauer. Was bildete sich dieser Kerl ein? Hielt hier eine Propagandarede und wollte dann einfach wieder abhauen?
Immer mehr Leute kamen nach vorne, Hans Filbinger sah sich nach seinen Begleitern um und wollte schnell weg aus dem Saal.
Eine alte Frau mit Kopftuch sprang auf, schwenkte ihren Stock über dem Kopf und brüllte in den Saal:
Dem Ministerpräsidenten wurde es ungemütlich. So schnell er konnte, verließ er mit seiner Entourage den Saal, während immer mehr Dörfler zu schreien anfingen.
Ich weiß nicht, was im Kabinett in der Folge diskutiert wurde, aber damals wurde auch der CDU klar, dass die Zeiten des Durchregierens vorbei war. Proteste und Bürgerinitiativen mussten Ernst genommen werden.
Im Kaiserstuhl war man traditionell konservativ, man wählte CDU, mit den gottlosen Sozialdemokraten wollte man nichts zu tun haben. Der Landstrich lebte seit Jahrhunderten vom Weinanbau, blieb gerne für sich. Mit einem gewissen Misstrauen hatte man die Pläne zum Aufbau eines zweiten Ruhrgebietes in der Region zur Kenntnis genommen, aber solange es nicht direkt vor der eigenen Haustüre geschah, ließ man die in Stuttgart einfach machen.
In der Bürgerversammlung sollten die Bevölkerung über das neue Kernkraftwerk im nahen Örtchen Wyhl informiert werden. Da der Ministerpräsident Hans Karl Filbinger seinen Wahlkreis in der Nähe hatte, wollte er selber den Bürgern erklären, dass das Kernkraftwerk kein Problem sei und im Übrigen brauche man die Kernkraft, sonst würden in 20 Jahren die Lichter ausgehen und das wolle doch schließlich niemand. Damit die Protestler die Veranstaltung nicht stören, wurden mehrere Einsatzhundertschaften der Polizei, darunter die kampferprobten Göppinger, in das Städtchen beordert. Sie sorgten dafür, dass niemand, der nicht ortsansässig war, auch nur in die Nähe der Stadt kommen konnte. Hans Filbinger ging von einem Heimspiel aus, schließlich kannte er seine Wähler.
Dies Stadthalle war erst vor wenigen Jahren eingeweiht worden und die Bürger waren stolz auf sie. Langsam füllte sich der Saal an diesem Freitagabend. Einige waren direkt von der Arbeit gekommen und trugen noch Arbeitskleidung, die Meisten hatten aber ihren feinen Anzug angezogen, schließlich kam der Ministerpräsident.
Hans Karl Filbinger wurde vom Bürgermeister begrüßt, der Landrat sagte auch noch einige freundliche Worte und dann trat er ans Mikrofon. Salbungsvoll und inhaltsleer erklärte er den Weinbauern, dass das alles kein Problem sei und dass man schließlich hier unter sich sei und dass diese Protestler sowieso alles Kommunisten und Tagdiebe seien und dass man mit denen nichts zu tun hätte.
Einer der Bauern, ein großer schwerer Mann, dessen Wort in der Gemeinde etwas galt, stand nach der Rede auf und trat in den Gang. Hans Filbinger war überrascht, denn eine Aussprache war nicht vorgesehen. Eigentlich hatte er nur seine Rede halten und dann sofort im Anschluss wieder in seinen Dienstwagen steigen wollen, um nach Stuttgart zurückzufahren.
Der große schwere Mann stellte sich vor und sagte dann, sein Sohn, der Georg, würde in Freiburg studieren und der hätte ihm erzählt, dass durch die Kühltürme des Kraftwerkes der Rhein aufgeheizt würde und dass es dadurch vor allem im Herbst zu verstärkter Nebelbildung im Rheintal und eben auch am Kaiserstuhl käme. Nun wäre es so, dass sie hier vor allem Burgunder anbauen würden und der bräuchte nun mal viel Sonne und dass er vom Wein leben würde und wenn der Wein schlechter würde, dann wäre das natürlich nicht so gut.
Der Ministerpräsident erzählte ihm, dass das alles kein Problem sei und dass man sich doch nicht von den Studenten aufstacheln lassen solle. Die würden doch nur jeden Anlass aufgreifen, um ihr eigenes Süppchen zu kochen.
Der Mann war nicht überzeugt. Er hatte sehr schlechte Erfahrungen mit der Flurbereinigung gemacht. Damals hatten sie auch erzählt, das das alles kein Problem sei, vielmehr würde die Arbeit erleichtert werden. Nur der Wein, der war leider schlechter geworden. Als er eben ansetzte, um zu widersprechen, wurde ihm bedeutet, dass der Herr Ministerpräsident nun leider keine Zeit mehr habe und nach Stuttgart zurück müsse, aber der Ministerialdirigent Sowieso würde dableiben und alle noch offenen Fragen beantworten.
Ein Rumoren ging durch den Saal, Hans Filbinger packte seine Akten und stand auf.
Eine ganze Reihe von Leuten stand ebenfalls auf. Sie waren sauer. Was bildete sich dieser Kerl ein? Hielt hier eine Propagandarede und wollte dann einfach wieder abhauen?
Immer mehr Leute kamen nach vorne, Hans Filbinger sah sich nach seinen Begleitern um und wollte schnell weg aus dem Saal.
Eine alte Frau mit Kopftuch sprang auf, schwenkte ihren Stock über dem Kopf und brüllte in den Saal:
„Hebet s’Filberle, hebet ‚s, es will nach hinten raus!“Sie rannte so schnell sie konnte, den Stock hoch über ihrem Haupte schwingend, zum Podium. Die Anderen folgten ihr.
Dem Ministerpräsidenten wurde es ungemütlich. So schnell er konnte, verließ er mit seiner Entourage den Saal, während immer mehr Dörfler zu schreien anfingen.
Ich weiß nicht, was im Kabinett in der Folge diskutiert wurde, aber damals wurde auch der CDU klar, dass die Zeiten des Durchregierens vorbei war. Proteste und Bürgerinitiativen mussten Ernst genommen werden.
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