Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Donnerstag, 19. April 2012
Schnipsel
  1. „Der mir fremde Finsterling“ schreibt Günter Grass zu seinem Passbild in „Beim Häuten der Zwiebel“. (zitiert nach Christa Wolf: Autobiographisch schreiben.) Ein Fremder oder ein zum Fremden erklärter, müsste man wohl fragen?
  2. Auf so einem Kreuzfahrtschiff wird pro Person und Tag so viel Fisch und Fleisch konsumiert, wie wir beide hier in einer ganzen Woche verbrauchen.
  3. Mir fallen immer so Sachen ein: An einem Briefwechsel hätten Christoph Martin Weiland und Christa Wolf wohl viel Freude gehabt.
  4. Das dauernde ‚lecker, lecker‘-Gesage ist mir egal. Aus unerfindlichen Gründe habe ich aber eine Abneigung gegen: „Nu koste doch wenigstens mal!“
  5. Warum liest den keiner, was er geschrieben hat, der Günther Grass? Danach fiele das Verteidigen schon schwerer.
  6. Diese Haltung: „Ich aber sage euch ...“ Das kann man nicht ertragen.
  7. Welches bekanntere Blatt wurde als Sexualklatschkloake bezeichnet und wer schrieb über das Sexualleben eines Prominenten für dieses Blatt?
  8. Warum schreibe ich eigentlich so selten über das Kochen? Noch keine rechte Vorstellung über die Form?
  9. Wer ‚So!‘ sagt hat noch lange nicht Feierabend.
  10. »Die meisten orientalischen Nationen finden an großen Ohren ein besonderes Vergnügen.« (Immanuel Kant: Physischen Geographie)

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Freitag, 13. April 2012
Die Sollroststelle
Beim Lesen dieser Anmerkung fiel mir die Erzählung eines Freundes wieder ein, der in den Schulferien oder den Semesterferien bei einem leidlich bekannten Autobauer gearbeitet hatte.

Der Verdienst war gut, die festangestellten Kollegen waren wohlwollend, nahmen ihn und die anderen Jobber aber nicht ganz ernst. Und so machten sie es sich zu ihrer Angelegenheit den jungen Leuten etwas vom Leben, und damit meinten sie in erster Linie das Berufsleben, zu erzählen. Vielleicht dachten sie aber auch: der kommt in 10 Jahren aus der Uni wieder in unseren Betrieb, aber dann als Chef. Jetzt ist die Gelegenheit, ihnen mal beizubiegen, wie wir die Welt sehen. Na, wie auch immer, auf jeden Fall versuchten sie ihnen etwas von ihrem Stolz als Produzenten eines der besten Autos der Welt beizubiegen bzw. von dem Stolz, den sie eigentlich verspüren wollten.
Die meisten Ferienjobber sollten die Karossen vom Ende der Fertigungstrasse auf einen Parkplatz fahren, zwar schwungvoll, aber doch auch ohne die nagelneuen Fahrzeuge bei diesem Mannöver zu beschädigen. Dies gelang nicht immer und diejenigen, die es zu dolle trieben, wurden dann wieder in die Freiheit der Ferien entlassen. Beim ersten Touchieren holte man sich eine gehörige Standpauke ab. „Wenn du Sauseckel nicht aufpasse kansch, fliegscht hier schneller naus, als du Gaspedal saga oder drücke kansch. Was glaubsch den du. Mir schaffe den ganze Tag, damit mer so a Auto fertig kriega, ond du fährschs aus lauder Bledheit nocherd kaPutt?“ So ungefähr.
Mein Schulfreund arbeitete nun nicht in dieser Abteilung, sondern in einer anderen, der Lackiererei. An die Endlackierung ließen sie ihn natürlich nicht heran. Seine Aufgabe war es die sogenannten Sollroststellen anzubringen, d.h. vor der Grundierung auf bestimmten Schweißnähten einen Klebestreifen anzubringen und ihn nach der Grundierung wieder zu entfernen. Aber höchst wahrscheinlich hat er etwas völlig falsch verstanden oder diese Praxis wurde aus technischen Gründen nur kurze Zeit und das ist schon lange her. Is ja klar. Seine Kollegen haben sich auf jeden Fall sehr zurückgehalten, ihm das zu erklären, obwohl es lange vor dieser Zeit war.

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Donnerstag, 12. April 2012
Sternstunden des Dialogs 3: Herr Lüg und Herr Wöhner

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Donnerstag, 5. April 2012
Schnipsel
Manchmal lese, sehe oder höre ich irgendwo etwas und es fällt mir dazu etwas mehr oder weniger Komisches oder Kluges ein, das schreibe ich dann auf:

  1. Wer das Verhalten von Kapos beschreibt rechtfertigt keineswegs den Nationalsozialismus.
  2. Der Prokrastinateur kommt wieder heur.
  3. Der vorausschauende Gast bringt eine Flasche Zwetschgenschnaps als Geschenk mit. Man will ja nicht auf dem Trockenen sitzen, während man auf die Tofuwurst oder das Sellerieschnitzel wartet. (aus der Serie: Warum man Deutsche nicht vegetarisch kochen lassen darf)
  4. Adorno war ein großer –ismus-Bauer.
  5. „Ute Sanella kommt jetzt andauernd im Fernseh“, sagte ich letztens zu meiner Frau. „Woher weißt du denn das?“ wollte sie wissen. „Steht in der Zeitung.“
  6. Neugierig geworden, weil er als genauer Beobachter gilt: Was irritiert mich an den drei Texten von Siegfried Kracauer?
    „Wie volkstümlich das Radio schon ist, beweisen die schwierigen technischen Beschreibungen, die neben den schwarzen oder braunen Kästen im Schaufenster liegen. Junge Burschen überfliegen die Texte mit einem fachmännischen Verständnis, das sie den politischen Ereignissen offenbar nicht entgegenbringen. Sonst wäre die Politik bei uns anders, und die Lautsprecher überwögen nicht so. In ihrer Nähe befinden sich einige Geschäftchen, die mit sicherem Instinkt aus irgendeiner Passage hervorgekrochen zu sein scheinen.“
    Das Elitäre bzw. wohl eher Manierierte? oder weil ich mit den Sprachbildern ( „die mit sicherem Instinkt aus irgendeiner Passage hervorgekrochen zu sein scheinen“ ) nichts anfangen kann und sie nicht verstehe? Ein weiterer Text von Siegfried Kracauer DAS SCHREIBMASCHINCHEN (bestätigt meinen Eindruck) Na gut, dann lese ich halt weiter Alfred Polgar.
  7. Der Herr B. war allen als Historiker von mäßigem Verstande und bescheidenem Fleiß bekannt, zudem als eifernder Kämpfer gegen alles was irgendwie „links“ sich gebärdete. Heute belfert er immer noch durch die Lande.
  8. Wenn Trotzköpfchen Christoph Lauer nicht weiß, was eine Transfergesellschaft ist, hätte er auch mal googeln können. Vielleicht ist aber die Vorbereitung auf eine Veranstaltung für einen Piraten zu viel der Mühe, oder sie können keine Suchmaschine bedienen. (Übrigens Herr Lauer: suchen und lesen dauert nicht mal eine halbe Stunde) Eins Zwei Geht auch nach der Sendung, dann schreibt man keinen Scheiß: Drei
  9. Heute habe ich die 'Ostergeschichte' von Robert Gernhardt angefangen.

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Freitag, 30. März 2012
Über Nationalpsychologie und Nationalpädagogik
Die Armut kommt von der Poverté und die Poverté kommt von der Armut; da bleibt kein Platz für schichtenspezifisches Denken, mal abgeshen davon, dass einem Tugendhirten sowieso nichts dazu einfallen könnte.

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Donnerstag, 29. März 2012
Solange
ich nicht mindestens einen Meter heruntergelesen habe, darf nix mehr hinzugekauft werden.


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Mittwoch, 28. März 2012
Schnipsel
Manchmal lese, sehe oder höre ich irgendwo etwas und es fällt mir dazu etwas mehr oder weniger Komisches oder Kluges ein, das schreibe ich dann auf:

  1. „Entercode mit Alles“ wollte der Mensch vor mir in der Kantine essen.
  2. Statt an einem sonnigen Morgen könnte man einen Roman auch mal an einem sonstigen Morgen beginnen lassen.
  3. Wenn man Postgender im Netz sucht, stößt man auf einen Haufen Piratengequatsche (pro&contra), gelegentlich auf eine Definition, was denn Postgender sein soll und einiges zum Postgender Look. Wahrscheinlich lässt sich dazu auch nicht mehr sagen.
  4. Sheldon heißt übrigens der Zwangsneurotiker, den ich letztens beim zappen gefunden habe. Eher so mittellustig.
  5. Die Welt ist bunt und vielgestaltig: Neben Männern, die Männer begehren und Männer sind, neben Männern die Frauen begehren und Männer sind, neben Frauen, die Frauen begehren und Frauen sind und Frauen, die Männer begehren und Frauen sind, gibt es noch Männer die Frauen sind sowie Frauen, die Männer sind und beide können sowohl Männer wie Frauen begehren. Und dann noch jede Menge Spielarten dazwischen und daneben. Sex, Gender und Desire oder Geschlecht, Rolle und Begehren sind in allen denkbaren Varianten und Mischungen auf dieser Welt vorhanden. Dies muss man eigentlich nur zur Kenntnis nehmen und akzeptieren. Um Männlein und Weiblein geht es dabei allerdings auch immer. (Und dann gibt es noch die ganze Palette der sexuellen Gepflogenheiten. Da geht es dann nicht nur um Männlein und Weiblein.)
  6. Forever young! = Ein Leben lang dusslig!
  7. Wenn jemand in diesem Internet seinen Illtum nicht sofort einsieht, muss man ihn vierteilen, köpfen und dann auf heiße Stangen spießen oder eben beschimpfen. Das geht natürlich auch.
  8. „Freiheit“ liegt in den Bestseller-Listen gleich hinter dem Alzheimer-Buch von Rudi Assauer. Wenn das mal kein Menetekel ist! (mit Dank an Georg Seßlen)
  9. „Man muss reisen, um die Welt, die einem die Medien genommen haben, wiederzugewinnen. Kein Land der Welt haben sie einem so gründlich genommen wie Kuba, zwischen Weltspiegel und Buena Vista Social Club.“ (Georg Seßlen) Ja! Man könnte heulen.
  10. gebutlerter Identitätskitsch
  11. Man muss nicht jede stinkende Socke aufessen, die einem in die Fresse gedrückt wird.
  12. Es hat auch was von Pseudometaphysik
  13. Das Unsichtbarmachen von Widersprüchen als politisches Programm.
  14. Beim Stichwort Performanz krieg ich zunehmend Schweißausbrüche.
  15. „Schreib alles auf“ meinte Jean Paul mal in einem seiner Sudelbücher. Dann könnte man an dieses ganze Gedöns mal einen Knopf dranmachen. Damit wär es für einige Zeit dann auch gut. Man müsste dann allerdings genug Zeit dazu finden.
  16. Wie hieß das damals so schön: „Wer zweimal mit demselben pennt, gehört schon zum Establishment.“ So ähnlich war das, nicht?
  17. Mit dem Provinzpastor kann das noch peinlich werden.
  18. Deutscher ist man, ob es einem passt oder nicht.
  19. Mir fallen eine Menge Gründe ein, warum man FDP, SPD, CDU oder die Linke nicht wählen will, aber keiner, warum man die Piraten wählen sollte.

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Donnerstag, 22. März 2012
Adam erhält eine Gefährtin

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Mittwoch, 21. März 2012
Eine gescheiterte Liebe III
Er blickte von seinem blauen Buch auf und lies die gelesenen Worte auf sich wirken:
„In dieser Stunde hörte Siddhartha auf, mit dem Schicksal zu kämpfen, hörte auf zu leiden. Auf seinem Gesicht blühte die Heiterkeit des Wissens, dem kein Wille mehr entgegensteht, das die Vollendung kennt, das einverstanden ist mit dem Fluß des Geschehens, mit dem Strom des Lebens, voll Mitleid, voll Mitlust, dem Strömen hingegeben, der Einheit zugehörig.“
So müsste es sein, frei von Not und Zweifel, dachte er bei sich. Da bemerkte er, dass die schöne Frau auf der Sitzbank gegenüber das gleiche Buch in der Hand hielt und las. Ob sie genauso beeindruckt war? Er rieb sich die Nase mit dem Zeigefinger und lächelte, als sie für einen Moment aufsah und ihren Blick über die Passagiere wandern lies.
Sie war unruhig. Sie hatte das Referat für die Schule vergessen und da eine Nachfrist nicht vorgesehen war, las sie jede zweite Seite kurz an, um wenigstens ungefähr mitzubekommen, um was es in dem Roman eigentlich ging. Buddhismus und so ein Kram. Sie zog ihren Collegeblock aus der Tasche und begann hektisch Notizen zu machen. Es blieben ihr noch 15 Minuten Bahnfahrt und drei oder vier Minuten, bis der Deutschlehrer in die Klasse kommen würde. Vorher musste sie noch allen das Versprechen abnehmen, keine Fragen zu stellen. Oder nur Fragen, die jeder ohne Kenntnis des Romans, beantworten kann. Ob sie noch andere Romane des Autors gelesen hätte. So einen Scheiß eben.
‚Sieht gar nicht schlecht aus, der Typ, gegenüber.‘ Dann bemerkte sie, dass er den gleichen Roman vor sich liegen hatte. ‚Soll ich ihm eine kurze Zusammenfassung aus dem Kreuz leiern?‘ Sie runzelte die Stirn. ‚Er liest den Roman freiwillig? Warum sitzt er völlig regungslos da?‘ Sie machte sich weiter Notizen.
‚Das lassen wir mal lieber!‘ dachten sie.

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Dienstag, 20. März 2012
Eine gescheiterte Liebe II
Er sah sie an, rieb sich mit dem Zeigefinder die Nase und war unschlüssig. Sie musterte ihn kritisch, obwohl er interessiert gelächelt hatte. Er hatte etwas, wie könnte man es nennen? phlegmatisches. Sie ist hektisch, dachte er bei sich, ihr fehlt die innere Ruhe.

‚Das lassen wir mal lieber!‘ dachten sie.

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