Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Montag, 26. März 2012
Der Anus Praeter in der S-Bahn
Ich sitze, noch immer etwas angeschnupft, in der Bahn und bin froh, dass der Arbeitstag vorüber ist. Die Zeitung weiterlesen? Mal sehen: Joachim Gauck mit großer Mehrheit zum 11. ..., Carsten Maschmeyer zum Bundesverdie …, Neuer Intendant …, ach nee. Dann lieber Träumen, an die Liebste denken…

Lüngellüngellüngel
„Ja?“

„Ach, hallo Gerda, nein ich bin gerade Jannowitzbrücke … Na, so in etwa einer halben Stunde … nein, Ersatzverkehr ist nur am Wochenende … Nein!“

„Wer? … Nein ich weiß schon wie die Nachbarin heißt, wer den Anus Praeter kriegen soll, wollte ich wissen? Der K. aus der 52, in der S-Straße? Interessant.“

Interessant, der K. aus der S-Straße Nr. 52 in Hohenschönhausen*, der bekommt also einen Anus Praeter. Nicht dass ich den K. aus der S-Straße kennen würde, aber man nimmt ja Anteil am Schicksal seiner Mitmenschen, vor allem wenn man nicht weghören kann. Ob jetzt allerdings der K. aus der S-Straße Nr. 52 in Hohenschönhausen möchte, dass seine Krankheiten in der Bahn ausgebreitet werden? Oder seine Frau oder seine Kinder? Na, jetzt weiß ich Bescheid.
„Oh Mann, das ist ja eklig. Es wird dann tatsächlich neben dem Bauchnabel ein zusätzliches Loch gemacht, wo dann die Scheiße in einen Beutel quillt?“
Das schien der Fall zu sein, denn der Mann kratzte sich am Kopf und konnte sich nicht mehr beruhigen vor Verwunderung und Schrecken. Nun hatte ich ja vor langer Zeit einen Teil meines Zivildienstes auch auf der Allgemeinchirurgie verbracht und wusste von was die Rede ist, (Ist übrigens weder sonderlich schrecklich noch besonders ekelhaft) aber vielleicht sollte er solche Themen eher am Abendbrottisch ventilieren?
„Und wie lange bleibt das Ding da hängen?“
Kommt drauf an, hätte ich ihm sagen können, wenn mir die sensationsheischende Art der Befragung der Gattin nicht langsam auf die Nerven gegangen wäre.
„Acht Wochen?“
Ein anderer Mitreisender meldete sich zu Wort: „Anus Praeter ist ein weitgehend überholtes Behandlungskonzept.“
Der Laberfürst am Telefon sah ihn fragend an.
„Ich bin Medizinstudent. Mit minimal-invasiver Chirurgie erzielt man schonendere und meist bessere Ergebnisse.“
„Wie heißt das?
„minimal-invasive Chirurgie“
„Hörst du, Gerda? Der Medizinstudent sagt, das wäre überholt, der K. muss das nicht machen. Sach das mal der F., seiner Frau, damit die dem nicht einfach so den Bauch aufschneiden.“
Ich sagte dann nur knapp: „Vielleicht sollten Sie die Beratung über die Behandlung einem Arzt überlassen.“
Und dann musste ich raus.


* bevor jemand anfängt zu forschen: Abkürzungen und Stadtteil sind natürlich geändert.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren


... 790 x aufgerufen