Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (Zwischenstück)
g. | Donnerstag, 2. August 2012, 07:00 | Themenbereich: 'auf Reisen'
Dieses rätselhafte Gebäude steht am Ortsrand von Santo Stefano di Canestra. Vor dem Gebäude führt der Fußweg zu Bahnhof und Hafen, hinter dem Gebäude ist die Ortzufahrt. Vier Stockwerke und eine Außentreppe, aber kein Raum, der irgendeine Funktion erfüllt. Die obersten zwei Stockwerke haben einen Sichtschutz aus Beton mit einem schmalen Durchlass. Dahinter könnte man sich umkleiden oder ein Urinal verstecken. Das unterste Stockwerk ist ein einfacher Raum mit vier Wänden und einer Tür nach außen, mit Sperrmüll zur Hälfte gefüllt. Das zweite Stockwerk ist ebenfalls mit einer Art Tür versehen, sogar Fenster wurden eingebaut. Zuerst dachte ich, vielleicht sollte das mal so eine Art Maisonettewohnung werden, aber wenn man in einen andren Raum möchte, müsste man über die Außentreppe gehen. Was könnte das nur für ein Gebäude sein?
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Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (14)
g. | Mittwoch, 1. August 2012, 06:40 | Themenbereich: 'auf Reisen'
Sonntag 10. Juni 2. Teil
Zwischen Castel di Tusa und Santo Stefano liegt das Fiumara d’Arte, das Tal der Kunstwerke. Wir haben dann doch darauf verzichtet, uns einen Leihwagen zu nehmen und die ganzen Kunstwerke abzufahren.
Der Tag war heiß, aber nicht drückend. Leichter Wind von See her. Nach dem Mittagsschlaf habe ich das Jahr 1929 in den Tagebüchern fertig gelesen. Seltsam: kein einziger Satz zur Weltwirtschaftskrise.
Wir schlendern am Abend noch eine Runde durch den Ort und gehen dann zu unserem üblichen Sundowner auf die Piazza del Duomo. Viel Auftrieb am Sonntagabend, mehr als doppelt so viel Leute wie an anderen Tagen. Wir setzen uns und bestellen, wie üblich. Viele Ältere, viele Frauen. Eine Dame, einige Tische neben uns, regt sich über die Kleidung der jüngeren Frauen auf und sieht missbilligend auf ein Paar das sich küsst. Unruhe vor dem Dom. Nacheinander kommen Abordnungen der verschiedenen Kirchengemeinden der Stadt auf den Platz. An der Spitze jeweils ein kräftiger Mann mit Standarte, danach fünf bis zehn Männer mit unterschiedlich gefärbten Schärpen: die Roten, die Gelben, die Violetten, usw. Auf den Standarten sind die Wappen (sagt man bei Kirchengemeinden so?) und Bezeichnungen der Gemeinden aufgestickt. Die Violetten haben eine Blaskapelle von ca. 30 Personen. Einer der Tubabläser, ein Bär, unrasiert, trägt eine Sonnenbrille und sieht sehr verwegen aus.
„Das ist sicher der Knochenbrecher der örtlichen Mafia.“
„Ach was, das ist ein ganz lieber Bär, der arbeitet unter der Woche in einem Eisenwarengeschäft.“
Der erste Trommler schlägt mechanisch den Rhythmus und lässt seine Blicke schweifen, der zweite Trommler ist erst sieben oder acht Jahre alt und erledigt das Trommeln hoch konzentriert. Die beiden Paukisten quatschen die ganze Zeit miteinander und flirten mit den Damen am Wegesrand.
Die Gruppen verschwinden nach und nach im Dom. Nach etwa einer halben Stunde kommen sie wieder hervor und bauen sich geordnet auf dem Platz auf. Am Anfang, in der Mitte und am Ende des Zuges werden nunmehr Lautsprecher, die über Funk miteinander verbunden sind, an hohen Stangen mitgeführt. Am Schluss marschieren bzw. wanken die Gelben, die unter einem Baldachin irgendeine Reliquie irgendeines örtlichen Heiligen mit sich führen. Der Bischof erzählt über die Lautsprecher irgendetwas Christliches („Misericordia“ usw.), die Musik setzt ein, der Zug singt ein Lied. Die Dame neben uns stimmt in das Lied ein und folgt dem Zug.
Wenn ich den Fotoapparat heute nicht in der Wohnung gelassen hätte ...
Wir bezahlen unsere Rechnung und gehen zum Abendessen: Involtini di pesce spada, sehr lecker.
Zwischen Castel di Tusa und Santo Stefano liegt das Fiumara d’Arte, das Tal der Kunstwerke. Wir haben dann doch darauf verzichtet, uns einen Leihwagen zu nehmen und die ganzen Kunstwerke abzufahren.
Der Tag war heiß, aber nicht drückend. Leichter Wind von See her. Nach dem Mittagsschlaf habe ich das Jahr 1929 in den Tagebüchern fertig gelesen. Seltsam: kein einziger Satz zur Weltwirtschaftskrise.
Wir schlendern am Abend noch eine Runde durch den Ort und gehen dann zu unserem üblichen Sundowner auf die Piazza del Duomo. Viel Auftrieb am Sonntagabend, mehr als doppelt so viel Leute wie an anderen Tagen. Wir setzen uns und bestellen, wie üblich. Viele Ältere, viele Frauen. Eine Dame, einige Tische neben uns, regt sich über die Kleidung der jüngeren Frauen auf und sieht missbilligend auf ein Paar das sich küsst. Unruhe vor dem Dom. Nacheinander kommen Abordnungen der verschiedenen Kirchengemeinden der Stadt auf den Platz. An der Spitze jeweils ein kräftiger Mann mit Standarte, danach fünf bis zehn Männer mit unterschiedlich gefärbten Schärpen: die Roten, die Gelben, die Violetten, usw. Auf den Standarten sind die Wappen (sagt man bei Kirchengemeinden so?) und Bezeichnungen der Gemeinden aufgestickt. Die Violetten haben eine Blaskapelle von ca. 30 Personen. Einer der Tubabläser, ein Bär, unrasiert, trägt eine Sonnenbrille und sieht sehr verwegen aus.
„Das ist sicher der Knochenbrecher der örtlichen Mafia.“
„Ach was, das ist ein ganz lieber Bär, der arbeitet unter der Woche in einem Eisenwarengeschäft.“
Der erste Trommler schlägt mechanisch den Rhythmus und lässt seine Blicke schweifen, der zweite Trommler ist erst sieben oder acht Jahre alt und erledigt das Trommeln hoch konzentriert. Die beiden Paukisten quatschen die ganze Zeit miteinander und flirten mit den Damen am Wegesrand.
Die Gruppen verschwinden nach und nach im Dom. Nach etwa einer halben Stunde kommen sie wieder hervor und bauen sich geordnet auf dem Platz auf. Am Anfang, in der Mitte und am Ende des Zuges werden nunmehr Lautsprecher, die über Funk miteinander verbunden sind, an hohen Stangen mitgeführt. Am Schluss marschieren bzw. wanken die Gelben, die unter einem Baldachin irgendeine Reliquie irgendeines örtlichen Heiligen mit sich führen. Der Bischof erzählt über die Lautsprecher irgendetwas Christliches („Misericordia“ usw.), die Musik setzt ein, der Zug singt ein Lied. Die Dame neben uns stimmt in das Lied ein und folgt dem Zug.
Wenn ich den Fotoapparat heute nicht in der Wohnung gelassen hätte ...
Wir bezahlen unsere Rechnung und gehen zum Abendessen: Involtini di pesce spada, sehr lecker.
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Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (Zwischenstück)
g. | Dienstag, 31. Juli 2012, 07:23 | Themenbereich: 'auf Reisen'
Der Gestaltungswille schlägt unbarmherzig auch bei Ferienwohnungen zu.
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Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (13)
g. | Montag, 30. Juli 2012, 06:29 | Themenbereich: 'auf Reisen'
Sonntag 10. Juni 1. Teil
6:30 Uhr Morgenkaffee auf dem Balkon.
Ein schwarzer Kater streift am noch menschenleeren Strand und an der Uferpromenade umher. Er kontrolliert sein Revier. Na? Alle Mädels noch da? Kein Eindringling?
Ein Mann, Mitte 50, grau meliertes, blondes Haar, kommt mit einer großen Plastiktüte an den Strand, blickt sich um und kontrolliert sorgfältig ob die Tüte ein Loch hat. Dann entkleidet er sich. Schuhe, Hose und Hemd werden sehr sorgfältig in der Tüte verstaut und diese dann zugeknotet. Er prüft nochmals ob die Tüte ein Loch hat und ob genügend Luft in ihr ist. Dann schwimmt er zu der Segeljacht in etwa 50 Meter Entfernung, die Tüte immer vor sich her schiebend.
Zurück zu Klemperer.
Auf dem Bahnhof ist es uns nun schon mehrfach passiert, dass der Schaltermensch uns in sein Büro gewunken hat, um uns in fließendem Englisch die Fahrkarten zu verkaufen und uns darauf hinzuweisen, dass die Fahrkarten noch gestempelt werden müssen. Außerdem schrieb er uns unaufgefordert die Abfahrtszeiten von Santo Stefano für den Rückweg auf einen Zettel. Diese und einige weitere Erfahrungen, etwa mit Polizia Local und Carabinieri, verstärken den Eindruck, dass auf Sizilien große Anstrengungen gemacht werden, öffentliche Angelegenheiten bürgerfreundlich zu gestalten. Wenn ich an Neapel, Salerno, ... zurückdenke, scheint das ein Unterschied zu Kalabrien zu sein, wo solche Erlebnisse von Hilfsbreitschaft und Zuvorkommen nur auf dem Land alltäglich-selbstverständlich waren. Fragt sich, ob der Eindruck nur zufällig ist und ob er zutreffend und mit den Bemühungen, die Mafia bedeutungslos zu machen, zusammenhängt?
Okay, ich spekuliere.
Die kurze Fahrt nach Santo Stefano führt uns wieder einmal vor Augen, dass die Familie Pronto eine weitverzweigte Verwandtschaft in Italien hat und anscheinend ein bestimmtes Klingelzeichen auf dem telefonino bevorzugt.
Santo Stefano liegt auf einer Anhöhe etwa hundert Meter über dem Meer. Es ist Sonntagmorgen, die Leute sind noch etwas müde, sitzen in den Bars oder besuchen den Gottesdienst.
Wer für einen Espresso keine Kohle hat, steht auf dem Platz unter den Bäumen und quatscht eine Runde.
Die alten Strategen sitzen in der societá operaia und machen sich einen schönen Tag.
Vom Belvedere hat man einen schönen Blick auf die Autobahn.
Aber eigentlich ist die Via del Palme sehr schön, nur eben menschenleer.
Santo Stefano ist ja die Città delle Ceramiche und so verkaufen vier von fünf Keramikläden auf der Hauptstraße Touristenmüll, der vermutlich in China gefertigt wurde. Richtig liebevoll ist hingegen das Heimatmuseum der Stadt eingerichtet. Traditionelle Keramik wie diese Bodenfliesen
oder dieses Bild
werden neben modernen Formen
ausgestellt. Da kann einem schon einiges gefallen.
Natürlich nicht alles.
Das Herz der Angebeteten aufschließen und den Schlüssel für immer verlieren, ist zweifellos eine erfolgreiche Strategie.
6:30 Uhr Morgenkaffee auf dem Balkon.
Ein schwarzer Kater streift am noch menschenleeren Strand und an der Uferpromenade umher. Er kontrolliert sein Revier. Na? Alle Mädels noch da? Kein Eindringling?
Ein Mann, Mitte 50, grau meliertes, blondes Haar, kommt mit einer großen Plastiktüte an den Strand, blickt sich um und kontrolliert sorgfältig ob die Tüte ein Loch hat. Dann entkleidet er sich. Schuhe, Hose und Hemd werden sehr sorgfältig in der Tüte verstaut und diese dann zugeknotet. Er prüft nochmals ob die Tüte ein Loch hat und ob genügend Luft in ihr ist. Dann schwimmt er zu der Segeljacht in etwa 50 Meter Entfernung, die Tüte immer vor sich her schiebend.
Zurück zu Klemperer.
„Und ich sehe, zum erstenmal sehe ich wirklich, das spanische, französische, italienische Nordafrika in seiner Lage, ich sehe Aegypten u. das heilige Land, wie sie im Raum liegen, ich sehe Griechenland, Macedonien u. Kleinasien, und so vieles was mir nur Literatur, Märchen, Phantom war, wird mir jetzt körperhaft klar u. reale Gegebenheit. Weil ich nun eben die Karte ERLEBE. – Ich sage mir: das KLEINE Hellas, das KLEINE Italien. Die Schiffsschraube am Fahrzeug Europa. Das KLEINE Europa. Immer sind es kleine Völker, kleine Länder, kleine Gruppen gewesen, die geführt haben, u. innerhalb der kleinen Gruppen EINZELNE. Wie ist es möglich, materialistische, collektivistische Lehren aus der Geschichte zu ziehen?“Heute steht Santo Stefano di Canestra, Città delle Ceramiche, auf dem Programm.
(Victor Klemperer: Tagebücher S. 85 12. August 1929, auf einem Frachter im Golf von Oran.)
Auf dem Bahnhof ist es uns nun schon mehrfach passiert, dass der Schaltermensch uns in sein Büro gewunken hat, um uns in fließendem Englisch die Fahrkarten zu verkaufen und uns darauf hinzuweisen, dass die Fahrkarten noch gestempelt werden müssen. Außerdem schrieb er uns unaufgefordert die Abfahrtszeiten von Santo Stefano für den Rückweg auf einen Zettel. Diese und einige weitere Erfahrungen, etwa mit Polizia Local und Carabinieri, verstärken den Eindruck, dass auf Sizilien große Anstrengungen gemacht werden, öffentliche Angelegenheiten bürgerfreundlich zu gestalten. Wenn ich an Neapel, Salerno, ... zurückdenke, scheint das ein Unterschied zu Kalabrien zu sein, wo solche Erlebnisse von Hilfsbreitschaft und Zuvorkommen nur auf dem Land alltäglich-selbstverständlich waren. Fragt sich, ob der Eindruck nur zufällig ist und ob er zutreffend und mit den Bemühungen, die Mafia bedeutungslos zu machen, zusammenhängt?
Okay, ich spekuliere.
Die kurze Fahrt nach Santo Stefano führt uns wieder einmal vor Augen, dass die Familie Pronto eine weitverzweigte Verwandtschaft in Italien hat und anscheinend ein bestimmtes Klingelzeichen auf dem telefonino bevorzugt.
Santo Stefano liegt auf einer Anhöhe etwa hundert Meter über dem Meer. Es ist Sonntagmorgen, die Leute sind noch etwas müde, sitzen in den Bars oder besuchen den Gottesdienst.
Wer für einen Espresso keine Kohle hat, steht auf dem Platz unter den Bäumen und quatscht eine Runde.
Die alten Strategen sitzen in der societá operaia und machen sich einen schönen Tag.
Vom Belvedere hat man einen schönen Blick auf die Autobahn.
Aber eigentlich ist die Via del Palme sehr schön, nur eben menschenleer.
Santo Stefano ist ja die Città delle Ceramiche und so verkaufen vier von fünf Keramikläden auf der Hauptstraße Touristenmüll, der vermutlich in China gefertigt wurde. Richtig liebevoll ist hingegen das Heimatmuseum der Stadt eingerichtet. Traditionelle Keramik wie diese Bodenfliesen
oder dieses Bild
werden neben modernen Formen
ausgestellt. Da kann einem schon einiges gefallen.
Natürlich nicht alles.
Das Herz der Angebeteten aufschließen und den Schlüssel für immer verlieren, ist zweifellos eine erfolgreiche Strategie.
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Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (12)
g. | Freitag, 27. Juli 2012, 07:09 | Themenbereich: 'auf Reisen'
Samstag 9. Juni
Noch etwas müde von der kurzen Nacht. Meine morgendliche Klemperer-Lektüre beschert mir:
Voßler, bei dem Victor Klemperer studiert hat, ist zu Besuch in Dresden.
Das italienische Ehepaar, das neben uns wohnt, ist immer noch stinksauer über die Ruhestörung der letzten Nacht. Sie teufeln herum und durch die geöffnete Balkontüre schwappt der eine oder andere Satz zu uns herüber. Über das Spanische kann ich einen Teil davon verstehen. (Übrigens: es scheinen sehr nette Leute zu sein. Wenn man nur ausreichend Italienisch könnte.)
Rundgang durch den Ort, Frühstück. So nach und nach versammelt sich Stadt und Umland am Strand.
Eine Kugel Eis im Brötchen, wie es viele Einheimische als Zwischenmahlzeit bevorzugen? Ach nein, besser nicht. Man muss nicht alles ausprobieren.
Die Klemperers machen Urlaub im Tessin.
Noch etwas müde von der kurzen Nacht. Meine morgendliche Klemperer-Lektüre beschert mir:
Voßler, bei dem Victor Klemperer studiert hat, ist zu Besuch in Dresden.
„Am Sonntag Abend erzählte er viel (u. haßerfüllt) von MUSSOLINI, den er für einen Mörder u. skrupellosesten Egoisten hält, ohne tiefere Geistigkeit u. ohne die Macht, Gutes u. Bleibendes zu schaffen. Ichto (?) porco sifilitico habe ihn De Lollis immer genannt. Während der Matteotti-Affäre habe M. sich verloren gegeben u. sich krank zu Bett gelegt. Der Witwe M.’s, die ihn um Hilfe u. Gerechtigkeit anflehte, habe er gesagt, SIE sei jetzt mächtiger als er. Erst als sich niemand gegen ihn erhob, habe er die schleifenden Zügel wieder in die Hand genommen. Er sei ohne persönlichen Mut. (Wirklich?) Er sei ohnmächtig geworden bei einem Attentat, wo die Kugel bloß seine Nase streifte. Als man die Leiche Matteottis suchte u. Muss. machtlos war, erschien im Asino ein Bild. Muss. und ein Negerhäuptling aus den Colonieen. Der Häuptling vertraulich: Eccellenza, MIR können Sie’s doch sagen. Nicht war ihr habt ihn gefressen?! ... Als M. seinen Frieden mit der Kirche machte, sollte auch seine Civilehe kirchlich gesegnet werden. Muss. wollte daraus ein Staatsfest machen. Der Erzbischof von Mailand (?) lehnte das ab: Man könne dem Volk doch nicht zeigen, daß sein Gebieter so lange NEL CONCUBINATO gelebt habe. Der Erzbischof forderte auch Beichte. Muss. war damit einverstanden, er habe einen Priester irgendwo in den Abruzzen zum Freunde. Der Erzbisch. zu einem Freunde: Wieviele Tage hintereinander müsse dieser Mensch beichten! Er könne sich freilich auch in drei Worte fassen: Ho fatto tutto! – V. erzählte auch, wie eine Bande in der Nacht in Croces Palazzo eindrang u. die Fensterscheiben zerbrach. Frau Croce trat den Leuten entgegen u. beschimpfte sie heftig als ehrlos. Worauf sie gedeppt abzogen.“Eine aberwitzige Wahrnehmung des italienischen Faschismus, selbst wenn man in Rechnung stellt, dass die Erzählung von 1928 ist und der Nationalsozialismus erst in den Anfängen sichtbar wird. Wahrscheinlich ist das aber die Wahrnehmung des ‚liberalen’ Bildungsbürgertums dieser Zeit, von demokratischem Bewusstsein keine Spur. Das gilt es im Hinterkopf zu haben, wenn mal wieder von Kommunisten und Nazis, die die Weimarer Republik zerstört hätten, die Rede ist.
(Victor Klemperer: Tagebücher 15. Juni 1928, S. 274)
Das italienische Ehepaar, das neben uns wohnt, ist immer noch stinksauer über die Ruhestörung der letzten Nacht. Sie teufeln herum und durch die geöffnete Balkontüre schwappt der eine oder andere Satz zu uns herüber. Über das Spanische kann ich einen Teil davon verstehen. (Übrigens: es scheinen sehr nette Leute zu sein. Wenn man nur ausreichend Italienisch könnte.)
Rundgang durch den Ort, Frühstück. So nach und nach versammelt sich Stadt und Umland am Strand.
Eine Kugel Eis im Brötchen, wie es viele Einheimische als Zwischenmahlzeit bevorzugen? Ach nein, besser nicht. Man muss nicht alles ausprobieren.
Die Klemperers machen Urlaub im Tessin.
„Ganz italienisch ist die Bevölkerung hier. Wieso eigentlich gehören sie nicht zu Italien? Die Schweiz schlägt einem alle Theorieen vom Wesen einer Nation zuschanden. Aber sie ist Ausnahme.“Oder aber die Theorie, das Nationen ein ‚Wesen’ haben ist Unfug. Damit wäre Klemperers zentrales Paradigma der Literaturbetrachtung allerdings obsolet.
(Victor Klemperer: Tagebücher 5. März 1929, S. 17)
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Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (Zwischenstück)
g. | Donnerstag, 26. Juli 2012, 07:05 | Themenbereich: 'auf Reisen'
Das Interieur italienischer Regionalzüge ist besonders scheußlich.
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Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (11)
g. | Mittwoch, 25. Juli 2012, 07:01 | Themenbereich: 'auf Reisen'
Freitag 8. Juni
Kaffeetrinken, Morgenlektüre:
Beim morgendlichen Café mit Cornetto auf der Piazza del Duomo sitzt eine Dame, Mitte 50, am Nebentisch, sehr gestrenges Gesicht. Sie hatte einen Capuccino, ein Cornetto und einen Orangensaft mit hoheitlicher Miene bestellt und hatte nachdem es ihr gebracht wurde an allem etwas auszusetzen. Für ihren Capuccino wollte sie ein Extrakännchen geschäumte Milch und der Blutorangensaft, der hier überall ausgeschenkt wurde passte ihr auch nicht. Sie wartete bis alles bei ihr auf dem Tisch stand und der Kellner wieder weg war, um ihn dann zweimal wieder herbeizurufen, um ihre Ergänzung bzw. ihre Reklamation vorzutragen. Ohne eine Miene zu verziehen, erledigte der Kellner die Anforderungen. Als er an uns vorbeiging, sagte sein Gesicht: Schnepfe!
Sie war wohl nicht der Typ „Apothekersgattin“ sondern die Apothekerin selbst, die auf die Beachtung ihres Standes dringt.
Auf dem Bahnsteig tönt unversehens aus einer Gruppe Italiener eine Stimme, ebenfalls in fliesendem Italienisch, aber mit unverkennbar schwyzerdüteschem Tonfall, unglaublich langsam und betulich. Im Tessin reden sie zwar auch betulich aber nicht so langsam.
Im Nachbarort, etwa 30 Km und 20 Minuten Fahrzeit, in Castel di Tusa (die vielen Burgen haben sie mal gebaut, um Seeräuber abzuwehren und jetzt stehen sie immer noch in der Gegend herum), einem ganz hübschen Städtchen mit einer Burg, einigen Kirchen, dem Strand mit einigen angebrannten Touristen und ein paar Kneipen und Restaurants. In zehn Minuten ist man mit der Besichtigung fertig. Sehr beschaulich.
Als wir wieder in Cefalú ankommen blockiert eine Menge die Türen beim Ausstieg. Ein junger Mann neben uns in der Waggontür brüllt los, man möge doch die Leute zuerst aussteigen lassen. Alles Schimpfen hilft nichts. Wir müssen uns brachial durch die Menge auf dem Bahnsteig kämpfen. Dass Erwachsenen wie Schüler völlig Stulle sind und das Aussteigen blockieren ist in Berlin selten. Meist sind nur die Jugendlichen (und die Touristen aus North Little Rock, Arkansas oder Benelauría, Andalucía) zu doof, um zu begreifen, dass so ein Verhalten für alle nachteilig ist.
14:00 wieder zu Hause. Ein paar Wurst- und Käsebrote, Tomaten, Oliven, eingelegte Carciofi.
Beim Blick von unserem Balkon: Es ist immer wieder auffällig wie extrem unterschiedlich die Körpersprachen der Einheimischen/Touristen und der Krimskrams verkaufenden Nordafrikaner (vermutlich aus Tunesien) sind. Augenfällige Dominanz vs. höfliche Bescheidenheit.
16:30 Klemperer
Der Bräutigam trägt eine Paradeuniform mit Säbel, die Braut in einem schlichten weißen Kleid. Wir gehen weiter und treffen einige hundert Meter entfernt zwei Männer, Ende dreißig, beide in schlecht sitzenden Anzügen. Schlecht sitzend soll heißen: die Hosen etwas zu kurz und die Jacketts spannen sichtbar auf dem Bauch. Einer der Beiden ist ca. 1,90 groß und von gewaltigem Leibesumfang. Zum schwarzen Anzug trägt er ausgelatschte weiße Sneakers. Sie haben sich anscheinend verspätet und eilen der Hochzeitsgesellschaft zu.
Wir schlendern weiter und landen zu einem Campari Soda und einem Bier auf der Piazza del Duomo.
Auf dem Rückweg beobachte ich einen Nordafrikaner, der eine Gruppe Landsleute zusammenscheißt, wahrscheinlich weil sie ihre Stände mit Gürteln, Roleximitaten und Modeschmuck zu früh abgebaut haben. Der Verkauf scheint also organisiert zu sein. Inwieweit das Ganze kriminell abläuft lässt sich natürlich anhand einer einzelnen Beobachtung nur vermuten.
Wir essen zu Abend, sitzen dann noch eine Stunde auf unserem Balkon und beobachten den abendlichen Auftrieb und unterhalten uns.
Gegen ein Uhr nachts entsteht ein Höllenlärm. Etwa 60 bis 80 Motorradfahrer donnern durch unsere Straße. Nach einer halben Stunde haben sie endlich alle ihre Maschinen abgestellt und stehen plaudernd in kleinen Gruppen am Lungomare. Immer mal wieder kommt eine Maschine dazu, wroum, wroum, oder jemand fährt weg, wroum, wroum. Alles sehr gesittet aber laut. Eine weitere Stunde später ist das Bikertreffen beendet. Es wurde weder gesoffen noch geschrien, nur der Lärm der schweren Maschinen hallt von der Häuserfront wieder. Dann kehrt Ruhe ein.
Kaffeetrinken, Morgenlektüre:
„Enorm waren die akrobatischen Leistungen dreier junger Leute u. eines russischen Tänzerpaares. Aber mir ist der russische Tanz unsympathisch. Dieses am Boden Hocken, dieses Springen in Closetstellung ist so unaesthetisch u. unfrei. Es ist mir noch viel peinlicher als das hüftensteife Herumstampfen der Spanierinnen.“Ach, wenn Klemperer nur seinen schriftstellerischen Neigungen nachgegeben hätte und wenn er sich getraut hätte, solche Sprachbilder auch außerhalb eines privaten Tagebuchs zu verwenden.
(Victor Klemperer: Tagebücher S. 267 9. Mai 1928)
Beim morgendlichen Café mit Cornetto auf der Piazza del Duomo sitzt eine Dame, Mitte 50, am Nebentisch, sehr gestrenges Gesicht. Sie hatte einen Capuccino, ein Cornetto und einen Orangensaft mit hoheitlicher Miene bestellt und hatte nachdem es ihr gebracht wurde an allem etwas auszusetzen. Für ihren Capuccino wollte sie ein Extrakännchen geschäumte Milch und der Blutorangensaft, der hier überall ausgeschenkt wurde passte ihr auch nicht. Sie wartete bis alles bei ihr auf dem Tisch stand und der Kellner wieder weg war, um ihn dann zweimal wieder herbeizurufen, um ihre Ergänzung bzw. ihre Reklamation vorzutragen. Ohne eine Miene zu verziehen, erledigte der Kellner die Anforderungen. Als er an uns vorbeiging, sagte sein Gesicht: Schnepfe!
Sie war wohl nicht der Typ „Apothekersgattin“ sondern die Apothekerin selbst, die auf die Beachtung ihres Standes dringt.
Auf dem Bahnsteig tönt unversehens aus einer Gruppe Italiener eine Stimme, ebenfalls in fliesendem Italienisch, aber mit unverkennbar schwyzerdüteschem Tonfall, unglaublich langsam und betulich. Im Tessin reden sie zwar auch betulich aber nicht so langsam.
Im Nachbarort, etwa 30 Km und 20 Minuten Fahrzeit, in Castel di Tusa (die vielen Burgen haben sie mal gebaut, um Seeräuber abzuwehren und jetzt stehen sie immer noch in der Gegend herum), einem ganz hübschen Städtchen mit einer Burg, einigen Kirchen, dem Strand mit einigen angebrannten Touristen und ein paar Kneipen und Restaurants. In zehn Minuten ist man mit der Besichtigung fertig. Sehr beschaulich.
Als wir wieder in Cefalú ankommen blockiert eine Menge die Türen beim Ausstieg. Ein junger Mann neben uns in der Waggontür brüllt los, man möge doch die Leute zuerst aussteigen lassen. Alles Schimpfen hilft nichts. Wir müssen uns brachial durch die Menge auf dem Bahnsteig kämpfen. Dass Erwachsenen wie Schüler völlig Stulle sind und das Aussteigen blockieren ist in Berlin selten. Meist sind nur die Jugendlichen (und die Touristen aus North Little Rock, Arkansas oder Benelauría, Andalucía) zu doof, um zu begreifen, dass so ein Verhalten für alle nachteilig ist.
14:00 wieder zu Hause. Ein paar Wurst- und Käsebrote, Tomaten, Oliven, eingelegte Carciofi.
Beim Blick von unserem Balkon: Es ist immer wieder auffällig wie extrem unterschiedlich die Körpersprachen der Einheimischen/Touristen und der Krimskrams verkaufenden Nordafrikaner (vermutlich aus Tunesien) sind. Augenfällige Dominanz vs. höfliche Bescheidenheit.
16:30 Klemperer
„Auch ein anderer Thema-Einfall kam mir vor einiger Zeit: Der Brief. Wie er sich unter der technischen Vervollkommnung änderte, verkürzte. Seit man telephoniert, seit man Radio hat, seit man Zeitungen hat. Er muß sich auf das Private zurückziehen.“Am Abend, nach dem Einkaufen (Spaghetti, Tonno, Rucola, Tomaten und Limettenfilets gibt es am Abend) noch durch den Ort geschlendert. Eine Hochzeitsgesellschaft zieht durch die Stadt. Am kleinen Fischerhafen lässt sich das Brautpaar fotografieren. Drei Gäste mit gewaltigen Teleobjektiven und preiswerten schwarzen Anzügen sind dafür zuständig.
(Victor Klemperer: Tagebücher 25. Mai 1928, S. 269)
Der Bräutigam trägt eine Paradeuniform mit Säbel, die Braut in einem schlichten weißen Kleid. Wir gehen weiter und treffen einige hundert Meter entfernt zwei Männer, Ende dreißig, beide in schlecht sitzenden Anzügen. Schlecht sitzend soll heißen: die Hosen etwas zu kurz und die Jacketts spannen sichtbar auf dem Bauch. Einer der Beiden ist ca. 1,90 groß und von gewaltigem Leibesumfang. Zum schwarzen Anzug trägt er ausgelatschte weiße Sneakers. Sie haben sich anscheinend verspätet und eilen der Hochzeitsgesellschaft zu.
Wir schlendern weiter und landen zu einem Campari Soda und einem Bier auf der Piazza del Duomo.
Auf dem Rückweg beobachte ich einen Nordafrikaner, der eine Gruppe Landsleute zusammenscheißt, wahrscheinlich weil sie ihre Stände mit Gürteln, Roleximitaten und Modeschmuck zu früh abgebaut haben. Der Verkauf scheint also organisiert zu sein. Inwieweit das Ganze kriminell abläuft lässt sich natürlich anhand einer einzelnen Beobachtung nur vermuten.
Wir essen zu Abend, sitzen dann noch eine Stunde auf unserem Balkon und beobachten den abendlichen Auftrieb und unterhalten uns.
Gegen ein Uhr nachts entsteht ein Höllenlärm. Etwa 60 bis 80 Motorradfahrer donnern durch unsere Straße. Nach einer halben Stunde haben sie endlich alle ihre Maschinen abgestellt und stehen plaudernd in kleinen Gruppen am Lungomare. Immer mal wieder kommt eine Maschine dazu, wroum, wroum, oder jemand fährt weg, wroum, wroum. Alles sehr gesittet aber laut. Eine weitere Stunde später ist das Bikertreffen beendet. Es wurde weder gesoffen noch geschrien, nur der Lärm der schweren Maschinen hallt von der Häuserfront wieder. Dann kehrt Ruhe ein.
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Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (10)
g. | Dienstag, 24. Juli 2012, 06:27 | Themenbereich: 'auf Reisen'
Donnerstag, 7. Juni 2. Teil
Auf dem Rückweg vom Tempel begegnet uns ein junger Mann, der ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Sojabohnentage 2009“ trägt. Am 6. Juli ist der Tag des Kusses, warum sollte es also nicht auch Sojabohnentage geben. Einer mag halt dies und ein Anderer etwas Anderes.
Wir stiefeln durch die Mittagshitze zum Amphitheater.
Das Bauwerk, das sich anmutig in Form eines S durch das Tal schlängelt stammt nicht aus hellenistischer Zeit.
Nachdem wir alles besichtigt haben, geht es zurück zum Bahnhof. Außerhalb der Ausgrabungsstätte ist nicht viel los in dieser Gegend.
Eine Hündin trabt mäßig interessiert um die Ecke.
Zehn Minuten später fährt auf der nahe gelegenen Straße ein Auto vorbei.
Weitere zehn Minuten später kommt der Koch des Bahnhofsrestaurants mit einem Teller Bratwürste und gebratenem Gemüse heraus, setzt sich an den Tisch in der Ecke des Bahnsteiges und verschlingt seine Mahlzeit in Windeseile und verschwindet wieder.
Nicht viel los hier.
Bisher habe ich in Sizilien noch keine Zikade gehört und auch aus den Wiesen und Feldern rund um Segesta ist keine zu hören.
Ein Mitreisender betritt den Bahnsteig. Grüne Shorts und ein T-Shirt mit einer großen Maus (Jerry) darauf ist nicht cool, obwohl die coolsten Jungs zweifellos in Italien zu Hause sind. Züge mit Airconditioning an einem heißen Tag sind da schon bedeutend cooler.
Cefalú – Segesta sind ca. 170 km. Wir haben also einen Tagesausflug von ca. 340 km gemacht bei einer reinen Fahrzeit von 2:50 (5:40). Ob man mit dem Mietwagen viel schneller und angenehmer gereist wäre?
Auf dem Rückweg vom Tempel begegnet uns ein junger Mann, der ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Sojabohnentage 2009“ trägt. Am 6. Juli ist der Tag des Kusses, warum sollte es also nicht auch Sojabohnentage geben. Einer mag halt dies und ein Anderer etwas Anderes.
Wir stiefeln durch die Mittagshitze zum Amphitheater.
Das Bauwerk, das sich anmutig in Form eines S durch das Tal schlängelt stammt nicht aus hellenistischer Zeit.
Nachdem wir alles besichtigt haben, geht es zurück zum Bahnhof. Außerhalb der Ausgrabungsstätte ist nicht viel los in dieser Gegend.
Eine Hündin trabt mäßig interessiert um die Ecke.
Zehn Minuten später fährt auf der nahe gelegenen Straße ein Auto vorbei.
Weitere zehn Minuten später kommt der Koch des Bahnhofsrestaurants mit einem Teller Bratwürste und gebratenem Gemüse heraus, setzt sich an den Tisch in der Ecke des Bahnsteiges und verschlingt seine Mahlzeit in Windeseile und verschwindet wieder.
Nicht viel los hier.
Bisher habe ich in Sizilien noch keine Zikade gehört und auch aus den Wiesen und Feldern rund um Segesta ist keine zu hören.
Ein Mitreisender betritt den Bahnsteig. Grüne Shorts und ein T-Shirt mit einer großen Maus (Jerry) darauf ist nicht cool, obwohl die coolsten Jungs zweifellos in Italien zu Hause sind. Züge mit Airconditioning an einem heißen Tag sind da schon bedeutend cooler.
Cefalú – Segesta sind ca. 170 km. Wir haben also einen Tagesausflug von ca. 340 km gemacht bei einer reinen Fahrzeit von 2:50 (5:40). Ob man mit dem Mietwagen viel schneller und angenehmer gereist wäre?
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Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (Zwischenstück)
g. | Montag, 23. Juli 2012, 06:51 | Themenbereich: 'auf Reisen'
Es ist löblich, dass das Deutsche Fernseh versucht zu diversifizieren. Man will schließlich nicht vollständig von den GEZ-Gebühren abhängig sein. Nur ob der Lebensmitteleinzelhandel auf einer Mittelmeerinsel die richtige Strategie ist?
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Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (9)
g. | Freitag, 20. Juli 2012, 06:01 | Themenbereich: 'auf Reisen'
Donnerstag, 7. Juni 1. Teil
Ein ruhiges Meer soll ja einen heißen Tag ankündigen. Wir werden sehen. Segesta, der Sage nach von den besiegten Trojanern gegründet, steht auf dem Plan: ein dorischer Tempel und ein Amphitheater aus der Zeit als Segesta mit Athen verbündet war, ist zu besichtigen. Sagt der Reiseführer. Jetzt aber erst noch eine Stunde lesen.
8:05 Abfahrt des Zuges nach Palermo. Jeden Morgen das gleiche Problem mit dem Zug aus Roma Termini. In der Regel ist er mindestens 20 Minuten zu spät, die dann zu Verspätungen aller anderen Züge führen, da die Strecke über große Distanzen eingleisig ist. Lascari, Campofelice, Termini Imerese, Bagheria.
15 Minuten Aufenthalt in Palermo. Langsam kennen wir uns in Palermo Centrale richtig gut aus.
Der Zug nach Trapani über Segesta hat nur einen Wagen. Wir sind schon mit längeren Zügen gefahren.
Im Innenstadtbereich von Palermo fahren wir zunächst unter der Erde, die Bahnhöfe sind ca. einen Kilometer voneinander entfernt, Stadtverkehr, wie in einer U-Bahn. Kein Wunder, dass wir zwei Stunden bis Segesta benötigen werden.
Auf der Nebenbank lesen zwei Mädchen, so 10/11 Jahre alt, zuerst in der Bibel und dann in einem Heiligenroman. Kurze Gebete und kleine Unterhaltungen über habichnichtverstanden wechseln sich ab.
Nach dreißig Minuten verlassen wir das Stadtgebiet von Palermo. Hinter Terrasini wird der Golf von Castelamare sichtbar. Die Gegend scheint ja mit Burgen gepflastert zu sein.
Oliven, Zitrusfrüchte, Wein, nur wenig Gemüseanbau ist zu sehen. Gelegentlich ein schöner Blick auf den Golf.
11:15 Alcamo. Den Wein, der hier angebaut wird, kann man in jedem Restaurant Sizilien trinken. Er ist gar nicht schlecht.
11:30 Segesta. Zehn Minuten Fußweg auf den Berg. Der Tempel ist wohl nie restauriert worden und steht demnach seit 2500 Jahren unverändert auf diesem Hügel.
Wahrscheinlich wurde der Weiterbau (die Cella fehlt) ca. 409 v. Chr. Nach der Eroberung durch die Karthager eingestellt.
Auf dem ganzen Gelände stehen Statuen eines modernen Künstlers.
Nun ja, nicht hässlich, aber etwas unpassend? Schließlich sind wir nicht hierhergekommen, um moderne Kunst zu sehen.
Vor 25 Jahren hat meine Frau im Inneren des Tempels ein Picknick veranstaltet. Mal abgesehen, dass dies heute nicht mehr erlaubt wäre, zeigt es auch die ungeheure Zunahme des Tourismus in den letzten Jahren. Heute ist Segeste Pflichtprogramm für jeden Pauschalreisenden. Sie haben damals im Tempel geschlafen und sind erst am nächsten Tag zurückgefahren.
Ein ruhiges Meer soll ja einen heißen Tag ankündigen. Wir werden sehen. Segesta, der Sage nach von den besiegten Trojanern gegründet, steht auf dem Plan: ein dorischer Tempel und ein Amphitheater aus der Zeit als Segesta mit Athen verbündet war, ist zu besichtigen. Sagt der Reiseführer. Jetzt aber erst noch eine Stunde lesen.
8:05 Abfahrt des Zuges nach Palermo. Jeden Morgen das gleiche Problem mit dem Zug aus Roma Termini. In der Regel ist er mindestens 20 Minuten zu spät, die dann zu Verspätungen aller anderen Züge führen, da die Strecke über große Distanzen eingleisig ist. Lascari, Campofelice, Termini Imerese, Bagheria.
15 Minuten Aufenthalt in Palermo. Langsam kennen wir uns in Palermo Centrale richtig gut aus.
Der Zug nach Trapani über Segesta hat nur einen Wagen. Wir sind schon mit längeren Zügen gefahren.
Im Innenstadtbereich von Palermo fahren wir zunächst unter der Erde, die Bahnhöfe sind ca. einen Kilometer voneinander entfernt, Stadtverkehr, wie in einer U-Bahn. Kein Wunder, dass wir zwei Stunden bis Segesta benötigen werden.
Auf der Nebenbank lesen zwei Mädchen, so 10/11 Jahre alt, zuerst in der Bibel und dann in einem Heiligenroman. Kurze Gebete und kleine Unterhaltungen über habichnichtverstanden wechseln sich ab.
Nach dreißig Minuten verlassen wir das Stadtgebiet von Palermo. Hinter Terrasini wird der Golf von Castelamare sichtbar. Die Gegend scheint ja mit Burgen gepflastert zu sein.
Oliven, Zitrusfrüchte, Wein, nur wenig Gemüseanbau ist zu sehen. Gelegentlich ein schöner Blick auf den Golf.
11:15 Alcamo. Den Wein, der hier angebaut wird, kann man in jedem Restaurant Sizilien trinken. Er ist gar nicht schlecht.
11:30 Segesta. Zehn Minuten Fußweg auf den Berg. Der Tempel ist wohl nie restauriert worden und steht demnach seit 2500 Jahren unverändert auf diesem Hügel.
Wahrscheinlich wurde der Weiterbau (die Cella fehlt) ca. 409 v. Chr. Nach der Eroberung durch die Karthager eingestellt.
Auf dem ganzen Gelände stehen Statuen eines modernen Künstlers.
Nun ja, nicht hässlich, aber etwas unpassend? Schließlich sind wir nicht hierhergekommen, um moderne Kunst zu sehen.
Vor 25 Jahren hat meine Frau im Inneren des Tempels ein Picknick veranstaltet. Mal abgesehen, dass dies heute nicht mehr erlaubt wäre, zeigt es auch die ungeheure Zunahme des Tourismus in den letzten Jahren. Heute ist Segeste Pflichtprogramm für jeden Pauschalreisenden. Sie haben damals im Tempel geschlafen und sind erst am nächsten Tag zurückgefahren.
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