Fundstücke 14.KW bis 23.KW
g. | Freitag, 11. Juni 2010, 08:12 | Themenbereich: 'Fundstuecke'
kluges und interessantes:
Johann Peter Hebel: Denkwürdigkeiten aus der Provinz
Elizabeth Lunday: "Die großen Künstler und ihre Geheimnisse"
Richard David Precht: Kolumnen bei WestArt
Der Tauss-Prozess: Die Berichterstattung via lawblog
Olivier Roy: Heilige Einfalt. Ende der Religiosität? (Rezension)
Elmar Altvater: Marx neu entdecken
Das Bundesverfassungsgericht zur Meinungsfreiheit via Lawblog
amüsantes:
Klaus Bittermann: Bischof Mixa; Philipp Freiherr von und zu Guttenberg; Wiese, Tim
Ambros Waibel über Berlin und München: „Ja, der Berliner aller Schichten und Altersklassen ist der Provinz sehr wohlgesinnt“
Erwin Einzinger: Von Dschalalabad nach Bad Schallerbach (Ich mag ja so feine Komödien)
Erwin Einzinger Homepage
Engelmann und Captain Analpho
Krullestaart und Snorrebaard
Leseliste:
Richard Brautigan Englisch
Richard Brautigan Deutsch
Norbert Abels: Ohrentheater. Szenen einer Operngeschichte, Frankfurt: Axel Dielmann Verlag.
Susan Sonntags Tagebücher
Anatol Chari / Timothy Braatz: Undermensch. Mein Überleben durch Glück und Privilegien. dtv, München 2010
Neue Wörter:
Sie schmeißen hier den typischen „bäh! ne du“ rein.
Laberfürst („von nichts ne Ahnung haben – aber immer große Fresse!“)
amüsantes:
Leseliste:
Neue Wörter:
jean stubenzweig,
Freitag, 11. Juni 2010, 09:51
München – Berlin
«Daß man aber die ganze Stadt ein neues Athen nennt, ist, unter uns gesagt, etwas ridikül, und es kostet mich viele Mühe, wenn ich sie in solcher Qualität vertreten soll. Dieses empfand ich aufs tiefste in dem Zweigespräch mit dem Berliner Philister, der, obgleich er schon eine Weile mit mir gesprochen hatte, unhöflich genug war, alles attische Salz im neuen Athen zu vermissen.
‹Des›, rief er ziemlich laut, ‹gibt es nur in Berlin. Da nur ist Witz und Ironie. Hier gibt es gutes Weißbier, aber wahrhaftig keine Ironie.›
‹Ironie haben wir nicht›, rief Nannerl, die schlanke Kellnerin, die in diesem Augenblick vorbeisprang, ‹aber jedes andre Bier können Sie doch haben.›»
Heinrich Heine, Reisebilder. Von München nach Genua, an mich adressiert von Hans Pfitzinger selig.
‹Des›, rief er ziemlich laut, ‹gibt es nur in Berlin. Da nur ist Witz und Ironie. Hier gibt es gutes Weißbier, aber wahrhaftig keine Ironie.›
‹Ironie haben wir nicht›, rief Nannerl, die schlanke Kellnerin, die in diesem Augenblick vorbeisprang, ‹aber jedes andre Bier können Sie doch haben.›»
Heinrich Heine, Reisebilder. Von München nach Genua, an mich adressiert von Hans Pfitzinger selig.
jean stubenzweig,
Freitag, 11. Juni 2010, 21:59
Danken muß ich
mal wieder für Ihre Leseempfehlungen. Einiges kannte ich bereits, den Tauss-Prozeß hatte, habe ich bei mir empfohlen, wenn auch, wie alles bei mir, ziemlich versteckt. Dann, ach – daß Sie Brautigan anraten, ich kniee nieder. Und über Ihren Precht-Hinweis bin ich wieder an Joseph von Westphalen erinnert worden, was eigentlich geahndet werden müßte. Den empfand ich nämlich immer mehr als lesbar. Also gehe ich morgen auf den Dachboden, zum Bücherkistenkramen. Auch nach dem konföderierten General aus Big Sur und weiterem werde ich suchen, was mich mit Sicherheit wieder so erheitern wird, wie das in den Achtzigern der Fall war, als Günther Ohnemus Brautigan übersetzte und dessen Bücher in seinem eigens dafür gegründeten Winzling-Verlag herausbrachte.
g.,
Samstag, 12. Juni 2010, 07:20
Und einen Dank zurück, jetzt musste ich doch noch mal schnell an meinen Bücherschrank und dann die Suchmaschine anwerfen: „Warum ich Monarchist geworden bin“ Zwei Dutzend Entrüstungen. Joseph von Westphalen ist in der Tat gut lesbar.
jean stubenzweig,
Samstag, 12. Juni 2010, 12:09
Ganz fein. Aktuell
ist es obendrein gewissermaßen. Folgendes habe ich meinem Archiv entnommen, aus dem Vorwärts spezial (das monatlich beiliegende Magazin), für den ich eine Zeitlang Randnotizen zu literarischen Geschehnissen geschrieben habe:
Auch Joseph von Westphalen gehört zu der Fakultät der ewigen «Nörgler». Allerdings hat er die von vielen Politikern so herbeigesehnten 50er Jahre tatsächlich in den 80ern entdeckt. Und er ergeht sich, quasi der Forderung von Arno Schmidt entsprechend, mit seinen in ‹Westermanns Monatshefte› und ‹Transatlantik› erschienenen Entrüstungen wahrhaftig nicht in faden Gleichnissen.
Auch er hadert mit den Bonner Bratenrockträgern: «Es hat sich eine besondere Art von wohlgelaunter Großmäuligkeit eingeschlichen ein feixendes, dröhnendes Tölpeltum, eine so perfide Art, der Menge selbstgefällig zuzuwinken, die jedes Maß des Erträglichen übersteigt. Daß diese Menschen Deutschland aufwärts führen würden, das hatte die Mehrheit offenbar tatsächlich geglaubt.»
Und dieser Mehrheit wünscht er: «Überhaupt sollten die Gastarbeiter ins Kabinett. Die sehen besser aus und sprechen ein klareres Deutsch als das, was man zur Zeit aus Bonn zu hören bekommt.» Dann, so schreibt er, würde er mit Freuden zur Wahlurne gehen.
Einen Türken als Postminister schlägt er vor, einen Griechen als Familienminister und eine Jugoslawin als Minister der Verteidigung. Warum nicht einen 40jährigen, der sich selbst (auch) als Nationalist bezeichnet, als Bundespräsidenten: Joseph von Westphalen?
Warum ich Monarchist geworden bin. Zwei Dutzend Entrüstungen.
Haffmans, 128 Seiten
Vorwärts spezial Nr. 5, 1985, S. 15
Auch Joseph von Westphalen gehört zu der Fakultät der ewigen «Nörgler». Allerdings hat er die von vielen Politikern so herbeigesehnten 50er Jahre tatsächlich in den 80ern entdeckt. Und er ergeht sich, quasi der Forderung von Arno Schmidt entsprechend, mit seinen in ‹Westermanns Monatshefte› und ‹Transatlantik› erschienenen Entrüstungen wahrhaftig nicht in faden Gleichnissen.
Auch er hadert mit den Bonner Bratenrockträgern: «Es hat sich eine besondere Art von wohlgelaunter Großmäuligkeit eingeschlichen ein feixendes, dröhnendes Tölpeltum, eine so perfide Art, der Menge selbstgefällig zuzuwinken, die jedes Maß des Erträglichen übersteigt. Daß diese Menschen Deutschland aufwärts führen würden, das hatte die Mehrheit offenbar tatsächlich geglaubt.»
Und dieser Mehrheit wünscht er: «Überhaupt sollten die Gastarbeiter ins Kabinett. Die sehen besser aus und sprechen ein klareres Deutsch als das, was man zur Zeit aus Bonn zu hören bekommt.» Dann, so schreibt er, würde er mit Freuden zur Wahlurne gehen.
Einen Türken als Postminister schlägt er vor, einen Griechen als Familienminister und eine Jugoslawin als Minister der Verteidigung. Warum nicht einen 40jährigen, der sich selbst (auch) als Nationalist bezeichnet, als Bundespräsidenten: Joseph von Westphalen?
Warum ich Monarchist geworden bin. Zwei Dutzend Entrüstungen.
Haffmans, 128 Seiten
Vorwärts spezial Nr. 5, 1985, S. 15