Schwere Entscheidung
g. | Mittwoch, 14. November 2012, 06:37 | Themenbereich: 'Begegnungen'
Gestern bei meinem Zigarettenhändler.
Ich gehe ja lieber in diese Berliner Eckläden, die neben Tabak und Zigaretten auch Bier, Schnaps, Wein und seit einigen Jahren auch so Gesöffe wie Red Dingsbums, also in Sprudel aufgelöste Gummibärchen sowie Zeitschriften und Süßigkeiten und Schulhefte und anderen Krimskrams führen.
Mein Eckladen wird von einer türkischen Familie betrieben, die nebenberuflich auch noch Sozialarbeiterfunktionen für den Kiez ausüben, also alten Leuten beim Briefmarken aufkleben helfen, Touristen zum S-Bahnhof weisen und den Kampftrinkern gelegentlich bedeuten, dass sie jetzt aber auch mal genug hätten.
Es gibt ja noch erstaunlich viele von diesen Läden.
Gestern nun kam ich von der Arbeit und wollte noch schnell die Zigarettenbestände auffüllen. Vor mir stand ein schüchterner junger Mann, dessen Kopf etwa bis zu meiner Gürtelschnalle ging. Hinter dem Tresen stand der ca. 25-jährige Sohn und wartete geduldig, gelegentlich beim Kopfrechnen aushelfend, den der etwa 4-jährige Kunde vor mir schien wild entschlossen sein gesamtes wöchentliches Taschengeld in Süßkram umzusetzen. In einer Papiertüte war schon eine beträchtliche Sammlung von Brausepulver, Schokoriegeln und Gummimäusen versammelt. Der Verkäufer hatte alles eingetippt und wohl auch schon den einen oder anderen Kauf storniert, weil Umentscheidungen nötig geworden waren.
Ich kannte das Problem: Welches ist die beste Mischung aus Comics, Süßigkeiten und Plastikblasrohren bei gegebener Barschaft? Zwei Falkhefte, eine Honigmuschel, drei Bogen Esspapier und ein grünblaubraun marmoriertes Blasrohr nebst Knetmasse als Munition oder Ein Tiborheft, eine Lakritzrolle, damals Bärendreck genannt, x Bögen Esspapier und ein Petzspender mit Goofykopf? Schwer: wie viel kostet jeder einzelne Posten und wie viel Vergnügen spendet jeder Posten bzw. in welcher Kombination winkt das höchste Vergnügen? Alles nicht so einfach.
Nun, der junge Mann vor mir schien den größten Teil dieser komplexen Überlegungen, Berechnungen und Abwägungen schon hinter sich gebracht zu haben. Nur eine Frage stand noch im Raum: er hielt zwei postkartengroße mit Schokolade überzogene Kaugummitafeln in den Händen. Die eine Tafel war mit einem großen Mr. Spock geschmückt, die andere zeigte das Raumschiff Enterprise vor einem Quasar oder wie die Dinger heißen. Welche sollte er wählen?
Der Verkäufer und ich sahen uns an und lächelten uns zu. Ich wog bedenklich mein Haupt: „Schwierige Entscheidung.“ Der Verkäufer nickte und sagte: „Ich würde die Enterprise nehmen.“
Erleichtert nickte der Kleine und der Verkauf war perfekt.
Ich gehe ja lieber in diese Berliner Eckläden, die neben Tabak und Zigaretten auch Bier, Schnaps, Wein und seit einigen Jahren auch so Gesöffe wie Red Dingsbums, also in Sprudel aufgelöste Gummibärchen sowie Zeitschriften und Süßigkeiten und Schulhefte und anderen Krimskrams führen.
Mein Eckladen wird von einer türkischen Familie betrieben, die nebenberuflich auch noch Sozialarbeiterfunktionen für den Kiez ausüben, also alten Leuten beim Briefmarken aufkleben helfen, Touristen zum S-Bahnhof weisen und den Kampftrinkern gelegentlich bedeuten, dass sie jetzt aber auch mal genug hätten.
Es gibt ja noch erstaunlich viele von diesen Läden.
Gestern nun kam ich von der Arbeit und wollte noch schnell die Zigarettenbestände auffüllen. Vor mir stand ein schüchterner junger Mann, dessen Kopf etwa bis zu meiner Gürtelschnalle ging. Hinter dem Tresen stand der ca. 25-jährige Sohn und wartete geduldig, gelegentlich beim Kopfrechnen aushelfend, den der etwa 4-jährige Kunde vor mir schien wild entschlossen sein gesamtes wöchentliches Taschengeld in Süßkram umzusetzen. In einer Papiertüte war schon eine beträchtliche Sammlung von Brausepulver, Schokoriegeln und Gummimäusen versammelt. Der Verkäufer hatte alles eingetippt und wohl auch schon den einen oder anderen Kauf storniert, weil Umentscheidungen nötig geworden waren.
Ich kannte das Problem: Welches ist die beste Mischung aus Comics, Süßigkeiten und Plastikblasrohren bei gegebener Barschaft? Zwei Falkhefte, eine Honigmuschel, drei Bogen Esspapier und ein grünblaubraun marmoriertes Blasrohr nebst Knetmasse als Munition oder Ein Tiborheft, eine Lakritzrolle, damals Bärendreck genannt, x Bögen Esspapier und ein Petzspender mit Goofykopf? Schwer: wie viel kostet jeder einzelne Posten und wie viel Vergnügen spendet jeder Posten bzw. in welcher Kombination winkt das höchste Vergnügen? Alles nicht so einfach.
Nun, der junge Mann vor mir schien den größten Teil dieser komplexen Überlegungen, Berechnungen und Abwägungen schon hinter sich gebracht zu haben. Nur eine Frage stand noch im Raum: er hielt zwei postkartengroße mit Schokolade überzogene Kaugummitafeln in den Händen. Die eine Tafel war mit einem großen Mr. Spock geschmückt, die andere zeigte das Raumschiff Enterprise vor einem Quasar oder wie die Dinger heißen. Welche sollte er wählen?
Der Verkäufer und ich sahen uns an und lächelten uns zu. Ich wog bedenklich mein Haupt: „Schwierige Entscheidung.“ Der Verkäufer nickte und sagte: „Ich würde die Enterprise nehmen.“
Erleichtert nickte der Kleine und der Verkauf war perfekt.
kurbjuhn,
Mittwoch, 14. November 2012, 10:09
Entscheidung
Wirklich nur Falk oder Tibor? Nicht Sigurd? Oder Nick, der Weltraumfahrer?
g.,
Donnerstag, 15. November 2012, 06:18
Stimmt, Nick und Sigurd mussten ebenso in die Entscheidung einbezogen werden wie Akim und wahrscheinlich noch ein paar andere Helden, die ich inzwischen vergessen habe. Seltsamer Weise spielten Mickey et al keine wirkliche Rolle in meiner Kindheit, obwohl ich den Entenhausener Ingenieur mit dem tollen Vornahmen Dipling und sein Helferlein heiß geliebt habe. (Die "Deutsche Organisation der nichtkommerziellen Anhänger des lauteren Donaldismus" gab es zu dieser Zeit wahrscheinlich noch nicht und als Fünfjähriger hätte ich das sowieso blöd gefunden) Vorteilhaft war auch, dass es noch die kleinen Hefte gab, die nur drei Bilder in einer Reihe hatten. Da sie billiger waren, konnte man sich mehr kaufen. In kindlicher Logik waren zwei kleine Hefte besser als ein großes.
monnemer,
Mittwoch, 14. November 2012, 11:20
Honigmuscheln und Esspapier, das gibt es noch?! Sehr traditionsbewußt eingekauft von dem jungen Mann!
Irgendwie muß ich an ein Gespräch mit einem jungen Mann aus der Nachbarschaft denken, der in diesen Tagen seine erste eigene Wohnung bezieht und mir erzählte, dass er sich nach all dem Glas und Chrom im Elternhaus endlich so einrichten könne, wie er sich das vorstelle - nämlich rustikal.
Irgendwie muß ich an ein Gespräch mit einem jungen Mann aus der Nachbarschaft denken, der in diesen Tagen seine erste eigene Wohnung bezieht und mir erzählte, dass er sich nach all dem Glas und Chrom im Elternhaus endlich so einrichten könne, wie er sich das vorstelle - nämlich rustikal.
g.,
Donnerstag, 15. November 2012, 06:19
Honigmuscheln und Esspapier gibt es tatsächlich noch, allerdings ist zumindest das Esspapier inzwischen mit einer grauenhaft schreienden Verpackung ausgestattet wie mir meine Spezialagentin in solchen Angelegenheiten (Deckname: Die schnellste Maus von Friedenau) berichtete. Einen einzelnen Bogen Esspapier aus einer großen Schachtel kann man nicht mehr kaufen.