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Georg Forster: Reise um die Welt 68
(Reise von Oster-Eyland nach den Marquesas – Aufenthalt im Haven Madre de Dios auf der Insel Waitahu – Reise von da über die flachen Inseln nach Tahiti)
(Reise von Oster-Eyland nach den Marquesas – Aufenthalt im Haven Madre de Dios auf der Insel Waitahu – Reise von da über die flachen Inseln nach Tahiti)
g. | Donnerstag, 21. Januar 2010, 07:04 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
“Einige fingen an, uns offenbar zu betrügen, und Nägel, wofür sie Brodfrüchte angebothen, zu sich zu nehmen, ohne die Früchte hernach abzuliefern. Der Capitain hielt es daher für nothwendig, sich und seyne Leute bey diesem Volk in Ansehen, die Betrüger aber in Furcht zu setzen! Zu dem Ende ließ er eine Muskete über ihren Kopf abfeuern. Der unerwartete Knall that die erwünschteste Würkung, sie reichten uns nemlich ganz bestürzt die Brodfrüchte entgegen, um welche sie uns zuvor hatten betrügen wollen. Einige kamen, nach dem Verkaufe ihrer Waaren an Bord, um zu gaffen und begafft zu werden. Als der Capitain Anstalt machte, mit meinem Vater ins Boot zu gehen, bemerkte der eine von ihnen, daß die große eiserne Stange, woran das Tau zum Aus- und Einsteigen befestigt ist, loß war. Auf einmal erhaschte er sie, sprang mit seiner Beute über Bord und schwamm, ihrer Schwere ohnerachtet, mit großer Leichtigkeit, nach seinem Canot, um sie da in Sicherheit zu bringen. So bald Capitain COOK, der eben ins Boot steigen wollte, diesen Diebesstreich erfuhr, befahl er, sogleich eine Muskete über den Kerl hinzufeuern, indeß er selbst mit dem Boote um das Schiff herumzukommen und sich der Stange wieder zu bemächtigen suchen wollte. Der Schuß geschah, der Wilde aber gerieth dadurch nicht aus seiner Fassung, sondern sahe vielmehr ganz unbesorgt um sich her. Der Capitain ließ also, indem er selbst vom Schiff abstieß, den zweeten Schuß, wiewohl mit eben so wenig Erfolg, thun. Ein Officier, der in diesem Augenblick aufs Verdeck kam, ward über die Verwegenheit des Indianers so aufgebracht, daß er nach einem Gewehre grif, und den Unglücklichen auf der Stelle todt schoß. Sobald er fiel, warf sein erschrockner Gefährte die eiserne Stange, durch welche dies Unglück veranlaßt worden, unverzüglich in die See; und der Capitain, der eben jetzt mit seinem Boote anlangte, kam in aller Absicht zu spät. Er mußte mit Betrübniß sehen, wie der andre Wilde das Blut seines erschoßnen Cameraden aus dem Canot in die See schöpfte, und hierauf mit den übrigen Canots dem Strande zu eilte. Die Wilden hatten uns nunmehr allesammt verlassen, und waren am Strande beschäfftigt, das Canot durch die Brandung, den todten Cörper aber ins Holz zu schleppen. Gleich nachher hörten wir trommeln und erblickten eine große Menge von Wilden, mit Speeren und Keulen bewaffnet, welcher Anblick uns vielmehr Gefahr zu drohen, denn Hoffnung zu Erfrischungen zu gestatten schien. Es war allerdings sehr zu bedauern, daß der unglückliche Jähzorn eines unsrer Mitreisenden, der noch dazu von dem wahren Verlauf der Sache nicht einmal recht unterrichtet war, dem Indianer unbilligerweise das Leben kostete. Die ersten Entdecker und Eroberer von Amerika, haben oft und mit Recht den Vorwurf der Grausamkeit über sich ergehen lassen müssen, weil sie die unglücklichen Völker dieses Welttheils nicht als nicht als ihre Brüder, sondern als unvernünftige Thiere behandelten, die man gleichsam zur Lust niederzuschießen berechtigt zu seyn glaubt. Aber wer hätte es von unsern erleuchteten Zeiten erwarten sollen, daß Vorurtheil und Übereilung den Einwohnern der Südsee fast ebenso nachtheilig werden würden? MAHEINE konnte sich der Thränen nicht erwehren, da er sahe, daß ein Mensch den andern wegen einer so geringen Veranlassung ums Leben brachte. Seine Empfindlichkeit ist für gesittete Europäer, die so viel Menschneliebe im Munde und so wenig im Herzen haben, warlich, eine demüthigende Beschämung.“(gaffen und begafft zu werden, der Wilde)
(Forster S. 519/20)
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