Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Freitag, 30. August 2013
Herta Kasulke aus Dahlewitz
hatte schon über vierzig Jahre ein ziemlich ereignisloses Leben hinter sich gebracht als es ihr langweilig wurde. Seit ihre Kinder aus dem Haus waren und nur noch schwer zu kontrollieren, fuhr sie daher von Zeit zu Zeit nach Offenbach zu ihrer Schwester, die erfolglos versucht hatte sie davon abzubringen.

So auch in diesem Sommer. Jessas, was ist dieses Offenbach doch schön beschaulich. Da entdeckte sie auf dem Weg zum Haus ihrer Schwester einen Haufen Unrat im Vorgarten eines Hauses. Unmöglich so etwas. Das geht doch nicht.
Lang und breit gab sie ihrer Schwester Gelegenheit ihrer Empörung zuzuhören. Die Schwester lächelte höflich und dachte daran, dass sie keine Lust hätte, am Samstag in der Schule ihrer Tochter das Klassenzimmer zu streichen.

Nach einigen Tagen wurde die Stimmung im Haus der Schwester etwas gespannt, der Ehemann und die Kinder verzogen sich, wenn sie von der Arbeit oder der Schule nach Hause kamen, sofort in ihre Zimmer oder gingen zu Freunden. Nur Hertas Schwester konnte nicht fliehen.

Da beschloss Herta Kasulke wieder nach Hause zu fahren.

In Dahlewitz empörte sie sich unverzüglich bei ihrem Nachbarn, dem Herrn Meier, der nach seiner Tätigkeit als Justizvollzugsbeamter nun seine wohlverdiente Pension durch ungehemmten Salatanbau im heimischen Garten genoss. Herr Meier pflichtete ihr bei. Es sei eine Sauerei, dass – so seine Vermutung – jemand seine Gartenabfälle einfach dem Nachbarn über den Zaun werfe. So etwa gehe natürlich gar nicht. Eine Schweinerei.
Am nächsten Tag ging er, noch voller Wut, zur Gemeindeverwaltung und erzählte dem Beamten im Einwohnermeldeamt von Dahlewitz den Offenbacher Vorfall. Als Beamter zu einem Kollegen sozusagen. Der Kollege pflichtete ihm pflichtschuldigst bei und fand den Vorfall interessant. Auch er wäre nicht sehr erfreut, wenn ihm ein Nachbar einfach so seine Pflanzenreste in die Rabatten schmeißen würde. Da würde er sofort mit dem Nachbar reden und ihm deutlich machen, dass so ein Verhalten nicht akzeptabel sei. Aber sowas von reden würde er mit dem Nachbarn. Das würde er nicht so einfach hinnehmen.
So recht befriedigte Herrn Meier die Antwort zwar nicht, da der Kollege aus der Meldebehörde aber keine Anstalten machte, sich weiter zu dem Vorfall zu äußern, dachte er sich: ‚Na, der wird sich drum kümmern! Schließlich fand er das auch nicht in Ordnung‘.

(Zugegeben, ganz exakt so ist mir das nicht widerfahren. Es ist aber auch nicht übertrieben. Nein, nein, übertrieben ist wirklich es nicht.)

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren


... 589 x aufgerufen