Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Donnerstag, 22. November 2012
Achille Loria
werden Sie nicht kennen, er hatte in den 20er Jahren einen Lehrstuhl in Siena und ist eigentlich – wie Herostratos – nur berühmt, weil sich andere über ihn lustig bzw. sich über ihn aufgeregt haben. Er ist, Antonio Gramsci sei Dank, Namensgeber des Lorianismus, der intellektuellen Schaumschlägerei.
„Gleich den Schutzbindungen (=Protektionismus) wird die neue Erfindung (=die Luftfahrt alle Bindungen niederreißen, die bis jetzt den Menschen verbarrikadierten, und wird ihm so zum ersten Mal eine volle und tätige Freiheit zugestehen! Vor allem wird dadurch jene unsichtbare und dennoch allmächtige Bindung gebrochen, die den Arbeiter ans Kapital kettet. Heute hat ja der Arbeiter, der sich weigern würde, als Lohnarbeiter für den Profit eines Kapitalisten zu dienen, keine andere Perspektive außer dem Hungertod oder der Einschließung ins Asyl oder ins Gefängnis. Aber all das wird sich unversehens ändern, wenn der Arbeiter, dem es widerstrebt, in die Fabrik zu gehen, oder der aus ihr verbannt ist, ein Flugzeug finden wird oder ein Luftschiff, das ihn zwischen die Räume erhebt. Gewiß werdet ihr sagen, mit jenem ironischen Lächeln, das alles erstarren läßt und tötet, daß die freien Räume nicht zu essen geben. Und warum nicht? Aber warum kann man die künftigen Flugzeuge nicht mit Blattpflanzen und Vogelleim ausstatten, um außergewöhnliche Vogelherde zu schaffen, die den Luftreisenden eine köstliche und kostenlose Nahrung sichern? Und schon kann der Arbeiter, der den Fabrikdienst verweigert, sich üppig sättigen und siegreich den Imperien des kapitalistischen Unternehmers entfliehen. Was wird dann aus dem ökonomischen Dogma, wonach der Kapitalist nötig ist für den Arbeiter und dieser nicht ohne jenen leben kann? Auch diese theoretische Konstruktion wird zusammenbrechen wie morsches Holz und wird der neuen und gänzlich anderen Theorie der Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit Platz machen müssen.“ (Antonio Gramsci: Gefängnishefte 1, A 20)


Sie glauben so ein wirres Geschwätz gäbe es heute nicht mehr?

„Es (das Internet) ist Geburtsort und Lebensraum der Kommunikationsgesellschaft und somit Chiffre für einen Epochenwandel, der eines Tages im Rückblick als ebenso einschneidend gelten wird wie die Erfindung von Zügen, Autos und Flugzeugen. Ein weiterer Schritt im Bemühen der Menschheit, Zeit und Raum zu überwinden.

Beim Überwinden von Grenzen geht es um Freiheit. Hier haben wir den Punkt, der offensichtlich so schwer zu vermitteln ist: Die Piraten sind keine Internet-, sondern eine Freiheitspartei. Ihr grundlegendes Anliegen besteht in einer Rückkehr zu humanistischen Prinzipien. Das Internet kann in diesem Zusammenhang als angewandte Metapher für ein zeitgenössisches Verständnis von Freiheit begriffen werden. Freiheit durch Gleichberechtigung, Freiheit durch Meinungsäußerung, Freiheit durch allgemeinen Zugang zu Bildung und Wissen. Freiheit durch die Erosion von Hierarchien und Autoritäten. Freiheit durch Teilhabe und Pluralismus. Durch den Abschied vom linearen Denken zugunsten eines kontextuellen Verständnisses von Wirklichkeit. Das meint Christopher Lauer, wenn er sagt: »Wir machen keine Politik für das Internet, sondern für eine durch das Internet veränderte Gesellschaft.«“

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