Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Dienstag, 1. September 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 45
>(Aufenthalt im Haven O-Aitepieha auf der kleinen Halb-Insel O-Tahiti – Ankern in Matavai-Bay)
“Während daß wir uns in diesem Hause in diesem Hause allerseits ausruhten, fragte E-TIE (ETI) der dicke Mann, den wir für den vornehmsten Rath des Königs ansahen, ob wir in unserm Lande einen Gott (EATUA) hätten, und ob wir ihn anbetheten? (EPUHRE?) Als wir ihm antworteten, daß wir einen Gott erkennten, der alles erschaffen habe, aber unsichtbar sey, und daß wir auch gewohnt wären, unsre Bitten und Gebethe an ihn zu richten, schien er höchlich darüber erfreuet und wiederholte es mit einigen, vermuthlich erläuternden, Zusätzen gegen verschiedene von seinen Landesleuten, die zunächst um ihn saßen. Hierauf wandte er sich wieder gegen uns und sagte, so viel wir verstehen konnten, daß seiner Landsleute Begriffe mit den unsrigen in diesem Stück übereinstimmten. Und in der That läßt sich aus mehreren Umständen abnehmen, daß dieser einfache und einzige richtige Begrif von der Gottheit, in allen Zeiten und Ländern bekannt gewesen ist, und daß jene verwickelten Lehrgebäude von ungereimter Vielgötterey, die man fast bey allen Völkern der Erden angetroffen hat, nur der Kunstgriff einiger verschlagener Köpfe gewesen, die ihr Interesse dabey fanden dergleichen Irrthümer allgemein zu machen. Herrschsucht, Wollust und Faulheit scheinen dem zahlreichen Haufen der heidnischen Pfaffen den teuflischen Gedanken eingegeben zu haben, den Geist der Völker durch Aberglauben zu fesseln und zu blenden. Es ist ihnen auch nicht schwer geworden, diesen Entwurf durchzusetzen, weil der Mensch von Natur so sehr zum Wunderbaren geneigt ist, und eben diese Neigung ist Schuld daran, daß jene damit übereinstimmende Vorurtheile sich so fest und so tief in die Systeme menschlicher Kenntniß hineingeschlungen hatten, daß sie bis auf diesen Augenblick noch in Ehren gehalten werden, und daß der größte Theil des menschlichen Geschlechts sich in DEM Punkt noch immer auf die gröbste Weise blindlings hintergehen läßt.“
(Forster S. 285/6)
Monotheismus als Norm, Polytheismus als Betrug. Nach modernem Verständnis ist die polynesiche Religion von Totemismus, Animismus und Ahnenkult geprägt.

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