Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Freitag, 15. April 2011
E.T.A. Hoffmann: Die Automate I
Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann (1776-1822), der später aus Bewunderung für Mozart den Wilhelm gegen Amadeus eintauschte, war nicht nur Kammergerichtsrat und in dieser Eigenschaft mit der juristischen Bewertung der Ansichten und Aktivitäten der Burschenschafter und Turnerbünde befasst, sondern auch Musiker, Zeichner und natürlich Schriftsteller.

Er ist einer der wenigen Erzähler aus dieser Zeit, die bis heute gelesen werden. Von Jacques Offenbach, der eine Oper über seine Erzählungen komponierte bis zu den historisierenden Kriminalromanen aus jüngster Zeit, beschäftigte er seine Leser.
Schön finde ich das Hörspiel nach ETA Hoffmann, trotz des etwas betulichen Tonfalls: Nussknacker und Mausekönig (Habe ich mal erwähnt, dass wir als Kinder verzückt vor dem Radio saßen, wenn es Hörspiele gab?)


(E.T.A.Hoffmann, Quelle)

Eine der bekanntesten Novellensammlungen Hoffmanns sind „Die Serapionsbrüder“. Für die Druckfassung spann er eine Rahmenhandlung, in der einige literarisch gebildete Freunde über Probleme der Kunst diskutieren und als fiktive Autoren der Erzählungen auftreten, um die einzelnen Novellen herum.

Wir springen gleich zum dritten Abschnitt, der wie immer zunächst durch die Rahmenhandlung eingeleitet wird:
»Es hat,« sprach Lothar, als die Serapionsbrüder aufs neue versammelt waren, »es hat gar keinen Zweifel, daß unserm Cyprian, gerade wie an dem Tage des heiligen Serapion, der uns zum neuen Bunde zusammenführte, auch heute was Besonderes in Sinn und Gedanken liegt. Er sieht blaß aus und verstört, er vernimmt nur mit halbem Ohr unser Gespräch, er scheint, während er doch nun gewiß mit lebendigem gesunden Leibe hier unter uns sitzt, geistig sich ganz wo anders zu befinden.«
»So mag er«, nahm Ottmar das Wort, »denn nun gleich mit dem Wahnsinnigen heranrücken, dessen Namenstag er vielleicht heute feiert.«
»Und«, setzte Theodor hinzu, »in exzentrischen Funken sein Innres entladen, wie er nur Lust hat. Dann, ich weiß es, wird er wieder fein menschlich gesinnt und kehrt zurück in unsern Kreis, in dem er es sich doch nun einmal gefallen lassen muß.«
Die zweite Novelle dieses Abschnittes ist „Die Automate“, die ganz vorzüglich das Thema der wundersamen Maschinen literarisch bearbeitet und uns die nächsten Wochen begleiten wird.

Der Titel „Die Automate“ ist einfach die Mehrzahl von der Automat, heute würde man die Automaten schreiben.

In der Novelle treten wie in „Der Dichter und der Komponist“, die im ersten Abschnitt der Serapionsbrüder erzählt wird, ebenfalls Ferdinand als Dichter und Ludwig als Musiker auf. Hoffmann dachte in dieser Zeit offensichtlich viel über seine beiden Talente, das Komponieren und das Dichten nach, und über das Verhältnis der beiden Künste. Man könnte „Die Automate“ wahrscheinlich auch mit Gewinn unter diesem Gesichtspunkt lesen. Er plante noch weitere Erzählungen über die beiden Freunde.

Über den Zusammenhang der beiden Novellen schrieb Hoffmann als Vorbemerkung zum Teilabdruck von „Die Automate“ in der ‚Allgemeinen Musikalischen Zeitung’ (16. Jg., Nr. 6, 9. Februar 1814) :
„Die Leser der musikalischen Zeitung werden sich noch aus dem unlängst eingerückten Aufsatze , der Dichter und der Komponist , der beiden Freunde, Ferdinand und Ludwig, erinnern, die nach langer Trennung der Krieg zusammenbrachte. In jener glücklichen, ruhigen Zeit, als sie ein gleicher poetischer Sinn und gleiches, echtes Kunststreben auf der Universität J. innigst verband, trug sich die wunderbare Begebenheit zu, von welcher das folgende Bruchstück dasjenige aushebt, was, von musikalischen Kunstwerken und von Erweiterungen im Gebiete der Tonkunst überhaupt handelnd, ... sich für diese Zeitschrift eignet.“
Hoffmann war von den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen seiner Zeit fasziniert und wollte seinerseits einen Automaten bauen:
„Den ganzen Abend läppischer Weise in Wieglebs Magie gelesen und mir vorgenommen, einmal, wenn die gute Zeit da seyn wird, zum Nutzen und Frommen aller Verständigen, die ich bei mir sehe, ein Automat anzufertigen! – Quod deus bene vertat!“
(E.T.A. Hoffmann: Tagebucheintrag vom 2. Oktober 1803)
Bei Wieglebs Magie handelt es sich um Johann Nikolaus Martius: Unterricht in der natürlichen Magie oder zu allerhand belustigenden und nützlichen Kunststücken; völlig umgearbeitet von Johann Christian Wiegleb; Friedrich Nicolai, Berlin und Stettin 1782.

Im Oktober 1813 wohnte er einer Vorführung der Musikautomaten von J.G. Kauffmann in Dresden bei.

Nach einer Spukgeschichte, die in die Rahmenhandlung integriert ist und ausführlich das Thema Magnetismus und seine Heilkräfte, insbesondere bei Schlaflosigkeit, behandelt, setzt Theodor, einen der anderen Serapionsbrüder unterbrechend, an:
„… »Nein, nein,« sprach Theodor, »der Strom, der in krausen Wellen daherbrauste, muß sanft abgeleitet werden, und dazu ist ein Fragment sehr tauglich, das ich vor langer Zeit, besonders dazu angeregt, aufschrieb. Es kommt viel Mystisches darin vor, an psychischen Wundern und seltsamen Hypothesen ist auch gar kein Mangel, und doch lenkt es hübsch ein ins gewöhnliche Leben.«
Theodor las:

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