Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Mittwoch, 6. Januar 2010
Sprachspiele 4
Das Anagramm, auch Letterwechsel oder Letterkehr genannt, stellt die einzelnen Buchstaben eines Wortes so um, dass ein veränderter Sinn entsteht. Der Vater aller Anagramme ist Lykophron aus Chalkis (* um 320 v. Chr.; † nach 280 v. Chr.).
“Mit einer Silbe ist’s abgetan;
Was ist es? Flügel hat’s am Leib,
Mit einem a ist es ein Mann,
Mit einem u ist es ein Weib.“
(Friedrich Rückert)

Unica Zürn (* 6. Juli 1916 in Berlin-Grunewald als Nora Berta Unica Ruth Zürn; † 19. Oktober 1970 in Paris), Schriftstellerin und Zeichnerin hat u.a. Anagramm-Gedichte geschrieben.

Oskar Pastior (* 20. Oktober 1927 in Hermannstadt, Siebenbürgen; † 4. Oktober 2006 in Frankfurt am Main), schrieb Anagramme zu Baudelaire (Speckturm. 12x5 Intonationen zu Gedichten von Charles Baudelaire ).

Und als Zugabe einen Anagrammgenerator.

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Montag, 14. Dezember 2009
Sprachspiele 3
Als Homonym oder Äquivokation, Gleichlauter, bezeichnet man Wörter, die bei unterschiedlicher Bedeutung eine gleiche oder ähnliche Lautgestalt haben.
Das Spiel vom Teekesselchen werden sie kennen.
Fühmann hat ein sehr schönes Homonym von Friedrich Schleiermacher ausgegraben:
Getrennt mir heilig,
Vereint abscheulich.
Als rhetorische Figur nennt man das dann Kolligation und in anderen Sprachen barbart es gelegentlich.
Und das Gegenteil gibt es natürlich auch: Paronym.
Und zu guter Letzt ein verwaistes Blog über Homonyme.

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Freitag, 11. Dezember 2009
Naslöcher VI: Der Charlottenburger
Die Charlottenburger Fuhrleute, so erzählt man sich, seien im 18. Jahrhundert berühmt gewesen für ihre außerordentliche Grobheit und Ungehobeltheit. Sie hätten mit dem Daumen ein Nasloch verschlossen, um dann mit Vehemenz den Inhalt des anderen auf das Pflaster zu prusten. Diese Form der Erleichterung heißt heute noch ‚Charlottenburger’.

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Mittwoch, 25. November 2009
Kauende Elefanten
beruhigen mich. Deshalb guck ich mir nach der Arbeit ganz gerne mal einen Tierfilm an, die beiden spitzohrigen Mitbewohner brummend über mir. Danach ab in die Küche zum kochen und dann ist Feierabend und ich bin runter vom Strom.
Ist ihnen schon mal aufgefallen, dass man immer nur Afrikanische Elefanten kauend herumstehen sieht? Indische Elefanten leben im Wald, um sie zu filmen müsste man einigen Aufwand treiben, Afrikaner stehen in der Savanne herum, man kann sie offenbar leicht vom Jeep aus filmen, wenn man eine Tier’dokumentation’ zusammenholzt. Aber lassen wir das.
Neben den kauenden Elefanten müssen immer auch kämpfende Löwen in so einer Tierdokumentation vorkommen und ebenso unvermeidlich ist der Hinweis auf den Ausdruck
“Er kämpfte wie ein Löwe“.
Auweia! Warum fällt keinem Sprecher auf, dass Löwen nicht wie Löwen kämpfen?
Als Experte auf diesem Gebiet muss ich ihnen sagen: Löwen kämpfen wie Mädchen!
Zuerst imponieren, also in der Savanne herumbrüllen bzw. zurückbrüllen, dann auf Abstand fixieren und dann los und mit beiden Händen bzw. Pfoten auf das Gesicht der Gegnerin bzw. des anderen Katers einhauen. So kämpfen Löwen.
Allerdings habe ich noch nie Mädchen so kämpfen gesehen.
In Vorabendserien sieht man gelegentlich Tunten (gibt es eigentlich einen nicht abwertenden Ausdruck für die Abteilung der Freunde der gleichgeschlechtlichen Liebe, die ihr Verhalten eher an „Weiblichem“ ausrichten?) so kämpfen, meist aus Eifersucht.
Allerdings habe ich im richtigen Leben auch noch nie Schwule so kämpfen gesehen.
Wenn ein Löwe wie ein Löwe kämpft, kämpft er nicht, er will töten. Meist liegen die Kater ja faul in der Gegend herum während die Damen jagen oder Kinder erziehen, nur wenn eine Gefahr für das Rudel droht, etwa durch Hyänen, bequemt sich der Löwe dazu einzugreifen. Dann kämpft er aber nicht, sondern schleicht abwartend um die Hyänen herum und tötet, wenn er eine Chance sieht, mit einem Biss.

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Mittwoch, 23. September 2009
Das Ausrufezeichen,
1691 auch Scheuchzeichen oder Schmerzzeichen genannt, erlebt ja im Wahlkampf 2009 eine Wiedergeburt in der vereinigten Republik.
„Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber dieses viagra-gedopte Geblöke an jeder Straßenecke geht mir auf den Sack, und zwar deshalb, weil es ‘gestrig’ wirkt. Putsche oder Revolutionen, die allein solche Politutopisten an die Macht bringen könnten, sind ja im Grunde veraltete und zwecklose Veranstaltungen der Weltverbesserung, und deshalb finden sie auch nirgendwo mehr statt.“
Lassen wir mal die politische Einschätzung, dass etwa Putsche veraltete und zwecklose Veranstaltungen seien und nirgendwo mehr stattfänden, beiseite (möglicherweise haben die Menschen in Honduras da eine andere Meinung) und konzentrieren uns auf die Wahrnehmung des Ausrufezeichens als „Geblöke“. Da bin ich mir nämlich nicht mehr so sicher. Im ersten Zug ist mir das auch sauer aufgestoßen, aber dann fiel mir ein Erlebnis aus dem Frühjahr 1990 ein.

Ich musste einen Auftrag für ein Logo an einen Grafiker vergeben und als selbstverständlich völlig vorurteilsloser Mensch dachte ich: warum nicht mal jemand aus der Ostzone?

Leider stellte sich dann nach dem zweiten Versuch heraus, dass diese Art von Wirtschaftsförderung nicht so einfach zu realisieren ist. Die Entwürfe sahen nach Weimarer Republik (1, 2) aus, hatten Anklänge an Art Déco, an die klassische Moderne. Eigentlich mag ich diesen Stil ganz gerne, nur 1990 wirkte es doch zu altertümlich. Die Entwicklung von Formen schien in der DDR stehen geblieben zu sein.

Vor ein paar Jahren nun fiel mir dieses Plakat der Fachhochschule auf und als ich mit dem bloggen anfing, dachte ich mir, dass man sich mal über die Ingenieure („Dem Inschenör ist nix zu schwör!) und ihre Ausrufezeichen lustig machen könnte (Studiere! aber flotti! sei gefälligst von der Technik begeistert und Zukunft! sowieso! genau!).

Und dann kam ich ins Grübeln.

Wenn man sich die Wahlplakate aus der Weimarer Republik ansieht, fällt auf das sich die Parteien in der Gestaltung und der Verwendung des Ausrufezeichens kaum unterscheiden.

Bis in die 50er Jahre war, zumindest im Bereich des politischen Plakates (für die Produktwerbung kann ich das nicht überprüfen) das Ausrufezeichen auch in Westdeutschland wohl gängig, in der DDR war hielt sich anscheinend diese Art der Gestaltung noch bis 1989 und, so meine Vermutung zur Gestaltung der Wahlplakate 2009, bis heute.
Vielleicht haben sich in der DDR einige Elemente der Formensprache und der Elemente der politischen Sprachformeln erhalten, der Gestalter oder die Gestalterin der Wahlkampagne der Linken absolvierte die Ausbildung noch in dieser Tradition?
In meiner Erinnerung ist die Plakatgestaltung der westdeutschen K-Gruppen
in den 70er Jahren (und das dürfte der Hintergrund des Furors von Klaus Jarchow sein) ebenfalls von brüllenden Ausrufezeichen geprägt. Leider sind kaum lizenzfreie Plakate im Netz zu finden und so muss man auf die Erinnerung vertrauen.

Nachtrag:
Da hatte ich noch die Genossen des Gregor Gysi verdächtigt, ihm keine Ausrufezeichen zu gönnen, und was is?
Die FDP hat es ihm geklaut:

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Montag, 21. September 2009
Im Rausch der Adjektive und Adverbien,
die leider aus der Mode gekommen sind, lässt sich wundersam schwelgen und exzessiv schwadronieren. Nur flatterhafte Gesellen, liebreizenden Gespielinnen, ambulanten Damen adjunktiert wie ein gewisser Fec, bieten Anlass, sie zu verwenden:
„Bichette verzog den Mund in unbeschreiblicher Geringschätzung. Gleichzeitig erwiderte sie das geile Lächeln eines Passanten, der mit einem mitleidigen Blick auf ihren Begleiter quittierte. Fec sah, wie sie diesen Blick begrinste, und schmunzelte.“ ( Walter Serner S. 105)
Beim Flanieren kann man unversehens auf seine Begleiterin anzüglich, wertschätzend, zugeneigt oder allerlei beiläufig Wahrgenommenes kommentierend, einscherzen, seiner Phantasie freien Lauf lassen.
„Unterwegs sprachen sie ununterbrochen und sehr heiter, oft sogar sekundenlang gleichzeitig, und überboten sich gegenseitig in Liebenswürdigkeiten, lustigen Einfällen und tollen Übertreibungen.“ (S. 91)
Stellen sie sich vor, sie träfen zwei würfelförmige, eineiige Zwillinge, die eineiigsten, die jemals trafen (Katja Lange-Müller S. 134), kämen sie da nicht in Versuchung, die nachfolgenden Passanten auf ihre Würfelförmigkeit und Zwillingshaftigkeit zu überprüfen und nach den würfelförmigsten Zwillingen oder eineiigsten Drillingen zu suchen?
Zugegeben, die Wahrscheinlichkeit bei solchem Tun erfolgreich zu sein, ist minimal und so wird man sich auf anderen Gebieten tummeln müssen, etwa opakes Lippengloss einer schmallippig-verhärmten Lehrerin bemerken oder über den Lebensweg eines glühnasigten Trinkers am Kiosk philosophieren, darüber räsonnieren, was eine Rentensachbearbeiterin wohl dazu bewogen haben mag, einen fleischfarbenen, wattierten, nicht taillierten Mantel zu kaufen und zu tragen, um so einem Nacktmull zu gleichen.
Dieser Sündenlümmel, der da entgegenkommt oder eher dumpf stierend heranschlurft wie ein bresthafter Gaul, der ein vom Klebstoff schnüffeln teigiges Gesicht sein Eigen nennt, die Haut bräunlich verfärbt, kahler Schädel, pickelig, zerschlissene Kleidung, jemand dem man vielleicht eine Zigarette gibt oder ein Stück Seife, wie gestaltet er sein Leben vor dem Discounter? Er bleibt stehen, samt seinem adipösen Adlatus, er verstellt mir den Weg und sagt:

„Du siehst absolut Scheiße aus!“

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Montag, 14. September 2009
Gesäßtaschenknopf
Dass es Wörter wie Gesäßtaschenknopf gibt und dass dieser auch noch doppelt umrändelt sein kann, wird einem ja nur beim Hosenkauf so richtig klar.

Nachtrag (1):
Auf dem Weg zur Bahn:
Sie so: "Was hast du denn da auf der Schulter? Da hat eine Katze Fäden gezogen!"
Ich so: "Rein ökonomisch betrachtet waren die Katzen eine völlige Fehlinvestition."

Dann drückt mir ein JuSo ein Flugblatt in die Hand: 'Frank-Walter gewinnt TV-Duell"

Nachtrag (2):
Wo sind eigentlich die netten, älteren Herren geblieben, die einem immer diese grauenhaft gemusterten Jackets andrehen wollten?

Nachtrag (3):
Ich ertappe mich dabei, immer öfter klassische Herrenausstatter aufzusuchen.

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Freitag, 11. September 2009
Verleser
Statt semikomisch (was nicht besonders originell ist) semikologisch gelesen (was nicht nur originell, sondern auch anregend ist: „Sie, Herr Valentin, schreiben‘s nicht immer so semikologisch“, zum Beispiel.)

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Montag, 17. August 2009
Steinklops
Die Steinklopse beim Curling heißen rocks und dürfen nur aus einem bestimmten schottischen Granit sein. Da sollte sich die EU mal drum kümmern, Monopole so weit das Auge reicht.

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Freitag, 14. August 2009
schikanöse Verschattung
Die Wendung tauchte meines Wissens vor ein paar Jahren in einem Schriftsatz eines Amtsgerichtes auf. Der Kläger beschuldigte seinen Nachbarn, einen Baum exakt so gepflanzt zu haben, dass nach einigen Jahren seine Terrasse vollständig im Schatten läge. Der Kläger unterstellte dem Nachbarn Absicht; der Nachbar als Sonnenräuber, als Schikaneur. Vielleicht war es auch eine Schikaneuse, eine schikanöse Verschatterin (Die Nachbarin oder die gepflanzte Robinie). Ob die Klägerin oder der Kläger die Alliteration bewusst gewählt hatte oder von der Erregung über die vermeintliche Gemeinheit in die Höhen lautlicher Schöpfung getragen wurde, ist nicht bekannt.
Schirkan, der Tiger aus Disneys Dschungelbuch oder andere Affineure des Dunkels, Verwandte des Sonnenräubers, könnten sich die schikanöse Verschattung zu Nutze machen. Dunkle Gestalten in dunklen Gassen, Garotteure, betrügerische Gasableser, Vaganten, Granatapfeldiebe und anderes inkurables, lichtscheues Gesindel könnten im Gefolge der schikanöse Scheinakazienpflanzerin in das nachbarliche Haus einsteigen. Es geschehen ja so viele schreckliche Dinge heutzutage.

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