Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Mittwoch, 2. September 2009
Mein Nachbar, der Herr S.
kämpft aufopferungsvoll gegen die Obrigkeit und dies begab sich so: bei uns in der Straße wurde der Bürgersteig erneuert. Neue Bordsteine, neue Schweinebäuche, neue Berliner aus Grauwacke und neue Katzenköpfe in den Hofeinfahrten.
Die Bezirksverwaltung hatte entsprechend Parkverbotsschilder aufgestellt, damit die Firmen Schuttcontainer aufstellen und mit ihren kleinen Kränen die Bordsteine heraushieven können. Auch vor der Fahrschule. Aber das kann man mit Herrn S. nicht machen und so sah ich ihn, wie er munter die Schilder einige Meter versetzte.
“N’Abend, das könnte aber Ärger geben, wenn die Straßenbauer morgen früh ihre Steine abladen wollen.“
„Ah ja, und wer zahlt mir den Verdienstausfall?“
„Ich verstehe nicht?“
„Ist doch ganz einfach: hier stehen meine Fahrzeuge. Wenn die Kunden sehen, dass sie durch den Dreck laufen müssen, bleiben sie weg. Die Konkurrenz schläft nicht.“
„Ja schon, vielleicht, aber irgendwann muss die Straße doch gemacht werden?“
„Klar, schließlich habe ich den Baustadtrat lange Jahre angeschrieben, dass das nicht so weiter gehen kann. Wenn ich denke, wie glatt das im Winter ist, von den abgebrochenen Absätzen meiner Schüler ganz zu schweigen.“
„Äh, ja?“
„Aber doch nicht so!“
„Ich verstehe nicht?“
Inzwischen war ein Polizist in Sichtweite gekommen. Er rückte gelegentlich eine Absperrung gerade, verbreiterte eine Zugang zu einem Haus oder notierte sich etwas.
„Das bringt doch nix, jetze machen sie neue Steine rein, aber in ein paar Jahren ist das wieder genau so krumm und bucklig wie jetzt.“
„Nun, ich bin kein Straßenbauer, aber so weit ich weiß, muss der Sand zwar ein- oder zweimal verdichtet werden, dann ist aber auch gut.“
„Ich kann es beim Telefonieren hören. Mit diesen großen Rüttlern bringen sie das Haus zum vibrieren. Verdammt noch mal.“
Ich nickte dem Polizisten zu. Er grüßte zurück und stellte das Parkverbotsschild wieder an seinen ursprünglichen Platz.
„Was machen sie da?“ blaffte Herr S. los. „Eins kann ich ihnen sagen, wenn eines meiner Schulfahrzeuge ein Knöllchen bekommt, ist aber was los!“
„Wenn die Pflasterer morgen nicht an den Bordstein kommen, ist noch viel mehr los.“
„Sie können doch nicht die Schilder so aufstellen, wie es ihnen gerade passt.“
„Ich stelle ja auch keine Schilder auf, ich stelle sie nur an den Platz zurück, an dem sie vorgesehen waren. Ich kenne meine Pappenheimer.“
Heute versprach die Begegnung mit meinem Nachbarn amüsant zu werden.
Herr S. fixierte den Polizisten und redete sich in Rage.
„Sie glauben wohl, nur weil sie eine Uniform tragen, können sie mit den Bürgern umspringen wie sie wollen? Aber nicht mit mir!“
„Wissen sie, wie viel Steuern ich zahle?“ konterte der Polizist.
„Was? Ach papperlapapp, statt hier Verbotsschilder herum zu tragen, sollten sie ...“
„Richtig, wenn nicht immer jemand die Aufsteller versetzen würde, könnte ich mich um etwas anderes kümmern.“
Ich musste grinsen, Herr S. ärgerte sich und wollte zu einer längeren Rede, vermutlich über Bürokratie und ..., ansetzen.
„So ich muss dann mal weiter,“ sagte der Polizist, nickte mir zu und verschwand um die Ecke.
„Das war noch nicht das letzte Wort“, sagte Herr S. und wollte das Parkverbotsschild wieder versetzten. Der freundliche Polizist sah noch einmal kurz um die Häuserecke und sagte: „Das Schild bleibt wo es ist!“

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