Georg Forster: Reise um die Welt 60
(Reise von den Societäts-Inseln nach den freundschaftlichen Inseln; und Nachricht von unserm Aufenthalt daselbst)
(Reise von den Societäts-Inseln nach den freundschaftlichen Inseln; und Nachricht von unserm Aufenthalt daselbst)
g. | Dienstag, 1. Dezember 2009, 06:44 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
“Der entscheidenste Beweis von der Verwandtschaft beyder Völker liegt in der Ähnlichkeit ihrer Sprachen. Die mehresten Arten von Lebensmitteln, welche beyde Inseln mit einander gemein haben, die Glieder des Cörpers, kurz die ersten und gewöhnlichsten Begriffe, wurden auf den Societäts- und den FREUNDSCHAFTLICHEN INSELN durch ein und eben dieselben Worte ausgedrückt. Der Dialect der auf TONGATABU geredet wird, war so sanfttönend und wohlklingend nicht, als zu TAHITI, denn jene Insulaner haben das F. K. und S. in ihre Mundart aufgenommen, und folglich mehr mitlautende Buchstaben als diese. Dagegen wird die hieraus entstehende Härte dadurch wieder gemildert, daß man hier nicht nur die sanft fließenden Buchstaben L. M. N.; imgleichen die melodischen Selbstlauter E. und I. häufig gebraucht, sondern auch in einem gewissen singenden Ton zu sprechen pflegt. Aber es ist Zeit wieder einzulenken.“Phonetische Vergleiche
(Forster S. 417)
(sanfttönend/grobtönend; wohlklingend/ekelklingend; „aber es ist Zeit wieder einzulenken.“)
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Sprachspiele 1
g. | Montag, 30. November 2009, 06:00 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
Franz Fühmann (15.1.1922 – 8.7.1984) war einer der interessantesten Schriftsteller der DDR. Heute ist er nahezu unbekannt. Anfang der 80er bin ich über die Beschäftigung mit dem Nibelungenlied auf ihn gestoßen, da er, Pädagoge der er auch war, eine sehr schöne, vom Heldengedusel entkleidete Nacherzählung des mittelalterlichen Epos verfasst hatte. Geliebt habe ich (bis heute) sein Kinderbuch über Sprachspiele: Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm von Babel. Dass der Turm von Babel in einem Buch über Sprachspiele auftaucht wird nicht verwundern, über die dampfenden Hälse werde ich zu einem späteren Zeitpunkt berichten.
Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: Eine Gruppe Kinder langweilt sich bei Regenwetter bis der kleine Geist Küslübürtün (der, Sie ahnten es, Pluderhosen trägt und ganz gerne ein Pfeifchen schmöckt) auftaucht und mit seinen Kumpels Schopenhauer und Morgenstern und ... Spiele mit Klang und Bedeutung von Sprache anregt:
Pfand
Schakal
Ananas
Staatsanwalt
Abrakadabra
Auf einer Panamakanalfahrt können Sie das Spiel weiter treiben. Mit den anderen Vokalen geht es natürlich genauso schön.
Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: Eine Gruppe Kinder langweilt sich bei Regenwetter bis der kleine Geist Küslübürtün (der, Sie ahnten es, Pluderhosen trägt und ganz gerne ein Pfeifchen schmöckt) auftaucht und mit seinen Kumpels Schopenhauer und Morgenstern und ... Spiele mit Klang und Bedeutung von Sprache anregt:
Pfand
Schakal
Ananas
Staatsanwalt
Abrakadabra
Auf einer Panamakanalfahrt können Sie das Spiel weiter treiben. Mit den anderen Vokalen geht es natürlich genauso schön.
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Georg Forster: Reise um die Welt 59
(Reise von den Societäts-Inseln nach den freundschaftlichen Inseln; und Nachricht von unserm Aufenthalt daselbst)
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g. | Donnerstag, 26. November 2009, 06:03 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
“Die Gebräuche und Sprache dieser Insulaner scheinen überhaupt eine große Ähnlichkeit mit den tahitischen zu haben; warum sollten sie also nicht auch bey ihren Tänzen statt finden? Beyde Nationen müssen doch im Grunde von einem gemeinschaftlichen Stamm-Volke herkommen; auch siehet man, selbst in denen Stücken wo sie am merklichsten von einander abweichen, daß der Unterschied bloß von der Verschiedenheit des Bodens und des Clima beyder Inseln veranlaßt worden ist. Auf den Societäts-Inseln giebts z. E. viel Holz, denn die Spitzen der Berge sind dort mit unerschöpflichen Waldungen bedeckt. Auf den FREUNDSCHAFTLICHEN INSELN hingegen ist dieser Artickel schon seltener, weil das Land fast durchaus mit Fruchtbäumen besetzt, oder mit nährendem Wurzelwerk bepflanzt ist. Eine natürliche Folge dieser Verschiedenheit ist, daß in ersteren die Häuser ungemein räumlich und groß sind; kleiner aber und unbequemer in letzeren. Dort giebts eine fast unzählbare Menge und zum Theil sehr große Canots; hier, sind sie sowohl an Zahl als Größe ungleich geringer. Auf den SOCIETÄTS-INSELN sind die Berge hoch und ziehen folglich die Dünste der Atmosphäre beständig an sich; daher findet man dort so viel Bäche, die sich von den Bergen herab in die See ergießen, und den Einwohnern auf vielfältige Art Vortheil schaffen. Vermittelst derselben haben sie nicht nur reichliches und gesundes Trinkwasser, sondern auch Gelegenheit sich oft zu baden, und sind folglich für alle Krankheiten der Haut, die aus Unreinlichkeit entspringen, ziemlich gesichert. Ganz anders muß es dagegen bey einem Volk aussehen, dem es an diesem Vortheil fehlt, und das sich gleich den Bewohnern von TONGATABU, entweder mit faulem stinkenden Regenwasser aus etlichen wenigen schlammigen Pfützen, oder gar mit salzigem Wasser behelfen muß. Um sich nur einigermaßen reinlich zu erhalten, und dadurch gewissen Krankheiten vorzubeugen, sind sie genöthigt ihre Zuflucht zu andern Hilfsmitteln zu nehmen: Sie stutzen sich also die Haare, zwicken sich den Bart, etc. und werden folglich schon dadurch den Tahitiern im Äußeren unähnlicher, als sie ohne das nicht seyn würden. Gleichwohl sind in Ermangelung genugsamen und guten Wassers, alle diese künstlichen Hülfsmittel zur Reinlichkeit nicht hinreichend, sie für den Aussatz zu sichern, der vielleicht, durch den Gebrauch des Pfefferwassers, noch nebenher begünstigt wird. Zu Verhütung oder Heilung desselben schien jenes Mittel gebraucht zu werden, dem wir die wundgemachten Flecke auf den Backenknochen zuschrieben, die so allgemein unter ihnen sind, daß fast kein einziger ohne dergleichen Merkmahl war. Auf den SOCIETÄTS-INSELN ist das Erdreich in den Ebenen und Thälern so fett und reich und bekömmt durch die vielen Bäche so viel Zufluß an gehöriger Feuchtigkeit, daß die mehresten Gewächse fast ohne alle Cultur gedeihen. Diese ungemeine Fruchtbarkeit veranlaßt und unterhält dann auch die Üppigkeit und Schwelgerey unter den dortigen Vornehmen. Davon aber findet man auf TONGATABU keine Spur. Auf dieser Insel ist der Coral-Felsen blos mit einer dünnen Schicht von Erde bedeckt, in welcher die Bäume nur kümmerliche Nahrung finden und der nützlichste von allen, der Brodtfrucht-Baum, kommt fast gar nicht fort, weil er keine andere Wässerung als Regen findet. Au solche Art erfordert die Bearbeitung des Landes hier weit mehr Mühe als auf TAHITI. Daher kommts denn, daß die Leute mehr Fleis auf ihre Pflanzungen wenden, denenselben eine regelmäßige Form geben, und daß jeder das seinige genau einzäunt. Aus eben dieser Ursach läßt sich auch begreifen, warum sie auf die Lebensmittel immer einen höheren Wert legten, als auf ihre Geräthe, Kleider, Schmuck und Waffen (ob ihnen diese gleich in manchen Fällen unsägliche Arbeit müssen gekostet haben): Sie sehen nemlich wohl ein, daß Lebensmittel ihr größter Reichthum sind, deren Abgang schwer zu ersetzen ist. Daß sie von Person schlanker, und muskulöser sind als die Tahitier, rührt natürlicher Weise davon her, daß sie mehr arbeiten und ihren Cörper mehr anstrengen als jene. Durch die Beschaffenheit des Erdreichs zu vieler Arbeit genöthigt, ist ihnen die Arbeitsamkeit endlich dermaaßen zur Gewohnheit geworden, daß sie nicht nur die vom Ackerbau übrige Zeit zur Verfertigung von mancherley Handwerkszeug und Geräthen anwenden, die viel Mühe, Geduld und Geschicklichkeit erfordern; sondern auch selbst bey ihren Ergötzlichkeiten, Thätigkeit und Erholung mit einander zu verbinden wissen. Diese Arbeitsamkeit ist auch Schuld daran, daß sie nach und nach auf neue Erfindungen gefallen sind und es in den Künsten ungleich weiter gebracht haben als die TAHITIER. -“Anfänge einer vergleichenden Anthropologie und Ethnologie.
(Forster S. 414 - 416)
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Georg Forster: Reise um die Welt 58
(Reise von den Societäts-Inseln nach den freundschaftlichen Inseln; und Nachricht von unserm Aufenthalt daselbst)
(Reise von den Societäts-Inseln nach den freundschaftlichen Inseln; und Nachricht von unserm Aufenthalt daselbst)
g. | Dienstag, 24. November 2009, 06:11 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
“So harmlos sich aber die guten Leute auch gegen uns betrugen, so blieben sie dennoch von den Unglücksfällen nicht verschont, die bey Entdeckung fremder Länder nun gar zu oft vorfallen. Unsre Waaren hatten für sie gewiß nicht weniger Werth und Reiz als den sie für die TAHITIER hatten; und es war daher kein Wunder, daß sie auch ebenso geneigt waren, als jene, sich daran zu vergreifen. Die Capitains waren am nächstfplgenden Tage nicht lange am Lande gewesen, als ein Insulaner die Gelegenheit wahrnahm eine Jacke aus unserm Boote wegzustehlen. Um seine Beute zu sichern tauchte er gleich unters Wasser und lief, sobald er den Strand erreicht hatte, unter seine Landsleute, da, wo das Gedränge am dicksten war. Gleichwohl ließen sich die Matrosen dadurch nicht abhalten auf ihn zu feuern, und, ohne daß es der Capitain befahl, geschahen sieben Schüsse nach ihm. Dadurch wurden nun natürlicherweise mehrere, ganz unschuldige Leute verwundet, und bey alle dem war das Volk so gutherzig, daß sie weder Ufer noch Handelsplatz verließen, auch wegen dieses übereilten Betragens nicht das geringste Mißtrauen schöpften; sondern vielmehr sich die Kugeln getrost um die Ohren pfeifen ließen. Wenige Stunden nachher machte ein andrer es am Bord unsers Schiffes eben so; er schlich sich in die Cajüte des Piloten und entwandte daselbst verschiedne mathematische Bücher, einen Degen, ein Lineal und andre Kleinigkeiten, wovon er in seinem Leben keinen Gebrauch machen konnte. Indessen ward die Sache entdeckt, als er eben in einem Canot entwischen wollte. Man schickte ihm daher ein Boot nach, um das gestohlne wieder habhaft zu werden. Sobald er sahe, worauf es angelegt sey, warf er alles über Bord; man ließ also die Sachen durch ein andres Boot auffischen, inmittelst das erste den Dieb zu verfolgen fortfuhr. Um ihn einzuholen, schossen unsre Leute eine Flintenkugel durch das Hintertheil seines Canots, worauf er, nebst verschiednen andern ins Wasser sprang. Demohnerachtet hörte man nicht auf ihm nachzusetzen, doch seine bewunderswürdige Hurtigkeit schützte ihn noch eine ganze Zeit lang; er tauchte zuweilen unter das Boot in welchem unsre Leute waren, und einmal hob er ihnen gar das Steuer-Ruder aus, ohne daß sie ihn erwischen konnten. Endlich ward einer von den Matrosen des Spiels überdrüßig, und warf den Boothaken nach ihm; unglücklicherweise drang das Eisen ihm unter die Rippen in den Leib; es ward dem Matrosen also nicht schwer, den Indianer vollends bis ans Boot heran zu ziehen und ihn an Bord zu heben. Allein er sahe die Zeit ab, sprang ehe man sichs versahe, wieder in die See, und entkam auch, ohnerachtet er viel Blut verloren hatte, glücklich, vermittelst einiger Canots, die zu seiner Rettung vom Lande abgestoßen hatten, und ihn aufnahmen. Es ist gewiß sehr zu verwundern, daß die barbarische Verfolgung und Mißhandlung dieses armen Schelmen, uns weder das Vertrauen noch die Zuneigung der Einwohner raubten!“
(Forster S. 406/7)
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Rudi-Löhlein-Gedenktage III
g. | Freitag, 20. November 2009, 05:37 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
„Ich hab ihn kennenglernt, an einem Kiosk hab ich ihn kennenglernt, den Rudi
...
und da sind wir dann so ins Gespräch gekommen übers Essen im allgemeinen, und da hab ich gmerkt, daß der Rudi, der versteht was vom Essen, und da hat er mir ein Rezept verraten, ge, das hab ich mir also gmerkt. Das is Leberkäs Hawaii, es is sagen wir kein Schnellgericht in dem Sinn, aber es is, sagen wir doch a Sach, die was hermacht, wenn man entsprechende Beilagen dazu verwendet, also man kann dann, sagen wir mal, also Red Beans kann man dazu nehmen oder an Cörryreis, Pommes frites sind auch gut. Da nehmen S’ hundert Gramm Rindsleberkässcheibe, in die Pfanne rein, mit sehr viel Rinderfett gel, durchbräunen, daß er also schön schwarz ist, dann kein Ei drauf, da müassan S’ aufpassen, daß kein Ei draufkommt, kein Eiweiß irgendwie, da darf gar nix rein, dann wenden Sie den Leberkäs herum auf die andere Seite, gel, wiederum bis er ganz schwarz is, und dann eine Scheibe Ananas drauflegen, gel, und man kann dann a bissel a Ketschap oder sowas nehmen, übrigens würzen mit Thymian, Oregano oder ein Thymian das is sehr gut
...
Also des Rezept is vom Rudi Löhlein, gel.“
(Gerhard Polt/Hanns Christian Müller Fast wia im Richtigen Leben, S. 148 Zürich 1992, Haffmanns.)
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Georg Forster: Reise um die Welt 57
(Reise von den Societäts-Inseln nach den freundschaftlichen Inseln; und Nachricht von unserm Aufenthalt daselbst)
(Reise von den Societäts-Inseln nach den freundschaftlichen Inseln; und Nachricht von unserm Aufenthalt daselbst)
g. | Donnerstag, 19. November 2009, 07:43 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
“Am nächsten Morgen kam des Capitains Freund ATTAHA, oder ATTAGHA, sehr zeitig an Bord und frühstückte mit uns. Seine Kleidung bestand aus Matten, wovon er, des kalten Morgens wegen, eine über die Schulter geschlagen hatte. Herr HODGES wünschte ihn bey dieser Gelegenheit abzuzeichnen; da es aber dem Indianer an einem gewissen Grad von Aufmerksamkeit und Nachdenken fehlte, den man bey den uncivilisirten Völkern vermißt; so kostete es uns nicht wenig Mühe, ihn eine Zeitlang zum Stillsitzen zu bringen. Dem ohnerachtet gerieth die Zeichnung sehr gut; Herr HODGES hat die Stellung gewählt, da ATTAHA einen eisernen Nagel, den man ihm geschenkt, zum Zeichen der Danksagung über den Kopf empor hält. Dies Bildniß ist von Herrn Sherwin meisterhaft in Kupfer gebracht, und man kann sich, nach den sanften Gesichtszügen dieses Mannes, von dem Charakter der Nation überhaupt, einen richtigen Begriff machen.“
(Forster S. 401/2)
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Georg Forster: Reise um die Welt 56
(Reise von den Societäts-Inseln nach den freundschaftlichen Inseln; und Nachricht von unserm Aufenthalt daselbst)
(Reise von den Societäts-Inseln nach den freundschaftlichen Inseln; und Nachricht von unserm Aufenthalt daselbst)
g. | Dienstag, 17. November 2009, 05:31 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
“Nachdem wir auf solche Art die Küste erreicht hatten, versammelten sie sich mit allen ersinnlichen Zeichen der Freundschaft um uns her, und bothen uns etwas Früchte, Waffen und Hausgeräth zum Geschenk an. Das Volk hätte uns gar nicht besser aufnehmen können, wenn es von unsern friedfertigen Gesinnungen schon durch eigne Erfahrung überzeugt, und gewohnt gewesen wäre, von Zeit zu Zeit europäische Schiffe bey sich zu sehen: Allein dies verhielt sich gerade umgekehrt, denn bisher hatten sie wohl noch keinen Europäer unter sich gesehen, auch konnten sie von Tasmans ehemaliger Anwesenheit auf der benachbarten Insel AMSTERDAM, höchstens nur von Hörensagen etwas wissen. Bey so bewandten Umständen, waren wir allerdings berechtigt, uns nach dieser Aufnahme von ihrer Gemüthsart die vortheilhaftesten Begriffe zu machen. Sie mußten von Natur offenherzig und edelmüthig gesinnt und über alles niedrige Mißtrauen weit erhaben seyn. Was dieses günstige Urtheil noch mehr bestätigte war, daß sich auch eine große Anzahl von Frauenspersonen unter ihnen befand, welche die indianischen Nationen sonst mehrentheils von den Fremden entfernt zu halten pflegen. Diese hier waren von den Hüften an bis auf die Füße bekleidet, und schienen uns durch ein gutherziges freundliches Lächeln einzuladen, daß wir getroßt näher kommen möchten. Herr HODGES entwarf von dieser merkwürdigen freundschaftlichen Aufnahme ein schönes Gemälde, welches zu Capitain COOKS Nachricht von dieser Reise gestochen ist. Allein, so geneigt ich sonst auch bin, den Arbeiten dieses geistreichen Künstlers das gebührende Lob wiederfahren zu lassen, wenn sie der Wahrheit ganz treu sind; so wenig kann ich doch bey dieser Gelegenheit umhin, zu bemerken, daß vorgedachte Platte von den Einwohnern auf EA-UWHE und TONGATABU gar keinen richtigen Begriff giebt; so meisterhaft sie übrigens auch von Herrn SHERWIN in Kupfer gestochen worden. Der Vorwurf, welchen man denen zu Capitain COOKS voriger Reise in Kupfer gestochnen Platten mit Recht gemacht hat, daß sie nemlich, statt indianischer Gestalten, nur schöne Figuren vorstellten, die sowohl der Form als der Drapperie nach, im Geschmack der Antike gezeichnet wären; eben dieser Vorwurf trift auch die vorgedachte Kupfertafel DIESES Werks. Ja man sollte fast glauben, daß Herr Hodges seine zu diesem Stück nach der Natur gemachte Original-Skizze verloren und bey Entdeckung dieses Verlusts, aus eleganter mahlerischer Fantasie eine neue Zeichnung bloß idealisch entworfen habe. Kenner finden in dieser Platte griechische Conturen und Bildungen, dergleichen es in der Südsee nie gegeben hat; und sie bewundern ein schönes fließendes Gewand, das Kopf und Cörper bedeckt, da doch in dieser Insel, die Frauensleute Schulter und Brust fast niemals bedecken. Die Figur eines alten ehrwürdigen Mannes mit einem langen weißen Barthe ist vortrefflich; allein die Leuthe auf EA-UWHE lassen den Barth nicht wachsen, sondern wißen ihn mit Muschelschaalen kurz zu scheeren.“Der Übergang von der idealisierten zur detailgetreuen Darstellung; aufkommender Positivismus.
(Forster S. 375 - 377)
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Georg Forster: Reise um die Welt 55
(Nachricht von unserem Aufenthalt auf den Socitäts-Inseln)
(Nachricht von unserem Aufenthalt auf den Socitäts-Inseln)
g. | Donnerstag, 12. November 2009, 06:09 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
“Bald nachher kam unser Boot von der ADVENTURE zurück und brachte uns den O-MAI an Bord, welches der einzige Indianer war der sich hier eingeschifft hatte, um mit nach England zu gehen. Capitain COOK behielt ihn auf unserm Schiffe bis wir RAIETEA erreichten, wohin unser Lauf gerichtet war; sobald wir aber dort anlangten, ward er wieder auf die ADVENTURE gebracht, in welcher er auch nach England gekommen, und daselbst eine Zeitlang der Gegenstand der allgemeinen Neugierde gewesen ist. Während seiner Anwesenheit bey uns lernten wir ihn als einen Menschen vom geringsten Stande kennen. Er hatte auch damals nicht Ehrgeiz genug, mit dem Capitain umzugehen, sondern hielt sich zu dem Büchsenschmidt und andern gemeinen See-Leuten: Als er aber ans Vorgebirge der guten Hoffnung kam, wo ihn der Capitain FOURNEAUX in seiner eigenthümlichen Tracht auftreten lies, und in die besten Gesellschaften brachte, gab er vor, er sei kein TAUTAU, oder gemeiner Mensch, sondern ein HOA, d.i. ein königlicher Cammerherr oder Begleiter des Königs. Man hat das Publicum verschiedentlich mit allerhand fabelhaften Nachrichten von diesem Indianer unterhalten, dahin gehört unter andern das lächerliche Vorgeben, daß er ein Priester der Sonne sey, dergleichen es doch in seinem Vaterlande nirgends giebt. Er war von Statur, aber sehr schlank, und hatte besonders feine und zierlich gebildete Hände. Aus seinen Gesichtszügen hingegen konnte man sich im geringsten keinen richtigen Begriff von der Schönheit machen, die den Einwohnern auf TAHITI eigenthümlich ist; wir thun ihm im Gegentheil kein Unrecht, wenn wir behaupten, daß uns auf TAHITI und allen SOCIETÄTS-Inseln nur wenig so mittelmäßige Gesichter vorgekommen sind, als das seinige. Dabey war er von so schwarzer Farbe als wir sie kaum unter dem gemeinsten Volk angetroffen hatten, und am allerwenigsten stimmte solche mit dem Range überein, den er hernachmals annahm. Es war würklich unglücklich, daß man gerade diesen Menschen zur Probe eines Volks auswählte, welches alle Seefahrer als schön von Bildung und hell von Farbe beschrieben hatten. Sein Herz und Verstand waren so wie beydes unter seinen Landsleuten gewöhnlich zu seyn pflegt. Er war kein außerordentliches Genie als TUPAIA; aber er hatte ein gefühlvolles Herz, und einen offnen Kopf, der bald etwas begriff, daneben war er dankbar, mitleidig und lebhaft, aber auch flüchtig.“Faszinierende Mischung aus Standesdünkel, Rassismus und aufgeklärtem Weltbürger.
(Forster S. 347/8)
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Georg Forster: Reise um die Welt 54
(Nachricht von unserem Aufenthalt auf den Socitäts-Inseln)
(Nachricht von unserem Aufenthalt auf den Socitäts-Inseln)
g. | Dienstag, 10. November 2009, 06:10 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
“ Unser Tahitischer Reise-Gefährte POREA gieng, in einem linnenen Oberrock und ein paar Schifferhosen, mit ans Land. Er trug Capitain COOKS Pulver-Horn und Hagel-Beutel, und wünschte, daß man ihn hier für einen von unsern Leuten ansehen möchte. Zu dem Ende redete er seine Muttersprache nie; sondern murmelte allerhand unverständliche Töne her, wodurch sich das hiesige Volk auch wirklich hintergehen ließ. Um diesen Betrug noch mehr zu begünstigen, wollte er auch nicht länger bey seinem Tahitischen Namen POREA genannt seyn, sondern einen Englischen haben. Die Matrosen nannten ihn daher TOM, womit er sehr wohl zufrieden war; auch lernte er bald die gewöhnliche Antwort: SIR! Die er aber DSORRO aussprach. Wir konnten nicht absehen, was er mit dieser Masquerade vorhabe, vermuthlich aber glaubte er in der Gestalt eines englischen Matrosen mehr zu bedeuten als ein TAHITISCHER TAUTAU.“Der pittoreske Wilde.
(Forster S. 337)
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Georg Forster: Reise um die Welt 53
(Nachricht von unserem Aufenthalt auf den Socitäts-Inseln)
(Nachricht von unserem Aufenthalt auf den Socitäts-Inseln)
g. | Donnerstag, 5. November 2009, 06:06 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
“Wenn ich den Ort neben dem Wetterdach, wo Markt gehalten wurde, und andre dergleichen allgemeine Sammelplätze ausnehme, so waren selten mehr als 15 bis 20 Personen um uns. Dieser Unterschied rührte wohl hauptsächlich daher, daß HUAHEINE ungleich kleiner, mithin auch nicht so volkreich ist als TAHITI; außerdem waren die hiesigen Einwohner auch noch nicht bekannt genug mit uns, um vom Mitlauffen Vortheil zu erwarten; und überhaupt fanden wir sie weder so neugierig, noch so furchtsam als die TAHITIER, die hinreichende Ursach hatten unsre Güte zu ehren und die Übermacht unsers Feuergewehrs zu fürchten.“
(Forster S. 337)
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