Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Freitag, 13. Januar 2012
Schnipsel
  1. „Veganer argumentieren ethisch-politisch und führen Gesundheit, Umweltschutz, Speziesismus oder Tierschutz als Gründe für die Entscheidung zu ihrer Lebensweise an. Der Veganismus (eine Ernährungsweise, die Produkte vermeidet, die aus jeglicher Art der Ausbeutung von Tieren stammen, wie Honig, Leder, Kosmetika, die an Tieren getestet wurden, etc.) stellt bestimmte Prinzipien der kapitalistischen Gesellschaft infrage und eröffnet verschiedene Möglichkeiten, diese von innen zu verändern.“

    Nö, tut er nicht der Veganismus, er argumentiert gerade nicht ethisch-politisch, sondern rein ethisch, genauer noch: abstrakt ethisch, also keineswegs human und deshalb stellt er bestimmte Prinzipien der kapitalistischen Gesellschaft auch nicht in Frage und keineswegs eröffnet er und schon gar keine verschiedenen Möglichkeiten, diese herrje von innen zu verändern.

    Vielleicht mal im Einzelnen: Das Problem ist ja schon die kapitalistische Gesellschaft, denn: was soll das sein? Es gibt eine bürgerliche Gesellschaft (die so heißt weil die Bürger für sie prägend ist, davor gab es eine Ständegesellschaft), die kapitalistisch produziert bzw. in der ein kapitalistische Produktionsverhältnisse herrschen. Na okay, mit etwas gutem Willen kann man das noch durchgehen lassen, sagen wir einfach der Verfasser wollte von einer kapitalistisch produzierenden Gesellschaft sprechen. Dann kommt man aber mit der Behauptung, dass bestimmte Prinzipien dieser Gesellschaft durch den Veganismus in Frage gestellt würden, ins Unterholz: welche Prinzipien mögen das sein? Der kapitalistischen Produktionsweise oder kurz Kapitalismus genannt, ist es eigentlich völlig Wurst, ob Grünzeug oder Fleisch produziert wird, hauptsächlich es kommt mehr und immer mehr Kohle dabei heraus. Ob der Kapitalismus Natur in Form von Viechzeug oder Pflanzen, ob er Land oder Luft verzehrt, ist ihm, wenn er denn jemand wäre völlig wumpe. Hauptsache die Kohle landet an der richtigen Stelle. Ob Sojaschnitzel oder Soylent Green oder ein beliebig anderes moralisch hochstehendes oder moralisch degoutantes Produkt, ob Atomrakete oder veganes Katzenfutter, Mehrwert ist Mehrwert. Und damit erübrigt sich auch, die weiteren Behauptungen näher zu betrachten. Veganismus hat mit Emanzipation oder Veränderung von Gesellschaft nur insofern zu tun, als das einige Menschen (nach Auffassung der Veganer perspektivisch alle) auf Tierprodukte verzichten. Ein Produktionsverhältnis wird damit nicht in Frage gestellt und für den Naturschutz (bei dem geht es nämlich um die Beziehungen der verschiedenen Spezies insgesamt) ist wenig bis nichts gewonnen.
  2. Denn in Wirklichkeit ist Silvester ein riesiges Sozialexperiment der totalen Durchmischung. Alle Clubs, Kneipen und Restaurants versuchen die Leute auf ihre Partys zu bekommen. … Das wiederum führt aber zu einer extrem volatilen, von Komplexität überfrachteten Kontingenz. … Die Brownsche Molekularbewegung der Welt erhöht sich, bis die Gesellschaft zur Wolke diffundiert. … Die Komplexität steigt und zermalmt immer neue überkommene Ordnungsschemata. … Wir müssen jetzt anfangen, die neue Welt zu imaginieren. Es ist alles so wahnsinnig spannend und die Möglichkeit, sich einzubringen, wird immer größer.”

    Whow! Wie kann man nur solche Sätze schreiben? In großer Wirrnis?

  3. "Ich bin auf dem Weg zum Emir" Christian Wulff und nicht etwa Karl May, zu Diekmanns Mailbox.
  4. "Die Darwinisten machten aus Darwin ein ähnliches Gespenst wie die Marxisten aus Marx." - Richard David Precht Ja.
  5. Was denn tatsächlich bei Karl Marx und Friedrich Engels über die „Verelendungstheorie“ steht, wäre auch mal zu recherchieren.

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Mittwoch, 11. Januar 2012
Sternstunden des Dialogs 2: Kurz und Kürzer

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Freitag, 23. Dezember 2011
Den geneigten Leserinnen und Lesern
wünsche ich segensreiche Weihnachten und ein entspanntes Neujahrsfest.



Entschuldigen Sie die Masse an Lesestoff in den Fundstücken, aber über die Feiertage ...

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Die Lust am Untergang
Hatte ich schon mal auf Robert Misik hingewiesen?
Ja? Na gut, doppelt hält besser:

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Mittwoch, 21. Dezember 2011
Schnipsel
  1. Es ist ein großes Vergnügen sich selbst zu widersprechen. Vielleicht sollte ich mir ein Zweitich anschaffen? Das muss dann aber auch ausreichen!
  2. The next big thing nach diesem Internet dürfte die Nanotechnologie sein. (Okay, ein publikumswirksamer Hype wird es wohl nicht werden.)
  3. Westerwelle beherrschte meisterhaft das Ansprechen rechtskonservativer Milieus ohne gemäßigtere Schichten zu verprellen. Sein Pech war, dass das nur in der Opposition funktioniert. In der Regierung muss man Entscheidungen treffen und Klientele bedienen. Das hat er nicht begriffen. Und der Nachfolger?
  4. Der Hungerstreik in Bischofferode war ein völlig anderer symbolischer Akt als die Betriebsbesetzung in Rheinhausen oder Hennigsdorf. Diametral entgegengesetzt.
  5. Parteitag der Grünen in Kiel: „Doch der Weg, griechische und spanische Probleme als europäische Innenpolitik statt als deutsche Außenpolitik zu begreifen und dies gerade in der europäischen Krise zu propagieren, führt weiter.“ Ja, das muss man den Grünen positiv anrechnen. Mal sehen, ob es auch in einer Regierung Bestand hat.
  6. Die Rechten haben bislang als einzige politische Strömung eine große Erzählung von Europa (Mythos): christlich, Bollwerk gegen die Moslems, Aufklärung etc. Müsste man dem nicht mal etwas entgegensetzen? Eine eigene Erzählung?
  7. Als areligiöser Mensch kann ich mit Metaphysik wenig anfangen, ich sehe aber die Verzweiflung.
  8. Wovor ich mich sehr fürchte, ist, in einer ausweglosen Situation von einem Pfaffen belästigt zu werden. Ich möchte in Frieden sterben.
  9. Überhaupt: wieso glauben religiöse Menschen eigentlich, Experten in Sachen Not und Sterben zu sein?
  10. „rohe Bürgerlichkeit“ (Wilhelm Heitmeyer) und krawallige Besinnlichkeit gehören auch in einer Weise zusammen, die einen zweiten Gedanken Wert ist. Komplementär?

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Montag, 19. Dezember 2011
Braucht man unbedingt zu Weihnachten
den Portionierer und fliegendes Rasenmäher natürlich auch.

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Donnerstag, 15. Dezember 2011
Schnipsel
  1. Labskaus soll in Hamburger Kneipen von Gästen und Personal ja schon mal Kellnerkotze genannt werden. Das sind aber sicher nur böswillige Menschen.
  2. Das Abfackeln von Autos und das Plündern von Geschäften gehört nicht zu den erhabensten Mitteln des politischen Diskurses. Ob in GB trotzdem jemand etwas daraus lernen will?
  3. Im Himmel ist Jahrmarkt und die Weihnachtsmärkte sind die Hölle.
  4. Toleranz bedeutet ja, dass man etwas duldet, was eine Last ist. Respekt aber bedeutet Anerkennung. Sind Religionen nun zu tolerieren oder zu respektieren?
  5. Setzkastenfeminismus: vielleicht trifft dieser Ausdruck am Ehesten was ich meine.
  6. „zu viel Nachdenken ist immer nur im Interesse der aktuellen Machthaber“ meinte jemand letztens in diesem Internet da, da fällt mir jetze auch nix mehr zu ein.
  7. Das Abfackeln von Flüchtlingsheimen und das Hören von black music passen offenbar problemlos zusammen.
  8. Wobei dann noch zu fragen wäre, was denn das Schwarze in black music sein soll. Jazz aus dem Senegal wird ja auch nicht so bezeichnet. Black wären dann einige Stilrichtungen afroamerikanischer Musik?
  9. Wasserstandsmeldung: mit dem Agathon und den Abderiten bin ich durch, zurzeit kämpfe ich mit den Texten zu oder eher gegen Rousseau.

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Dienstag, 13. Dezember 2011
Georg Stefan Troller zum 90. Geburtstag
Schon in den 60ern und vor allem in den 70ern habe ich kaum eine seiner Reportagen versäumt. Es waren Nachrichten aus einer anderen Welt, eine Art des Umgangs mit Unbekanntem, die mich immer gefesselt hat.

Berühmt waren seine Pariser Geschichten und natürlich seine Porträts, hier ein Ausschnitt des Interviews mit Edith Piaf:


Später dann die Personenbeschreibungen:



Ein Interview von Gero von Boehm:




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Donnerstag, 8. Dezember 2011
vom Zauber des seitlich dran vorbeigehens ...

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Mittwoch, 7. Dezember 2011
Internetgewese
Ich hab mal ein bisschen bei den Internetenthusiasten herum gelesen:
  1. Sollte man von „digitaler Vernetzung“ sprechen, wenn Menschen miteinander reden oder sich schreiben? Das Internet tut ja nix, es ist das Medium, in dem Menschen das tun. Sollte man dabei von „Sphäre“ reden? Wenn auf einem Marktplatz Wurst und Gemüse und billige Klamotten verkauft werden, Kunden und Händler ihre Gespräche führen, Passanten sich über andere Passanten lustig machen, Herr A. Herrn B. etwas über die Erlebnisse der letzten Woche erzählt, sich zwei Leute beschimpfen und ein Dritter versucht mäßigend einzuwirken, sollte man das dann eine „Sphäre“ nennen oder ist das nur metaphysisches Geschwätz?
  2. „Das Internet ist Geburtsort und Lebensraum der Kommunikationsgesellschaft und somit Chiffre für einen Epochenwandel“ Schon wenn ich mir den Geburtsort einer Gesellschaft vorstellen soll, wird’s mir so … da mag ich dann den Lebensraum dieser Gesellschaft schon nicht mehr nachphantasieren. War da noch was? Ach ja die „Chiffre“ (von arabisch sifr „leer, Null“) und der Epochenwandel. Welche Epoche wandelt sich denn da?
  3. „Die Hierarchie zwischen Sender und Empfängern ist im Netz bekanntlich aufgehoben“ las ich kürzlich und dachte spontan: ist das denn so? Warum gehen dann so viele Leute zu SPON ( „Unser täglich SPON gib uns heute“ ) oder Telepolis? Wer eine Vorgabe macht bestimmt in gewissem Umfang den Tenor, da beißt die Maus keinen Faden ab. Wer schreibt sendet und wer liest empfängt.
  4. Und weiter „Jede Meinung verhilft sich zu ihrem Recht, öffentlich oder halböffentlich geäußert zu werden.“ Öffentlichkeit ist der Gegenbegriff zum Privaten (eigentlich umgekehrt, aber das ist andere Debatte) und setzt eine breitere Wahrnehmung, einen Focus auf etwas voraus. Gespräche am Stammtisch wurden in der guten alten Zeit nicht zur Öffentlichkeit gezählt. Am Stammtisch wurden die Absprachen getroffen, die dann später auf der öffentlichen Gemeinderatssitzung nicht mehr diskutiert wurden. Gegenöffentlichkeit war der Versuch dem etwas entgegen zu setzen. Das hat nie wirklich gut funktioniert. „Das Gegen- braucht heute kein Mensch mehr.“ Und zwar weil angeblich jeder ins Internet hineinschreiben kann. Ich weiß ja nicht, ich weiß ja nicht, im Netz konstituiert sich doch keine Öffentlichkeit, zumindest nicht in dem Verständnis wie ich es oben angedeutet habe. Wenn viele reden und alle von etwas anderem und sich keiner wirklich für die Überlegungen der anderen interessiert, ist doch keine Öffentlichkeit hergestellt, sondern bestenfalls eine Stimmung ablesbar. Die Öffentlichkeit 2.0 ist keine. Sie müsste erst hergestellt werden.
  5. Und ob es zu wenig Meinungen in und ausserhalb des Netzes gibt und gab, wäre dann auch noch mal so eine Frage.
  6. dass Technologien per se einen emanzipativen Impetus hätten wäre mir auch neu.
  7. Über das Automatengewese hatten wir uns ja schon in diesem Blog unterhalten.

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