Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Dienstag, 23. Juni 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 25
(Aufenthalt in Dusky-Bay – Beschreibung derselben – Nachricht von unsern Verrichtungen)
“Am folgenden Morgen begleitete ich Captain COOK zu einer an der nordwestlichen Seite der Bay gelegenen Bucht, die, unsrer dortigen Verrichtung wegen, die Gänse-Bucht genannt ward. Wir hatten nemlich noch fünf lebendige Gänse von denen am Vorgebürge der guten Hofnung mitgenommenen übrig, und waren willens sie auf Neu-Seeland zu lassen, um sich daselbst zu vermehren und wild zu werden. Hiezu dünkte uns diese Bucht am bequemsten, denn es gab dort keine Einwohner, dagegen aber reichliches Futter. Wir setzten sie also ans Ufer und sprachen zum Besten künftiger Seefahrer und Bewohner von Neu-Seeland, das: »Seyd fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde!« über sie aus. Sobald sie am Lande waren, liefen sie im Schlamm ihrem Fraße nach, und werden in diesem abgelegenen Winkel, ohne Zweifel gut fortkommen, ja mit der Zeit sich unsrer Absicht gemäß, hoffentlich über das ganze Land ausbreiten.“
(Forster S. 178)
Es ist faszinierend mit welcher Naivität in ein nahezu unbekanntes Ökosystem eingegriffen wurde und wie selbstverständlich künftige Kolonialinteressen formuliert werden.
Welche Auswirkungen hatte das Aussetzen der Gänse?
Die Maori sind inzwischen eine Minderheit in Neuseeland.

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Donnerstag, 18. Juni 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 24
(Aufenthalt in Dusky-Bay – Beschreibung derselben – Nachricht von unsern Verrichtungen)
“Da DUSKY-BAY so wenig bewohnt ist, so führen die einzelnen Familien in derselben wahrscheinlicherweise ein unstätes herumwanderndes Leben und ziehen, vielleicht der Fischerey, vielleicht anderer Umstände wegen, in verschiednen Jahrszeiten aus einer Gegend nach der andern. Wir vermutheten daher auch, daß unsre Freunde bloß aus DIESEM Grunde weggezogen wären; allein es hieß: der Wilde habe vor seinem Abzuge durch Zeichen zu verstehen gegeben, er wolle aufs Todtschlagen ausgehen und dazu die Beile gebrauchen. Hat man ihn recht verstanden, so war damit unsre angenehme Hoffnung, den Ackerbau und andre nützliche Arbeiten, durch Austheilung von brauchbaren Werkzeugen gewissermaßen zu befördern und zu erleichtern, auf einmahl vernichtet. Gleichwohl wäre es sehr seltsam, ja beynahe unbegreiflich, daß eine einzelne Familie, die von der ganzen Welt getrennt, in einer geräumigen Bay wohnte, in welcher es ihr, theils ihrer geringen Anzahl, theils wegen ihrer wenigen Bedürfnisse, weder an Lebensmitteln noch an den übrigen Nothwendigkeiten jemals fehlen, und die folglich in ihrer Einsamkeit friedlich und glücklich leben konnte, - daß die dennoch auf Krieg mit ihren Nebenmenschen, auf Mord und Todtschlag bedacht seyn sollte. Indessen ist vielleicht die tiefe Barbarey, in welcher sich die Neu-Seeländer befinden, und die immer nur das Gesetz des Stärkern erkennt, schuld daran, daß sie mehr als jedes andre Volk der Erden geneigt sind, ihren Mitmenschen bey der ersten Gelegenheit umzubringen, so bald Rachsucht oder Beleidigung sie dazu auffordert, und ihr angebohrner wilder Muth macht, daß sie es an der würklichen Ausführung eines so grausamen Vorhabens wohl selten fehlen lassen. Ich darf hier nicht vergessen, ein ganz besonders Merkmahl von der Herzhaftigkeit des alten Mannes anzuführen, der jetzt von uns weggezogen war. Unsre Officiers hatten in seiner Gegenwart zu wiederholtenmalen Schießgewehre abgefeuert. Eines Tages verlangte er es selbst zu versuchen und man gab ihm ein Gewehr. Das Mädchen, welche wir für seine Tochter hielten, bath in fusfällig, mit den deutlichsten Zeichen von Furcht und Vorsorge, es nicht zu tuhn. Aber, er war von seinem Vorhaben nicht abzubringen, sondern feuerte das Gewehr drey oder viermal hintereinander los. Diese kriegerische Neigung und das jähzornige Temperament des ganzen Volks, das nicht die mindeste Beleidigung ertragen kann, scheint diese einzelne Familie und die wenigen übrigen, die wir an den Ufern jenes langen See-Arms antrafen, zur Trennung von ihren Landsleuten gezwungen zu haben. Wenn wilde Völker einander bekriegen, so ruhet die eine Parthey gemeiniglich nicht eher, als bis die andre gänzlich vertilgt ist, es sey denn, daß diese sich noch zu rechter Zeit mit der Flucht rettet. Auch dies kann der Fall bey den Einwohnern in DUSKY-BAY seyn, und wenn er es würklich ist, so hat ihr Abmarsch und ihr Entschluß offenbar nichts anders als Rache an ihren Feinden und Unterdrückern zum Gegenstande.“
(Forster S. 175-7)

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Dienstag, 16. Juni 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 23
(Aufenthalt in Dusky-Bay – Beschreibung derselben – Nachricht von unsern Verrichtungen)
”Es war mir bey dieser Gelegenheit besonders auffallend, daß auch diese Nation, gleich wie fast alle Völker der Erden, als hätten sie es abgeredet, die weiße Farbe oder grüne Zweige für Zeichen des Friedens ansieht, und daß sie, mit einem oder dem anderen Versehen, den Fremden getrost entgegen gehen. Eine so durchgängige Übereinstimmung muß gleichsam noch VOR der allgemeinen Zerstreuung des menschlichen Geschlechts* getroffen worden seyn, wenigstens siehet es einer Verabredung sehr ähnlich, denn an und für sich haben weder die weiße Farbe, noch grüne Zweige, eine selbständige unmittelbare Beziehung auf den Begrif von Freundschaft.”
(Forster S. 172)
*Für nicht Bibelfeste: Der Turmbau zu Babel.

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Donnerstag, 11. Juni 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 22
(Aufenthalt in Dusky-Bay – Beschreibung derselben – Nachricht von unsern Verrichtungen)
”Als wir weiter heran kamen, entdeckte man, daß es ein Indianer war, der mit einer Keule oder Streit-Axt bewafnet, auf der Felsenspitze stand, und hinter ihm erblickte man in der Ferne, am Eingang des Waldes, zwo Frauenspersonen, deren jede einen Spieß in der Hand hielt. Sobald wir mit dem Boot bis an den Fus des Felsen hingekommen waren, rief man ihm in der Sprache von TAHEITI zu: TAYO HARRE MAÏ, d.i. Freund komm hier! Allein das that er nicht, sondern blieb an seinem Posten, auf seine Keule gelehnt stehen und hielt in dieser Stellung eine lange Rede, die er bey verschiednen Stellen mit großem Nachdruck und Heftigkeit aussprach, und alsdenn zugleich die Keule um den Kopf schwenkte. Da er nicht zu bewegen war näher zu kommen, so gieng Capitain COOK vorn ins Boot, rief ihm freundlich zu und warf ihm sein und andrer Schnupftücher hin, die er jedoch nicht auflangen wollte. Der Capitain nahm also etliche Bogen weiß Papier in die Hand, stieg unbewaffnet auf dem Felsen aus und reichte dem Wilden das Papier zu. Der gute Kerl zitterte nunmehro sichtbarerweise über und über, nahm aber endlich, wiewohl noch immer mit vielen deutlichen Merkmalen von Furcht, das Papier hin. Da er dem Capitain jetzt so nahe war, so ergrif ihn dieser bey der Hand umarmete ihn, indem er des Wilden Nase mit der seinigen berührte, welches ihre Art ist sich untereinander zu begrüßen. Dieses Freundschaftszeichen benahm ihm mit einemmale alle Furcht, denn er rief die beyden Weiber zu sich, die auch ungesäumt herbey kamen, indeß daß von unsrer Seite ebenfalls verschiedne ans Land stiegen, um dem Capitain Gesellschaft zu leisten. Nunmehro erfolgte zwischen uns und den Indianern eine kleine Unterredung, wovon aber keiner etwas rechtes verstand, weil keiner in des andern Sprache hinreichend erfahren war. Herr HODGES zeichnete gleich auf der Stelle einen Umriß von ihrer Gesichtsbildung und aus ihren Minen ließ sich abnehmen, daß sie begriffen was er vor hatte. Sie nannten ihn desfalls TÓA-TÓA, welches Wort vermuthlich eine Beziehung auf die bildenden Künste haben mußte. Der Mann hatte ein ehrliches gefälliges Ansehen, und die eine von den beyden Frauenspersonen, die wir für seine Tochter hielten, sahe gar nicht so unangenehm aus als Man in Neu-Seeland hätte wohl vermuthen sollen, die andre hingegen war ausnehmend häßlich und hatte an der Ober-Lippe ein ungeheures garstiges Gewächs. Abel Tasmans erste Begegnung mit den Ureinwohnern Neu Seelands, 1642Sie waren alle dunkelbraun oder Olivenfarbicht, hatten schwarzes und lockichtes Haar, das mit Öhl und Rothstein eingeschmiert, bey dem Mann oben auf dem Wirbel in einen Schopf zusammen gebunden, bey den Weibern aber kurz abgeschnitten war. Den Obertheil des Cörpers fanden wir wohl gebildet; die Beine hingegen außerordentlich dünne, übel gestaltet und krumm. Ihre Kleidung bestand aus Matten von Neu-Seeländischen Flachs und war mit Federn durchwebt. In den Ohren trugen sie kleine Stücke von Albatros-Haut, mit Röthel oder Ocher gefärbt. Wir boten ihnen einige Fische und Endten an, sie warfen solche aber zurück und gaben uns zu verstehen, daß sie keinen Mangel an Lebensmitteln hätten. Die einbrechende Nacht nöthigte uns von unsern neuen Freunden Abschied zu nehmen, wir versprachen ihnen aber, sie morgen wieder zu besuchen. Der Mann sahe uns bey der Abfahrt in ernsthafter Stille und mit einer Aufmerksamkeit nach, die tiefes Nachdenken anzuzeigen schien; die jüngste Frauensperson hingegen, die während unsrer Anwesenheit in einem fort und mit so geläufiger Zunge geplaudert hatte, als sich keiner von uns je gehört zu haben erinnern konnte, fieng nunmehro an zu tanzen, und fuhr fort eben so laut zu seyn als vorher. Unsre Seeleute erlaubten sich dieses Umstandes halber einige grobe Einfälle auf Kosten des weiblichen Geschlechts, wir aber fanden durch dieses Betragen die Bemerkung bestätigt, daß die Natur dem Manne nicht nur eine Gespielinn gegeben, seine Sorgen und Mühseligkeiten zu erleichtern, sondern daß sie dieser auch, durchgehends, die Begierde eingepflanzt habe, vermittelst eines höheren Grades von Lebhaftigkeit und Gesprächigkeit zu gefallen.“
(Forster S. 147-149)
Die erste Begegnung mit den sterblichen Menschen.

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Dienstag, 9. Juni 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 21
(Aufenthalt in Dusky-Bay – Beschreibung derselben – Nachricht von unsern Verrichtungen)
Farnwald in Neuseeland „Wir ließen es unsre erste Arbeit seyn einen nahe gelegenen Hügel, vom Holz kahl zu machen, um die Sternwarthe und Schmiede daselbst aufzustellen, denn unser Eisenwerk hatte einer schleunigen Ausbesserung nöthig. Zu gleicher Zeit wurden für die Seegelmacher, Böttiger, Wasserträger und Holzhauer am Wasserplatze Zelte aufgeschlagen. Bey Gelegenheit dieser Arbeiten verringerte sich schon die hohe Meynung, welche unsre Leute von diesem Lande gefaßt hatten; denn die ungeheure Menge von Schling-Stauden (CLIMBERS) Dornen, Strauchwerk und Farrenkraut*, womit die Wälder durchwachsen und überlaufen waren, machte es ungemein mühsam ein Stück Land zu reinigen, und ließ uns schon zum voraus sehen, daß es äußerst schwer, wo nicht unmöglich seyn werde, tief in das Innre des Landes einzudringen. Und in der That ist es nicht nur historisch wahrscheinlich, daß in diesem südlichen Theile von Neu-Seeland die Wälder noch unangetastet, in ihrem ursprünglich wilden, ersten Stande der Natur geblieben sind, sondern der Augenschein beweiset solches beynahe unleugbar. Wir fanden es z.E. nicht nur des obgedachten überhand genommenen Unkrauts wegen, fast unmöglich darin fortzukommen, sondern es lag auch überall eine Menge von verfaulten Bäumen im Wege, die entweder vom Winde umgeworfen oder vom Alter umgefallen, und durch die Länge der Zeit zu einer fetten Holzerde geworden waren, aus welcher bereits neue Generationen von jungen Bäumen, parasitischen Pflanzen, Farn-Kräutern und Moosen reichlich aufsproßten. Oft bedeckte eine täuschende Rinde, das innere verfaulte Holz eines solchen umgefallnen Stammes und wer es wagte darauf zu treten, fiel gemeiniglich bis mitten an den Leib hinein.“
(Forster S. 138/9)

* Farrenkraut, auch Farrenmoos oder Farrensamen genannt:

„Das Farnkraut, des -es, plur. von mehrern Arten, die -kräuter, eine Art Pflanzen mit unkenntlichen Geschlechtern, welche dem Linné zu Folge, eine zahlreiche Menge von Unterarten unter sich begreift, Filix; zu welchem Geschlechte das Equifetum, Ophioglossum, Osmunda, Pteris, Asplenium, Polypodium, Adiantum, Isoetes u.s.f. gehören. S. Brachsenfarn, Pillenfarn, Flügelfarn u.s.f. In engerer Bedeutung, führen besonders zwey Pflanzen dieses Geschlechtes mit doppelt gefiederten Blättern den jetzt gedachten Nahmen, davon die eine klein gekerbte stumpfe Federn und einen Spreu besetzten Stamm hat, und Farnkrautmännlein, Polypodium fronde pinnata mas L. genannt wird. Die andere hat lanzettförmige Federn, welche in spitzige Querstücke getheilet sind; Farnkrautweiblein, Polypodium fronde pinnata femina L. In den gemeinen Mundarten lautet dieser Nahme auch nur Farn, Engl. Fern oder Fearn, Angels. Fearn, Holl. Vaeren -kruyd. Er soll von fahren abstammen, weil dieses Kraut sich sehr weit und geschwinde ausbreitet. Der Aussprache nach schreibt man es billig Farnkraut, indem das a, welches in fahren gedehnt wird, hier wegen des folgenden n, geschärft wird, welches auch in fertig, Furt u.s.f. geschiehet, ungeachtet sie gleichfalls von fahren abstammen. Die Schreibart Farrenkraut hat nichts zu ihrer Entschuldigung aufzu weisen. In Niedersachsen heißt diese Pflanze Snakenkrud, und in andern Gegenden Herenkraut, weil man deren Wurzel zu vielerley Aberglauben gebrauchte. S. Jesus-Christ-Wurzel und Johannis-Händchen; ingleichen Eichfarn, Flügelfarn, Steinfarn u.s.f.“ ( Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Leipzig 1793-1801)

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Donnerstag, 4. Juni 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 20
(Aufenthalt in Dusky-Bay – Beschreibung derselben – Nachricht von unsern Verrichtungen)
„Nach einer Fahrt von einhundert und zwei und zwanzig Tagen, auf welcher wir ohngefähr dreitausend fünfhundert Seemeilen in ofner See zurückgelegt hatten, kamen wir endlich am 26sten März zu Mittage in DUSKY-BAY an. Diese Bay, welche an der Nordseite des Cap West liegt, hatte Captain COOK auf seiner vorigen Reise in der ENDEAVOR bereits entdeckt, ihr auch damahls schon einen Nahmen gegeben, ohne sie jedoch selbst zu besuchen. Aus großer Ungedult bald vor Anker zu kommen, wünschten wir, daß solches gleich an der Mündung der Bay thunlich seyn möchte: Allein da das Senkbley dort eine allzu große Tiefe, nemlich von vierzig Faden anzeigte, und etwas weiter hin gar mit sechzig Faden kein Grund mehr zu finden war, so mußten wirs uns gefallen lassen, noch ungleich weiter hinein zu seegeln. Das Wetter war indeßen schön und in Verhältniß zu demjenigen, das wir bisher hatten empfinden müßen recht erquickend warm. Sanft wehende Winde führten uns nach und nach bey vielen felsichten Inseln vorbei, die alle mit Bäumen und Buschwerk überwachsen waren, deren mannigfaltiges, dunkleres Immergrün, (EVERGREEN) mit dem Grün des übrigen Laubes, welches die Herbstzeit verschiedentlich schattirt hatte, malerisch vermischt war und sehr angenehm von einander abstach. Ganze Schaaren von Waßervögeln belebten die felsigten Küsten und das Land ertönte überall vom wilden Gesang der gefiederten Waldbewohner. Je länger wir uns nach Land und frische Gewächsen gesehnt hatten, desto mehr entzückte uns nun dieser Prospect, und die Regungen der innigsten Zufriedenheit, welche der Anblick dieser neuen Scene durchgängig veranlaßte, waren in eines jeglichen Augen deutlich zu lesen.
William Hodges (1744-1797), Cascade Cove, Dusky Bay.William Hodges begleitete die Expedition von Cook als "Bordmaler"
Um drei Uhr Nachmittags kamen wir endlich unter der Spitze einer Insel vor Anker, woselbst wir einigermaßen gegen die See gedeckt und der Küste so nahe waren, daß man sie mit einem kleinen Taue erreichen konnte. Kaum war das Schif in Sicherheit, als unsre Matrosen ihre Angeln auswarfen, und in wenigen Augenblicken sahe man an allen Seiten des Schifs eine Menge vortreflicher Fische aus dem Wasser ziehen, deren viel versprechender Anblick die Freude über unsre glückliche Ankunft in der Bay ungemein vermehrte. Wir fanden sie von vortreflichen Geschmack und da wir zumahl so lange darauf gefastet hatten, so war es kein Wunder daß uns diese erste Neu-Seeländische Mahlzeit als die herrlichste in unserm ganzen Leben vorkam. Zum Nachtisch ergötze sich das Auge an der vor uns liegenden, wildnißartigen Landschaft, die SALVATOR ROSA* nicht schöner hätte mahlen können. Sie war ganz im Geschmack dieses Künstlers und bestand aus Felsen, mit Wäldern gekrönt, deren Alter in die Zeiten vor der Sündfluth hinauf zu reichen schien, und zwischen welche sich aller Orten Wasserbäche mit schäumenden Ungestüm herabstürzten. Zwar hätte es bey weiten nicht so vieler Schönheiten bedurft um uns zu entzücken, denn nach einer langen Entfernung vom Lande ist es warlich sehr leicht, selbst die ödeste Küste für das herrlichste Land in der Schöpfung anzusehen.“
(Forster S. 136/7)
*Salvator Rosa war ein Barockmaler aus Neapel. Das Metropolitan Museum of Art in New York zeigt ein Bild online: Bandits on a Rocky Coast, dass m. E. die Szenerie, wie sie Georg Forster vielleicht vorschwebte, ganz gut illustriert.

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Dienstag, 2. Juni 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 19
(Reise vom Cap nach dem antarctischen Zirkel – Erste Fahrt in höhere südliche Breiten – Ankunft auf der Küste von Neu-Seeland)
„Nachmittags fuhren wir bey einer andern viereckigten, ungeheuren Eiß-Masse vorbey, die ohngefähr zweytausend Fuß lang, vierhundert breit, und wenigstens noch einmal so hoch als unser höchster mittelster Braam-Mast, das ist, ohngefähr zwey hundert Fuß hoch war. Da sich nach BOYLENS* und MAIRANS** Versuchen die Masse des Eises zum Seewasser ohngefähr wie 10. zu 9. verhält; so muß, nach bekannten hydrostatischen Gesetzen, die Masse des Eises über dem Wasser zu jener, die sich unterm Wasser befindet, wie 1 zu 9 seyn. Wenn nun das Stück Eis, welches wir vor uns sahen, von ganz regelmäßiger Gestalt gewesen ist, welches wir einmal annehmen wollen, so muß es 1800 Fuß tief im Wasser gegangen und im Ganzen 2000 Fuß hoch gewesen seyn. Rechnen wir nun seine Breite auf obige 400 Fuß und für seine Länge 2000; so muß dieser einzige Klumpen ein tausend sechs hundert Millionen Cubic-Fuß Eiß enthalten haben.“
(Forster S. 112)
* Robert Boyle (1626-1692), irischer Naturforscher.
** Jean Jaques d'Ortous de Mairan (1678-1771), Physiker und Mathemathiker.

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Donnerstag, 28. Mai 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 18
(Reise vom Cap nach dem antarctischen Zirkel – Erste Fahrt in höhere südliche Breiten – Ankunft auf der Küste von Neu-Seeland)
„Am 8ten, da die See noch immer sehr unruhig und der Wind sehr heftig war, hatten wir auf allen Seiten um uns her eine Menge Vögel von den vorgedachten Arten, auch ließen sich heute zum erstenmal Pinguins1 und Hauffen von See-Gras welches See-Bambu genannt wird (fucus buccinalis Linn.) ohnweit dem Schiffe sehen. Diese Umstände begünstigten unsere Hofnung Land zu finden, denn bishero wards für ausgemacht gehalten, daß See-Gras, besonders solch Felsenkraut als dieses, und Pinguins, niemals fern von der Küste angetroffen würden.

1 Diesen Vogel hat, seit Sir JOHN NARBOROUGHS* Zeit, fast ein jeder Seefahrer erwähnt, der das südliche Ende von Amerika berührt hat; und sie sind den Lesern aus Ansons**, Byrons***, Bougainvilles****, Pernetty’s***** und andern Nachrichten so bekannt, daß es kaum nöthig seyn möge, sie hier zu beschreiben. Man kann sie auf gewisse Weise als Amphibia ansehen, denn ihre Flügel sind nicht zum Fliegen, sondern bestehen nur aus starken fleischigten Membranen, welche sie zugleich als Flos-Federn gebrauchen. Den Naturkundigen sind jetzt schon zehn verschiedene Arten bekannt worden.“
(Forster S. 110)
* Sir John Narborough war von 1669 bis 1671 auf einer Forschungsmission in der Südsee, 1694 erschien in London sein Reisebericht ‚An Account of several late Voyages and Discoveries to the South and North’.
** George Anson war Kommandant des britischen Geschwaders, dass in den Jahren 1740 – 1744 den Seehandel der Spanier behindern sollte. Über die Reise verfasste Richard Walter, nach Anweisungen von Anson, eine Reisebeschreibung (Voyage round the world, in London 1748 erschienen)
*** John Byron, der Schiffeversenker, umsegelte von 1764–1766 die Welt (John Byron: Des Commodore Johann Byron Erzählung der grossen Unglücksfälle, die er nebst seiner Gesellschaft von dem Jahre 1740 an, bis zu seiner Ankunft in England 1746 auf der Küste von Patagonien ausgestanden hat. Nürnberg 1769). Er ist der Großvater von Lord Byron.
**** Louis Antoine de Bougainville unternahm im Auftrag der französischen Regierung eine Weltreise (1766 – 1769), 1771 erschien sein Reisebericht ‚Voyage autour du monde par la frégate du roi La Boudeuse et la flûte L'Étoile’.
***** Antoine-Joseph Pernetty, Benediktinermönch, begleitete Bougainville auf seiner Weltreise (Journal hist. d'un voyage aux îles Malouines, Berlin 1769, Paris 1770, 2 Bde.).

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Dienstag, 26. Mai 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 17
(Reise vom Cap nach dem antarctischen Zirkel – Erste Fahrt in höhere südliche Breiten – Ankunft auf der Küste von Neu-Seeland)
„Da wir jetzt auf einer Reise begriffen waren, die noch Niemand vor uns unternommen hatte, auch nicht wußten, wenn, oder wo wir einen Erfrischungs-Ort finden würden, so gab der Captain die gemessensten Befehle, daß mit dem Trinkwasser gut hausgehalten werden sollte. Zu dem Ende ward eine Schildwache an das Wasserfaß gestellt und von dem Schiffsvolk bekam der Mann täglich ein gewisses Maas zugentheilt. Außerdem durfte ein jeder auch noch beym Faß trinken, aber nichts mit sich nehmen. Der Captain selbst wusch sich mit Seewasser und unsre ganze Reisegesellschaft mußte sich ein gleiches gefallen lassen. Auch ward die von Herrn IRVING* verbesserte Destillir-Maschine beständig im Gange erhalten, um die tägliche Abnahme des süßen Wassers wenigstens in ETWAS wieder zu ersetzen.“
(Forster S. 106)
* Über die Irvingsche Destilliermaschine konnte ich bislang nur den Eintrag in Gehlers Physicalischem Wörterbuch finden:
„In England zeigte D. Lind (Essay on diseases incident to Europeans in hot climates) eine bequeme und ihrem Endzwecke vollkommen entsprechende Methode der Destillation. Nach seinen Vorschriften erfand D. Irving eine ganz einfache Destillirmaschine, und erhielt dafür vom brittischen Parlamente eine Belohnung von 4000 Pf. Sterling. Man braucht dabey nicht mehr Brennholz, als sonst, sondern es wird blos an vier Tagen der Woche, da die Matrosen kein Fleisch bekommen, der eine Kochkessel, der ohnehin mit Seewasser gefüllt werden muß, um nicht vom Feuer zu leiden, mit einem hölzernen Deckel bedeckt, an dem sich eine kupferne Röhre mit einer Vorlage und einem Kühlgefäße befindet, in welches letztere ein Matrose beständig frisches Seewasser hineinpumpt und durchlaufen läst. Bey Cooks Seereise im Jahr 1772 war diese Methode auf beyden Schiffen angebracht, und gab jedesmal 120 Quart Wasser, welches aber für das Bedürfniß der Mannschaft bey weitem nicht zugereicht hätte, wenn man sich auf dieses destillirte Wasser allein hätte verlassen sollen. So bequem diese Einrichtung ist, so gesteht doch Herr Forster, daß sie noch immer mehr Holz erfordere, als irgend ein Schiff mit sich führen kan, wenn man hinlängliches Trinkwasser dadurch erhalten wolle, daß sie also nur im Nothfall von wirklichem Nutzen seyn könne, welches inzwischen bey einer Aufgabe von dieser Art schon genug ist.“

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Donnerstag, 21. Mai 2009
Georg Forster: Reise um die Welt 15 + 16
(Aufenthalt am Cap – Nachricht von der dortigen Colonie)
Bronzeskulptur von Antoine-Louis-Barye (1750-1875), Louvre
„Außer diesem Büffel-Geschlecht giebt es noch eine andre Art wilder Ochsen, welche von den Eingebohrnen GNU genannt werden. Sie haben dünne kleine Hörner, Mähnen und Haarborsten an der Nase und den Wammen*; und scheinen wegen ihre feinen Baues eher zum Pferde- und Antelopen- als zum Ochsen-Geschlecht zu gehören.“
(Forster S. 103)

* Hautfalte von der Kehle bis zur Brust.
„An reissenden Raubthieren fehlt es dem Cap auch nicht, und die Colonisten können sich nicht Mühe genug geben sie auszurotten. Löwen, Leoparden, Tieger-Katzen, gestreifte und fleckichte Hyänen, Jackals und andre dergleichen Thiere, nähren sich hauptsächlich von Antelopen, Hasen, Jerbua’s*, Cavia’s** und kleinen vierfüßigen Thieren, wovon das Land überall voll ist.“
(Forster S. 104)
* wahrscheinlich sind Springhasen gemeint.
** Caviidae sind Meerschweinchen , die allerdings aus Südamerika stammen. Welches Tier Forster in Südafrika sah, war nicht heraus zu finden.

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