Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Donnerstag, 19. Juli 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (8)
Mittwoch 6. Juni 2. Teil

Castelbuono ist ein richtig hübsches Städtchen mitten im Nationalpark Madonie.



Da wir noch Brot fürs Mittagessen brauchen gehen wir einfach in den nächstgelegenen Panificio (Bäckereien sind in Italien männlich). Das Brot sieht gut aus und so kaufen wir ein knuspriges Ciabatta und wollen schon glücklich wieder von dannen ziehen als der Juniorchef den Verkaufsraum betritt. Er sieht uns und greift sofort in die Auslage, um uns vier Stangen Grissini in die Hand zu drücken. „Manga!“ ruft er und erwartet stolz auf sein Handwerk unser Urteil. Die Grissini sind ungleichförmiger als die Industrieprodukte, etwa doppelt so dick und zehnmal so gut, so dass wir kein Problem haben seine Brote zu loben und uns überschwänglich zu bedanken.

An der Piazza Margherita (+ klicken! Der Platz ist übrigens nicht nach der Pizza, sondern Pizza und Platz sind vielmehr nach der gleichen Königin benannt) spielte in einer Kneipe eine Band House oft he Rising Sun. Die Musik entsprach so einigermaßen dem was man von den Animals im Ohr hat, der Text war ins Italienische übersetzt. Danach dann, sie ahnen es schon: Volare! Ohoho! Die Touristen fanden es riesig und fotografierten was der Speicherchip hergab.



Gleich neben der Kneipe hat die Laienbruderschaft von Pius X ihr Vereinslokal



Hat Antonio Gramsci in den Gefängnisheften nicht mal etwas zu der Laienbruderschaft geschrieben? Im Zusammenhang mit der katholischen Soziallehre? Naturrecht, die französische Revolution, Rousseau? Irgendwie in diesem Zusammenhang war das doch? Die französische Revolution als Radikalisierung der katholischen Soziallehre?

Danach ging‘s auf die schöne Burg von Castelbuono.



Arte Sacra e moderna und Archäologisches. Na ja, okay ein Heimatmuseum.



Gegen 14 Uhr dann wieder zurück nach Cefalù.

Nach dem Mittagsschlaf noch ein wenig weiter bei Klemperer gelesen: Das Ehepaar Klemperer macht Urlaub an der Ostsee.
„Zinnowitz wäre ein Bad wie die anderen hier auch, aber es ist das betont judenreine Bad, es ist in Judenreinheit Bansin noch überlegen. Am (sehr langen) Landungssteg führt es die Hakenkreuz-Fahne, u. in den Läden kauft man auf Postkarten das Zinnowitzlied, ein blödsinniges Gereime nach der Melodie »Hip, hip, hurra!«, mit dem Refrain, fern bleibe der Sohn vom Stamme Manasse u. jeder Itz – man wolle keine fremde Rasse in Zinnowitz (auf das ein andermal Gott behüt’s! gereimt wird). Es ist ekelhaft, daß solche Verhetzung erlaubt ist. Sie erscheint mir an sich nicht schlimmer u. nicht besser als eine kommunistische Verhetzung, aber sie ist erlaubt u. die kommunistische ist verboten ...“

(Victor Klemperer: Tagebücher 20. August 1927, S. 203)
Ich bin schon sehr gespannt ob und in welcher Weise sich seine Beurteilungen dann später in der SBZ/DDR ändern.

18 Uhr: Zeit für den Sundowner, dann Pizza und ein schönes Gespräch bei einer guten Flasche Wein.

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Mittwoch, 18. Juli 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (Zwischenstück)


Früher als die Züge bei uns noch nicht ausnahmslos mit manchmal funktionierenden Klimaanlagen ausgerüstet waren, sah man solche Schildchen unter jedem Fenster, allerorten.

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Dienstag, 17. Juli 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (7)
Mittwoch 6. Juni 1. Teil

Das Meer ist noch immer aufgewühlt. Morgenkaffee und Morgenlektüre.
„Dreimal in letzter Zeit im Kino [...] Am wenigsten gefiel uns, was die größten Kunstqualitäten haben soll: gestern im Capitol der »WEBER«-Film. Alles ist übertreibende Copie der russischen Revolutionsfilme, nirgends erwärmt die Handlung, u. die schematische Hetze läßt kalt. (D.h., das Publikum klatschte frenetisch der siegenden Rebellion zu. – Es klatscht ebenso im Fridericus Rex.) Gut nur einzelne Scenen.“

(Victor Klemperer: Tagebücher S. 179, 17. Juni 1927)
Die ruhige Geschäftigkeit vor unserem Fenster um halb acht Uhr ist schön und entspannend, Getränke und Lebensmittel für die Restaurants werden angeliefert, Leute gehen zur Arbeit oder führen ihre Hunde aus.
„Einen Abend waren wir mit Annemarie Köhler auf der VOGELWIESE. Der alte Lärm, die alte Lichtfülle, der alte Geruch nach ranzigem Fett. Wir waren in einer Negerbude. Es wurde getrommelt, getanzt, Feuer geschluckt, mit Spielkarten jongliert. Carusselle jeder Form, Rutschbahnen etc. sind die Haupt-Attractionen. (Wenn ich in dem Snobistenblatt »Literarische Welt« lese, daß Joyce der moderne Homer sei, daß sein surrealistischer ULYSSES mit dem »inneren Monolog« DAS Werk des Jahrhunderts sei, daß man von dem Jahrhundert Lenins u. Joyces sprechen werde (Ivan Goll!) – dann ist das auch Vogelwiesen-Budenton.)

(Victor Klemperer: Tagebücher 12. Juli 1927, S. 184)
Wenn ich auf die Tagebücher von Klemperer von 1918 bis jetzt 1927 zurückblicke, wird ein zunehmender und sich härter darstellender Antisemitismus sichtbar. Dass sich das alltäglich – für jedermann wahrnehmbar – so darstellt, hätte ich nicht erwartet. (Na ja, eigentlich doch.)

Noch zwei Stunden bis der Bus nach Castelbuono fährt, Zeit genug noch etwas am Strand entlang zu laufen.
Eine Gruppe 14-15jähriger Schülerinnen nutzt die Zeit vor dem Unterricht, um noch eine Runde zu baden und Vokabeln zu lernen. Hach, das möchte man sich im Rückblick auch gönnen. Das mit dem Vokabeln lernen, könnte man ja auslassen.
Etwas weiter entfernt wird der Strand repariert.



Die Villa da oben auf dem Kamm, da hätte man sich einmieten sollen. (ob das das Anwesen war, in dem Aleister Crowley 1920 – 1923 gelebt hatte?)



So langsam wird es Zeit und wir schlendern zum Busbahnhof. Während wir warten, dass der Fahrer erscheint, betrachte ich versonnen ein Plakat neben mir an der Wand.



Alle möglichen Liceos machen anscheinend eine Schulabschlussparty in einer Disko. Die Bilder der Mädchen (für einen Schönheitswettbewerb?) wirken etwas nuttig. Hm, vielleicht werde ich alt und kann die Schönheitsideale heutiger Abiturientinnen nicht mehr begreifen. In Berlin sieht man ja häufiger schon 14/15jährige mit – für meinen Geschmack – überbetonten Brüsten und Hinterteilen, zudem noch bis zu den Ohren geschminkt. Na egal, da ich nicht der Vater der jungen Frauen bzw. der Mädchen bin, brauche ich auch nicht darüber nachzudenken, ob ich das Gebaren seltsam oder unschicklich finde.

Der Busfahrer erscheint, überpünktlich, um die wartenden Touristen nicht zu erschrecken und gibt noch einige Auskünfte, die nicht unbedingt notwendig gewesen wären. Er hat lange, lockige, straßenköterblonde Haare und hat während der ganzen Fahrt eine dicke Zigarre unangezündet im Mund. Werden Zigarren, wenn sie über längere Zeit eingespeichelt werden, nicht scheußlich bitter? Wenn ja, stört es ihn nicht. Mir geht das Radio ziemlich auf den Wecker, andauernd musica pop, wie der Sprecher alle zwei Minuten verkündet und weil sich im Radio zwei für irgendetwas berühmte Menschen aus der Region über musica della crisis unterhalten und ich nichts verstehe. Na so interessant wird die Unterhaltung im italienischen Dudelfunk wohl nicht gewesen sein.
In einer wilden Schlucht unterqueren wir die Autobahn.



Dazu fällt mir dann Gerhard Polt ein, der – den Zusammenhang habe ich vergessen – mal in einem Interview meinte: „Gell, wenn der Beton mal so in der Landschaft wurzelt, dann kriagstn mit noch so viel demontriern nimmer so leicht weg.“
Vierzig Minuten Fahrt und das Radio peinigt ohne Pause.
Wenn die Sängerinnen oder die Sänger zu wimmern anfangen, nennt man das, glaube ich, Kopfstimme. Das scheint in sizilianischen Schlagern der Saison mächtig In zu sein.

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Mittwoch, 11. Juli 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (6)
Dienstag, 5. Juni 2. Teil

Gut damit sind wir mit den bekanntesten Sehenswürdigkeit durch und können uns den angenehmen Seiten der Stadt widmen, nämlich dem Markt von Palermo, genauer gesagt dem Straßenmarkt im Capoviertel.





Man stößt immer wieder auf schöne Plätze.



Irgendwann waren wir dann des Herumlaufens müde und setzen uns für einige Minuten in den Park der Villa Giulia.



Gleich neben an der Orto Botanico, der Botanische Garten von Palermo, den es bereits seit 1789 gibt
Ich mag botanische Gärten und dass ich noch nichts zum Arboretum und zum Botanischen Garten in Berlin geschrieben habe, mag man meiner Faulheit oder mangelnder Zeit zuschreiben.
Umso üppiger um so schöner sind Gärten.



Die Ausstellung zum wissenschaftlichen Zeichnen ist sicher hochinteressant, wenn man ausreichend Italienisch könnte.



Wissenschaftliches Zeichnen ist eine eigene Kunstform. Wesentlich ist dabei, ohne große Übertreibungen bzw. ohne unrealistisch zu sein, die wesentlichen Elemente zum Bestimmen der Pflanzen und Tiere so hervorzuheben, dass sie ins Auge fallen. Es geht darum sozusagen die ideale Pflanzen oder das ideale Tiere zu zeichnen, weg von den konkreten Ausformungen des jeweiligen Individuums und so ist das wissenschaftliche Zeichnen für Wissenschaft und Ausbildung der Photographie immer noch überlegen.

Sizilien ist kein Radfahrerland. Wir haben in den zwei Wochen vielleicht zwanzig Leute mit Rädern gesehen. Um so erstaunter waren wir, in Palermo auf einen Radweg zu stoßen und – unglaublich – er wurde benutzt.

Gegen 15:00 waren wir dann wieder zurück in unserer beschaulichen Kleinstadt. Mittagsschlaf und danach eine Runde Lesen.
Abends kochen wir: mit Ricotta gefüllte Nudeln in einer ganz einfachen Soße. Zwiebeln und Knoblauch anschwitzen, später dann Tomatenwürfel dazu. Leider hatten sie im Supermarkt kein Basilikum, sehr ungewöhnlich für Italien.

Dass Meer war den ganzen Tag so unruhig, dass die Kommune die roten Fahnen hat aufziehen lassen und Rettungsschwimmer, Soccoristas, am Strand postiert hat. Einige Jugendliche gehen außerhalb des Sichtfeldes der Soccoristas trotzdem ins Meer.

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Dienstag, 10. Juli 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (Zwischenstück)
Ob viele Touristen das Bedürfnis verspüren, so einen höchst praktischen und formschönen Holzknüppel mit nach Hause zu nehmen?




und was kann man damit dann tun?

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Montag, 9. Juli 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (5)
Dienstag, 5. Juni 1. Teil

Die See ist ungewöhnlich unruhig, ein leicht böiger Wind klatscht das Wasser gegen den Strand. Die aufgehende Sonne taucht alles in ein Frühlingslicht, sanft und so früh nur wenig wärmend.



Wie jeden Morgen führen die alten Männer ihre Hunde aus und so nach und nach gehen die Jüngeren zur Arbeit.

8:05 Abfahrt des Zuges nach Palermo. Berufsverkehr. Eine junge Frau trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift ‚Hot Shots’. Ob sie den Film kannte?
Nun, der Designer hatte sich große Mühe gegeben, die Schrift so zu wählen, dass die Brustnippel exakt in den beiden Os liegen. Mrs. Columbo meinte später, dass sie wahrscheinlich eine halbe Stunde am Morgen probiert hätte, bis alles am richtigen Platz gewesen sei. Auf so etwas komme ich ja immer nicht. Ich habe dann noch eine Weile darüber sinniert in welchem Laden sie wohl arbeitet? Priesterbedarf?

Neben den Pendlern ist der Zug voll mit Schülern weiterbildender Schulen. Einige lernen, wie das Mädchen mir direkt gegenüber, die ihr Skript mit eingeklebten Wikipediaartikeln angereichert hat und ihren Textmarker mit Daumen und Mittelfingern hält. Ich selbst benutze ja Daumen, Zeige- und Mittelfinger und so sah ich eine Weile verhohlen zu, wie sie ihr Skript malträtierte. So konzentriert habe ich mich nie auf eine Klassenarbeit vorbereitet. Hm, diese Art einen Stift zu halten habe ich schon oft gesehen, fällt mir ein, aber nie darauf geachtet wo bzw. wer so die Stifte hält. Ist das nun eine regionale Besonderheit oder halten mehr Frauen als Männer den Stift mit zwei Fingern oder ist meine Drei-Finger-Methode das Besondere?

Nach 50 Minuten Fahrzeit sind wir in Palermo. Ohne große Besichtigungspläne schlendern wir vom Bahnhof die Via Maqueda bis zu den Quattro Canti di città, den vier Ecken von Palermo.



Dann biegen wir in den Corso Vittorio Emanuele ein. Es scheint in jeder italienischen Stadt einen Corso Vittorio Emanuele zu geben, zumindest an Salerno, Neapel und Mailand erinnere ich mich, aber auch in vielen Kleinstädten saßen wir schon abends auf einem Corso Vittorio Emanuele (oder auf einer Piazza Garibaldi).
Aller Orten wird versucht, die Innenstadt wieder zu rekonstruieren.



Der Dom von Palermo ist eher eine normannische Trutzburg als eine Kirche.



Na ja, nicht so mein Fall.
Der Normannenpalast (Palazzo dei Normanni), zum Teil genutzt vom Inselparlament, mit seiner schöner Parkanlage gefällt mir besser.





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Donnerstag, 5. Juli 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (4)
Montag, 4. Juni 2. Teil
„ ... zum 5 Uhr Tee im Hôtel Eden am Zool. Garten ...

Eigentlich Sodom u. Gomorrha. Ernsthaft! Ein großer Saal, kaum ein Platz frei. (...) Es war freilich Sonnabend Nachm., aber an anderen Nachmittagen soll es auch heftig zugehen. Eine riesige Jazzkapelle, eigentlich zwei aneinandergebaute, die sich bisweilen ablösten, bisweilen zu Riesenlärm zusammenfanden. Drei gigantische Saxophone, Trompeten, mit Schlagzeug, Banjo, Ziehharmonika. Wildeste unartikulierteste Geräusche, nicht immer Töne, selten Harmonieen, sehr selten Melodieen, immer Rhythmen, dumpf gepaukt, getrommelt, gestampft, geklappert, blechgeschlagen. Singen u. Schreien einzelner Musiker oder aller im Chor. Heulendes Aufspringen der ganzen Band, ruckweises Sichfallenlassen mit wildem Aufschlag auf die Instrumente, Klatschen, englische Brocken irgend welcher Texte. Und immerfort Charleston, die Beine auseinanderwerfend im Sexualrhythmus, eine wilde, tobende Schamlosigkeit. Die Mädchen, wohl Confection u. immer wieder Confection, gemalt, gepudert, Arme nackt, Beine frei, Kleidung anliegend, nichts unter der Oberhülle. Die Jungen: zu 98% Jungelchen, zwischen 18 u. 22. Das war das Empörendste: diese Bengel gehören in ein Arbeitshaus.
...
Ich habe geglaubt, so etwas gebe es nur im Film, ich habe geglaubt, ich könne mich nicht mehr sittlich entrüsten. Zwei Irrtümer. Ich könnte begreifen, wenn hier einer dictatorisch eingriffe, halb Robespierre, halb Calvin. Aber ein solcher Dictator würde antisemitische u. teutsche Töne anschlagen u. das wäre verfehlt. Ich kann verstehen, wie hier einer Communist u. Bolschewist wird. Zumal ich überall von Not. u. Arbeitslosigkeit höre.
...
Aber welche Umwälzung würde eine sittlichere Ordnung bringen, eine sittlichere Schicht nach oben führen? Es sind ja nicht nur die Aristokraten oder Bourgeois oder Juden, die so toben. Diese geistlos Taumelnden gehören allen Kreisen an.“

(Victor Klemperer: Tagebücher S. 131/2 Berlin, 26.9.1926. )
Und jetzt Duschen und noch einen kleinen Abendspaziergang zum Bahnhof, Abfahrtszeiten eruieren.

Der Sundowner auf der Piazza, ein Bier vom Fass für mich und ein Campari Soda für die Liebste. Ziemlich seventies meinte sie. Um uns tranken Viele Aperol Spritz. War das nicht das Modegetränk von vor fünf Jahren? Na egal, die alten Strategen des Ortes setzen sich auf ein Schwätzchen auf die Bänke des Platzes, Abendessen gibt es ja erst um acht. Die Frauen sind wahrscheinlich zu Hause und kochen oder sitzen mit der Nachbarin vor dem Haus.

Wir schlendern dann noch ein bischen durch die Straßen und gehen dann ins Covo del Pirata, blöder Name aber ein schöner Tisch in einem Wintergarten über der Mole mit Blick auf die Bucht. Eine Flasche Alcamo, Wasser und als Antipasti dann eine Caponata und marinierten Fisch. Die Caponata kannten wir in der Art noch nicht: Auberginen, Paprika, Zucchini und ausgelöste Oliven in grobe Stücke zerteilt und in der Pfanne angebraten und dann wohl im Ofen zu Ende gegart. Wir machen bei uns zu Hause die Caponata mit Sardellen, Rosinen und gerösteten Pinienkernen. Die sizilianische Art ist mindestens genau so gut. Danach Tagliatelle mit wildem Fenchel und Spaghetti alle Sarde. Alles sehr sehr gut. Nicht nur die Frühstücksversorgung ist gesichert.

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Mittwoch, 4. Juli 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (Zwischenstück)

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Dienstag, 3. Juli 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (3)
Montag, 4. Juni 1. Teil

Sechs Uhr. Die Stadt erwacht, langsam.



Im Augenblick bin ich noch der einzige, der den neuen Tag zur Kenntnis nimmt.
Der frühe Morgen gehört der arbeitenden Bevölkerung. Die Straßenreiniger tragen T-Shirts mit der Aufschrift ‚ecologia e ambiente’ über grauen Hosen und beseitigen die Reste des Sonntag Abend, junge Frauen fegen die Restaurants aus, die Kellner kommen erst später. Schwärme von Schwalben gehen auf die Jagd und die eine oder andere Möwe untersucht die Reste der Menschen am Strand.



Zwei, drei Regentropfen benässen meine Haut. Die Müllabfuhr kommt. Mit einem anderen System müssten die Müllies die schweren Säcke nicht auf den Lader wuchten. Wenn man über 50 ist, merkt man das im Kreuz.

„Was machen wir nachher?“
„Volles Programm: Kaffee trinken, Cornetto essen, ein bischen glotzen.“


Einige Boote fahren aufs Meer. Ob das Wetter guten Fang verheißt? Wir werden es vielleicht gegen Mittag im Fischladen um die Ecke sehen.
Schöne Frauen am Morgen zu küssen ist kein übler Start in den Tag.
Ein betagter Herr macht mit seinem betagten Hund seinen Morgenspaziergang, ein Touristenpaar joggt an ihnen vorbei.
Zeit für die Dusche.
Viel und heißes Wasser, das sich auch gut regulieren lässt und dem nicht die Puste ausgeht: schön.



Sauber und wach machen wir uns auf den Weg zum ersten Rundgang. Am Lungomare herrscht noch morgendlicher Vorbereitungsbetrieb. Warum allerdings der Strand nach Minen abgesucht wird bleibt unklar.



Eine kleine Runde durch die Gassen der Stadt. Zumindest im Centro Storico hat jedes Haus Balkone, die mit einer Markise die Sonne aus den Wohnungen hält. Sehr sinnvoll. Trotz der Enge hat ein jeder Bewohner seinen Parkplatz vor dem Haus.



Auf der Piazza del Duomo gibt es eine Bar, die Cornetti anbietet. Das Frühstück ist gesichert.





Und auch sonst werden wir nicht darben müssen.



Wir schlendern weiter und plötzlich fällt uns ein: Rucksack vergessen. Am ersten Tag. Hoffentlich ist er noch da. Verdammte Scheiße.



Wir gehen zurück. Der Kellner war so freundlich ihn im Unterschrank seiner Anrichte zu verstauen bis wir es merken und ihn wieder abholen. Da sieht man es mal wieder: alles voller Mafiosi auf der Insel.
Nun aber zum Ipermercato SuperIdis. Alles Super und Hyper und so. Eine vernünftige Käse- und Wurstauswahl, sogar gutes Brot, Gemüse und Obst eher so mittel, aber alles was man so braucht. Was brauchen wir? Spülmittel, ein Schwämmchen, Klopapier, zwei größere Tassen für den Morgenkaffee, da in die Espressotassen des Appartements keine vierfachen Espressi passen, etwas Wurst und Käse, Butter, Tomaten, Wasser und Limo. Schwerbepackt geht es zurück. Eine kleine Pause zum lesen und ausruhen.

Die Klemperers machen Urlaub und kommen nach Genua:
Schwarzhemden sah ich mehrfach auf den Straßen, in der Tram usw. Unter feldgrüner Sportuniform sieht das schwarze Halsstück u. der Schlips der Camicia hervor. Breiter runder Hut mit Lederband, umgeschnallter Revolver; halb Wildwest. Verwegene u. stolze junge Leute. Ein etwas peinlicher Anblick. Als was sie alles Dienst tun, weiß ich nicht.“

(Victor Klemperer: Tagebücher S. 102 Genua. Sonnabend Vorm. 29. Mai 1926)
Allora, nun aber zum Hausberg, zum Tempio di Diana, zum Castello Medievale.



Die Rocca di Cefalú, der Kalkfelsen um den die Stadt herum gebaut wurde, war wohl schon seit der Steinzeit besiedelt. Der Name Cefalú kommt vom phönizischen bzw. griechischen Kefa, Kephalos und bedeutet ‚Kopf’. Kephaloidion hieß es dann in griechischer Zeit und wurde 396 v. Chr. erstmals erwähnt und begab sich in die Konflikte zwischen den Griechen und den Phöniziern, später dann in die Konflikte zwischen den Römern und den Phöniziern, wurde zerstört und wieder aufgebaut, erlebte unter den Arabern eine kurze Blüte.
Der Normanne Roger II lies dann den Dom erbauen.



Eine Wanderung von ein bis zwei Stunden mit orientierenden Blicken auf das Städtchen. Der Tempel und die Burganlage sind nicht sonderlich beeindruckend.





Danach einmal am Meer um den Ort herum.



Noch eine Cola im Kioskito des Parks am Lungomare.
Eine japanisch aussehende Familie, die untereinander Italienisch spricht, am Nebentisch. Vater und Tochter spielen getrennt auf ihren IPhones, die Mutter träumt vor sich hin. Während wir zum Zeitvertreib die Leute beobachten, daddeln die Beiden vor sich hin. Na klar, warum auch nicht.

Wieder nach Hause, zwei Stunden Mittagsschlaf, dann etwas Lesen und einen halben Liter Wasser trinken.

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Donnerstag, 28. Juni 2012
Reisejournal Sizilien Frühjahr 2012 (2)
Sonntag, 3. Juni 2. Teil

Heute ist Sonntag und Strand und Straße vor unserer Unterkunft entsprechend belebt.



Ein kleiner Rundgang durch das Örtchen, Wasser kaufen und eine Kleinigkeit essen. Die Antipasti waren so lala.
Eine Stunde Pause, dann wird es Zeit für den Sundowner.
Vor dem Haus steigt ein Fleischberg mit Shorts, T-Shirt und Badelatschen auf seine schwere Moto Guzzi und fährt davon. Ich muss dabei unwillkürlich an den Professor für plastische Chirurgie, damals in Freiburg, denken, der in 14-stündigen Operationen versuchte aus den Motorradfahrern wieder Menschen zu machen.



Das Abendessen war ein Reinfall: schlechte Pizza Margherita und schlechter Salat, der Wein war gut.



Auf der Piazza del Duomo ist eine Kundgebung. Wenn man mehr Italienisch könnte als für das Lesen einer Speisekarte notwendig ist, könnte man verstehen um was es geht. Eine große Menschenmenge klatscht respektvoll an einigen Stellen der Rede. Es wirkt nicht wie eine Wahlkampfveranstaltung. Meine Liebste meint, sie hätte im Weltspiegel mal ein Porträt des älteren Herrn neben dem Redner gesehen. Sie ist sich aber nicht sicher. In dem Beitrag ging es um einen Provinzgouverneur, der der Mafia den Kampf angesagt hatte. Es sind zwar Carabinieri und Policia Lokale anwesend, sie wirken aber nicht wie Personenschützer.



„Was machen wir morgen?“
„Wir haben Urlaub, wir müssen keine Pläne machen. Städtchen erkunden und den Hausberg besteigen?“
„Au ja!“

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