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The Movie Star
g. | Montag, 14. Juni 2010, 06:47 | Themenbereich: 'Begegnungen'
Habe ich schon mal von meiner Karriere beim internationalen Film berichtet?
Ich glaube nicht, also frisch ans Werk:
Die ersten Erfahrungen mit der Filmkunst habe ich in Cusco, der alten Hauptstadt der Inkas gemacht. Das war zu der Zeit als ein rauchender Bundeskanzler noch nicht mit einer Anzeige belästigt wurde. Manche werden sich erinnern.
Wir waren gerade einige Tage aus Machu Picchu zurück, hatten uns schon etwas von unserer Wanderung erholt und beschlossen nach dem Abendessen noch in eine Kneipe zu gehen. Wir schlenderten durch die Gassen und nach einiger Zeit sahen wir eine Pinte, die mit dem verführerischen Schild „aqui Cusquena!“ um uns warb. Mit Erfolg! Nun ja, das Etablissement war eher für die zahlungskräftige Kundschaft aus dem Ausland eingerichtet, so eine Art peruanisch-bajuwarische Bierstube, aber das Bier war gut, die Kneipe gemütlich und warum sollte man sich nicht auch mal von Zeit zu Zeit mit anderen Touristen unterhalten?
Wir setzten uns, bestellten Bier und in kürzester Zeit füllte sich der Ausschank mit anderen Touristen aus aller Welt. Das Bier wurde in großen Steinkrügen serviert und mit einem freundlichen Nicken zum Kellner, bekam man ein weiteres hingestellt. Wir plauderten und tauschten Informationen, Geschichten und Eindrücke mit anderen Touristen aus. Es ging uns gut.
Nach ein oder zwei Stunden erschienen eine Gruppe junger Männer, in Schwarz gekleidet und bauten große Scheinwerfer auf. Einer der jungen Männer kam zu uns an den Tisch und fragte, ob wir in seinem Film mitspielen wollten? Eine Gage könne er leider nicht bezahlen, da er für das peruanische Tourismusministerium arbeite und die würden sehr schlecht bezahlen, aber eine Runde Bier könne er ausgeben. Ach ja, der Film, also der Film solle zeigen, wie wohl sich ausländische Touristen in Peru fühlen und dass wir keine Angst hätten, schon gar nicht vor dem sendero luminoso und dass das Reisen in Peru völlig ungefährlich sei. Damit hatte er zum größten Teil recht.
Und so sahen wir eine Stunde lang fröhlich und unbeschwert in Kameras, prosteten uns zu, „Viva Peru!“, und plauderten danach noch ein zwei Stunden mit dem Regisseur. Eigentlich würde er ja lieber einen kritischen Spielfilm machen (damals wollten alle Regisseure aller Länder kritische Spielfilme machen), aber leider sei der Markt hier in Südamerika für anspruchsvolle Filme und wir würden das ja vielleicht auch aus unserem Land kennen, aber egal, jetzt würde er eben diesen Werbefilm drehen, der alle Sehenswürdigkeiten Perus, die wundervolle Landschaft und die pittoresken Menschen zeige, was ja auch etwas sehr Schönes sei. Damit hatte er schon wieder recht. Aber, wenn wir ihm unsere Adressen gäben und es mit seinem Spielfilm doch noch etwas würde, hätte er sicher Verwendung für uns.
Ich habe nun die letzten 30 Jahre, wo immer ich die Gelegenheit hatte, mir Filme über Peru und seine Sehenswürdigkeiten angesehen, nur eine Szene mit fröhlich trinkenden Menschen, die mit ihren Bierkrügen anstoßen, die habe ich nicht entdecken können.
Einige Monate später kamen wir nach Rio de Janeiro, die erstaunlichste Stadt des Universums. Wir haben dann das gemacht, was jeder dort macht und eines schönen Spätnachmittages saßen wir in einer Bar am Strand, da gegenüber diesem spitzen kleinen Berg. Von der Bar aus konnten man „die, die in weißen Häusern wohnen“ beim alltäglichen Schaulaufen bewundern. Wir haben das gerne gemacht. Wenn man sich selbst an den Strand begibt, kommt man sich übrigens unbedeutend und hässlich vor.
Egal, wir tranken dieses inzwischen sehr berühmt gewordene Mixgetränk aus Zuckerrohrschnaps und Limettensaft. Es war eine eher preisgünstige Bar und so werden sie ihren Schnaps wohl von der nächsten Tankstelle (in Brasilien konnte man Schnaps tanken. Manche Brasilianer haben sich das Zeug in ihren Tank füllen lassen, andere gingen mit einer Coca Cola Flasche an die Tanke und haben sich ihre tägliche Ration nachfüllen lassen) geholt haben.
Wir saßen, glotzten und schwitzten, als uns ein Mann um die 40, ganz in schwarz gekleidet, ansprach. Ich kann kein Portugiesisch. Einzelne Worte kann ich mir über das Spanische und Französische erschließen. Er redete und redete und wurde immer aufgeregter und begeisterter. Ich verstand nichts. Aus dem Wortschwall tauchten immer wieder ‚Jesus’, ‚Strand’ und ‚telenovela’ auf. Was wollte der Mann?
Irgendwann hatte er in seinem Überschwang ein Einsehen und er sah sich um, entdeckte einen Bekannten, der als Übersetzter ausersehen wurde.
„God morning, how are you?“ sagte der Übersetzer.
“Fine, thank you. What can we do for you?”
“I am Rinaldo do Irgendwas and ...”
Er suchte nach Worten.
“How are you?”
Sein Kumpel lauschte aufgeregt den Übersetzungsbemühungen, gab detaillierte Anweisungen, was zu sagen wäre. Der Übersetzer nickte.
„Good Morning, how are you?“
„We’re still fine, but ...“
„I am ...“
Und so plätscherte die Nichtunterhaltung noch einige Minuten vor sich hin, der Übersetzer konnte außer ‚How are you’ und ‚Good morning’ leider keine weiteren englischen Sätze. Der schwarz gekleidete Mann redete weiter auf uns ein: ‚Jesus’, ‚praia, ‚telenovela’, ‚diretor’, ‚mulheres bonitos’. Ja nee, is ja klar.
Nach einiger Zeit dämmerte unserem diretor, dass die Englischkenntnisse seines Übersetzers nicht ausreichen, um uns verständlich zu machen, um was es eigentlich ging. Er bedeutete uns, dass er am nächsten Tag mit einem richtigen Übersetzer wieder kommen würde und ließ sich unsere Hoteladresse geben und wir verabredeten eine Termin in der Lobby.
Nun ja, er kam dann nicht und ich musste meine Träume begraben. Hin und wieder denke ich darüber nach, welche tragende Rolle ich im brasilianischen Fernsehen übernommen hätte.
So endete meine hoffnungsvolle internationale Filmkarriere.
Ich glaube nicht, also frisch ans Werk:
Die ersten Erfahrungen mit der Filmkunst habe ich in Cusco, der alten Hauptstadt der Inkas gemacht. Das war zu der Zeit als ein rauchender Bundeskanzler noch nicht mit einer Anzeige belästigt wurde. Manche werden sich erinnern.
Wir waren gerade einige Tage aus Machu Picchu zurück, hatten uns schon etwas von unserer Wanderung erholt und beschlossen nach dem Abendessen noch in eine Kneipe zu gehen. Wir schlenderten durch die Gassen und nach einiger Zeit sahen wir eine Pinte, die mit dem verführerischen Schild „aqui Cusquena!“ um uns warb. Mit Erfolg! Nun ja, das Etablissement war eher für die zahlungskräftige Kundschaft aus dem Ausland eingerichtet, so eine Art peruanisch-bajuwarische Bierstube, aber das Bier war gut, die Kneipe gemütlich und warum sollte man sich nicht auch mal von Zeit zu Zeit mit anderen Touristen unterhalten?
Wir setzten uns, bestellten Bier und in kürzester Zeit füllte sich der Ausschank mit anderen Touristen aus aller Welt. Das Bier wurde in großen Steinkrügen serviert und mit einem freundlichen Nicken zum Kellner, bekam man ein weiteres hingestellt. Wir plauderten und tauschten Informationen, Geschichten und Eindrücke mit anderen Touristen aus. Es ging uns gut.
Nach ein oder zwei Stunden erschienen eine Gruppe junger Männer, in Schwarz gekleidet und bauten große Scheinwerfer auf. Einer der jungen Männer kam zu uns an den Tisch und fragte, ob wir in seinem Film mitspielen wollten? Eine Gage könne er leider nicht bezahlen, da er für das peruanische Tourismusministerium arbeite und die würden sehr schlecht bezahlen, aber eine Runde Bier könne er ausgeben. Ach ja, der Film, also der Film solle zeigen, wie wohl sich ausländische Touristen in Peru fühlen und dass wir keine Angst hätten, schon gar nicht vor dem sendero luminoso und dass das Reisen in Peru völlig ungefährlich sei. Damit hatte er zum größten Teil recht.
Und so sahen wir eine Stunde lang fröhlich und unbeschwert in Kameras, prosteten uns zu, „Viva Peru!“, und plauderten danach noch ein zwei Stunden mit dem Regisseur. Eigentlich würde er ja lieber einen kritischen Spielfilm machen (damals wollten alle Regisseure aller Länder kritische Spielfilme machen), aber leider sei der Markt hier in Südamerika für anspruchsvolle Filme und wir würden das ja vielleicht auch aus unserem Land kennen, aber egal, jetzt würde er eben diesen Werbefilm drehen, der alle Sehenswürdigkeiten Perus, die wundervolle Landschaft und die pittoresken Menschen zeige, was ja auch etwas sehr Schönes sei. Damit hatte er schon wieder recht. Aber, wenn wir ihm unsere Adressen gäben und es mit seinem Spielfilm doch noch etwas würde, hätte er sicher Verwendung für uns.
Ich habe nun die letzten 30 Jahre, wo immer ich die Gelegenheit hatte, mir Filme über Peru und seine Sehenswürdigkeiten angesehen, nur eine Szene mit fröhlich trinkenden Menschen, die mit ihren Bierkrügen anstoßen, die habe ich nicht entdecken können.
Einige Monate später kamen wir nach Rio de Janeiro, die erstaunlichste Stadt des Universums. Wir haben dann das gemacht, was jeder dort macht und eines schönen Spätnachmittages saßen wir in einer Bar am Strand, da gegenüber diesem spitzen kleinen Berg. Von der Bar aus konnten man „die, die in weißen Häusern wohnen“ beim alltäglichen Schaulaufen bewundern. Wir haben das gerne gemacht. Wenn man sich selbst an den Strand begibt, kommt man sich übrigens unbedeutend und hässlich vor.
Egal, wir tranken dieses inzwischen sehr berühmt gewordene Mixgetränk aus Zuckerrohrschnaps und Limettensaft. Es war eine eher preisgünstige Bar und so werden sie ihren Schnaps wohl von der nächsten Tankstelle (in Brasilien konnte man Schnaps tanken. Manche Brasilianer haben sich das Zeug in ihren Tank füllen lassen, andere gingen mit einer Coca Cola Flasche an die Tanke und haben sich ihre tägliche Ration nachfüllen lassen) geholt haben.
Wir saßen, glotzten und schwitzten, als uns ein Mann um die 40, ganz in schwarz gekleidet, ansprach. Ich kann kein Portugiesisch. Einzelne Worte kann ich mir über das Spanische und Französische erschließen. Er redete und redete und wurde immer aufgeregter und begeisterter. Ich verstand nichts. Aus dem Wortschwall tauchten immer wieder ‚Jesus’, ‚Strand’ und ‚telenovela’ auf. Was wollte der Mann?
Irgendwann hatte er in seinem Überschwang ein Einsehen und er sah sich um, entdeckte einen Bekannten, der als Übersetzter ausersehen wurde.
„God morning, how are you?“ sagte der Übersetzer.
“Fine, thank you. What can we do for you?”
“I am Rinaldo do Irgendwas and ...”
Er suchte nach Worten.
“How are you?”
Sein Kumpel lauschte aufgeregt den Übersetzungsbemühungen, gab detaillierte Anweisungen, was zu sagen wäre. Der Übersetzer nickte.
„Good Morning, how are you?“
„We’re still fine, but ...“
„I am ...“
Und so plätscherte die Nichtunterhaltung noch einige Minuten vor sich hin, der Übersetzer konnte außer ‚How are you’ und ‚Good morning’ leider keine weiteren englischen Sätze. Der schwarz gekleidete Mann redete weiter auf uns ein: ‚Jesus’, ‚praia, ‚telenovela’, ‚diretor’, ‚mulheres bonitos’. Ja nee, is ja klar.
Nach einiger Zeit dämmerte unserem diretor, dass die Englischkenntnisse seines Übersetzers nicht ausreichen, um uns verständlich zu machen, um was es eigentlich ging. Er bedeutete uns, dass er am nächsten Tag mit einem richtigen Übersetzer wieder kommen würde und ließ sich unsere Hoteladresse geben und wir verabredeten eine Termin in der Lobby.
Nun ja, er kam dann nicht und ich musste meine Träume begraben. Hin und wieder denke ich darüber nach, welche tragende Rolle ich im brasilianischen Fernsehen übernommen hätte.
So endete meine hoffnungsvolle internationale Filmkarriere.
“You feel like Steve McQueen when you're driving in your carHarpo hieß der Sänger, das Lied dudelte damals aus allen Radios, Himmel hilf!
and you think you will look like James Bond when you're smokin' your cigar...”
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