Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Donnerstag, 19. Juli 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (8)
Mittwoch 6. Juni 2. Teil

Castelbuono ist ein richtig hübsches Städtchen mitten im Nationalpark Madonie.



Da wir noch Brot fürs Mittagessen brauchen gehen wir einfach in den nächstgelegenen Panificio (Bäckereien sind in Italien männlich). Das Brot sieht gut aus und so kaufen wir ein knuspriges Ciabatta und wollen schon glücklich wieder von dannen ziehen als der Juniorchef den Verkaufsraum betritt. Er sieht uns und greift sofort in die Auslage, um uns vier Stangen Grissini in die Hand zu drücken. „Manga!“ ruft er und erwartet stolz auf sein Handwerk unser Urteil. Die Grissini sind ungleichförmiger als die Industrieprodukte, etwa doppelt so dick und zehnmal so gut, so dass wir kein Problem haben seine Brote zu loben und uns überschwänglich zu bedanken.

An der Piazza Margherita (+ klicken! Der Platz ist übrigens nicht nach der Pizza, sondern Pizza und Platz sind vielmehr nach der gleichen Königin benannt) spielte in einer Kneipe eine Band House oft he Rising Sun. Die Musik entsprach so einigermaßen dem was man von den Animals im Ohr hat, der Text war ins Italienische übersetzt. Danach dann, sie ahnen es schon: Volare! Ohoho! Die Touristen fanden es riesig und fotografierten was der Speicherchip hergab.



Gleich neben der Kneipe hat die Laienbruderschaft von Pius X ihr Vereinslokal



Hat Antonio Gramsci in den Gefängnisheften nicht mal etwas zu der Laienbruderschaft geschrieben? Im Zusammenhang mit der katholischen Soziallehre? Naturrecht, die französische Revolution, Rousseau? Irgendwie in diesem Zusammenhang war das doch? Die französische Revolution als Radikalisierung der katholischen Soziallehre?

Danach ging‘s auf die schöne Burg von Castelbuono.



Arte Sacra e moderna und Archäologisches. Na ja, okay ein Heimatmuseum.



Gegen 14 Uhr dann wieder zurück nach Cefalù.

Nach dem Mittagsschlaf noch ein wenig weiter bei Klemperer gelesen: Das Ehepaar Klemperer macht Urlaub an der Ostsee.
„Zinnowitz wäre ein Bad wie die anderen hier auch, aber es ist das betont judenreine Bad, es ist in Judenreinheit Bansin noch überlegen. Am (sehr langen) Landungssteg führt es die Hakenkreuz-Fahne, u. in den Läden kauft man auf Postkarten das Zinnowitzlied, ein blödsinniges Gereime nach der Melodie »Hip, hip, hurra!«, mit dem Refrain, fern bleibe der Sohn vom Stamme Manasse u. jeder Itz – man wolle keine fremde Rasse in Zinnowitz (auf das ein andermal Gott behüt’s! gereimt wird). Es ist ekelhaft, daß solche Verhetzung erlaubt ist. Sie erscheint mir an sich nicht schlimmer u. nicht besser als eine kommunistische Verhetzung, aber sie ist erlaubt u. die kommunistische ist verboten ...“

(Victor Klemperer: Tagebücher 20. August 1927, S. 203)
Ich bin schon sehr gespannt ob und in welcher Weise sich seine Beurteilungen dann später in der SBZ/DDR ändern.

18 Uhr: Zeit für den Sundowner, dann Pizza und ein schönes Gespräch bei einer guten Flasche Wein.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren


... 724 x aufgerufen