„Es muß was Schöns seyn um die Tugend“ VI
g. | Montag, 16. April 2012, 06:54 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
Ob die Jugend mit der Tugend schwesterlich verknüpfet sey? Diese Frage fiel mir eben an dem Neuen Jahre bey, welches Hofrath Juchens Kind, Jungfrau Jungfrau Magdalene, (da der Neid auch selber spricht: niemand tadelt diese Schöne.) mit vergnügten Augen siehet, und des Festes Jubel hält. Hat in diesen schlechten Zeilen vorgelegt und dargestellt.
1734.
Hochgeehrtes Frauenzimmer!
Diese Frage fällt mir bey:
Ob die Jugend mit der Tugend schwesterlich verbunden sey?
Eingermaßen lehrt die Zeit, daß sie Beyde keine Schwestern,
Denn die Jugend sucht ja oft auf der Tugend Glanz zu lästern.
Wo die Jahre denen Rosen und Narcissen ähnlich blühn,
Da muß oftermahls die Tugend in dem Streit den kürzern ziehn.
Jene Jungfer steht und liegt täglich wohlgebrüst am Fenster,
Und durchhechelt und verhöhnt alle lebende Gespenster.
(Sidonia Hedwig Zäunemann)