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An der Gedächtniskirche
g. | Montag, 3. Januar 2011, 06:24 | Themenbereich: 'Begegnungen'
Auf dem Alexanderplatz durften wir ja bereits einer Begegnung mit einem Prediger beiwohnen, heute soll’s um die Sowieso gehen (wie hieß sie noch gleich? Helga? Gerda? Na egal.) Sie war eine ältere Dame mit eisengrauen Haaren und einem freundlichen und aufmerksamen Gesicht. Als ich sie das erste Mal sah, dachte ich noch, die sieht aber der Uta Ranke-Heinemann ziemlich ähnlich.
Meist traf ich sie auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche. Außer ihr, war und ist an diesem Weihnachtsmarkt nicht besonderes, wie überall tönt „Stille Nacht“ aus jedem Stand, es gibt das zu kaufen, was es auf jedem Weihnachtsmarkt zu kaufen gibt und der Glühwein fällt wie ebenfalls auf jedem Weihnachtsmarkt eigentlich unter die Kampfmittelverordnung (Warum wird das Zeug eigentlich nicht in der Nordsee verklappt?)
Sie trug einen warmen Mantel und stand meist auf einer Obstkiste direkt vor der Kirche. Insbesondere jüngere Pärchen weckten ihre Aufmerksamkeit und stachelten sie an, ihnen ihre Botschaft zu vermitteln. Ein strahlender Blick in die Augen und ihre Stimme schwoll an:
„Ficken, Kinder, ihr müsst mehr ficken!“
Und dann legte sie ausführlich und mit guten Argumenten dar, warum ihre Erachtens die Menschen zu wenig schnackseln (Fürstin Gloria von Turn und Taxis). Ihre Freundlichkeit und Eloquenz machte es einem als Passanten sehr schwer, sich der anschwellenden Redeflut zu entziehen. Meist blieben die Leute stehen und wenn sie nicht völlig verbiestert waren, hörten sie ihr aufmerksam zu. Ich habe ihr eigentlich immer ganz gerne zugehört und stets am Ende ihrer Ausführungen beteuert, dass ich ihre Ratschläge für meinen weiteren Lebensweg beherzigen werde.
Irgendwann wurden ihre pädagogischen Versuche seltener und büßten auch etwas an Glanz und Geschliffenheit ein. Sie wurde alt und dann tauchte sie nicht mehr auf.
Nachtrag:
Die Dame hieß Helga Goetze: ein Nachruf & die Website & ein Interview
Mein Gedächtnis ist gar nicht so schlecht.
Meist traf ich sie auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche. Außer ihr, war und ist an diesem Weihnachtsmarkt nicht besonderes, wie überall tönt „Stille Nacht“ aus jedem Stand, es gibt das zu kaufen, was es auf jedem Weihnachtsmarkt zu kaufen gibt und der Glühwein fällt wie ebenfalls auf jedem Weihnachtsmarkt eigentlich unter die Kampfmittelverordnung (Warum wird das Zeug eigentlich nicht in der Nordsee verklappt?)
Sie trug einen warmen Mantel und stand meist auf einer Obstkiste direkt vor der Kirche. Insbesondere jüngere Pärchen weckten ihre Aufmerksamkeit und stachelten sie an, ihnen ihre Botschaft zu vermitteln. Ein strahlender Blick in die Augen und ihre Stimme schwoll an:
„Ficken, Kinder, ihr müsst mehr ficken!“
Und dann legte sie ausführlich und mit guten Argumenten dar, warum ihre Erachtens die Menschen zu wenig schnackseln (Fürstin Gloria von Turn und Taxis). Ihre Freundlichkeit und Eloquenz machte es einem als Passanten sehr schwer, sich der anschwellenden Redeflut zu entziehen. Meist blieben die Leute stehen und wenn sie nicht völlig verbiestert waren, hörten sie ihr aufmerksam zu. Ich habe ihr eigentlich immer ganz gerne zugehört und stets am Ende ihrer Ausführungen beteuert, dass ich ihre Ratschläge für meinen weiteren Lebensweg beherzigen werde.
Irgendwann wurden ihre pädagogischen Versuche seltener und büßten auch etwas an Glanz und Geschliffenheit ein. Sie wurde alt und dann tauchte sie nicht mehr auf.
Nachtrag:
Die Dame hieß Helga Goetze: ein Nachruf & die Website & ein Interview
Mein Gedächtnis ist gar nicht so schlecht.
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