Friedrich Wilhelm August Schmidt,
g. | Donnerstag, 6. Januar 2011, 06:23 | Themenbereich: 'Notate und Anmerkungen'
der Pastor von Werneuchen ist heute kaum noch jemand ein Begriff. In gewisser Weise ist das schade:
Darüber hinaus ist dem guten Pastor auch noch aufgefallen, dass es mit dem Kunstschönen und dem Naturschönen alles nicht so einfach ist.
Ich finde ja, dass unser poetisierender Pastor mit seinen Gedichten etwa die Lukullus bereichert hätte.
DorfkircheUnser Pastor war ein Dilettant im Wortsinne, also einer der Freude an seinem Tun hat und sich einen Teufel um die literarische Qualität sorgt.
Wie schön die Fensterscheiben, rund und düster!
Des Altars Decke, wo die Motte kreucht!
Die schwarzen Spinngewebe, die der Küster
Selbst mit dem längsten Kehrwisch nicht erreicht!
Wie schön der Todtenkränze flittern,
die hier bestäubt am kleinen Chore zittern!“
„Ich bin weit davon entfernt, Forderungen zu machen, weit davon entfernt, mit irgendeinem unsrer Dichter von Werth mich messen zu wollen;“schrieb er in seinem Vorbericht zur Ausgabe seiner Gedichte von 1796. Und weiter:
„aber das glaube ich mit Wahrheit behaupten zu können: dass selbst von schätzbaren Dichtern die Natur selten wahr kopiert worden sei. Man hat an ihrer Einfalt gekünstelt. Solche Verschönerungen wird man in diesen Blättern zwar vermissen, keine Vergleichungen ihrer Reitze mit Gold, Silber u.v.m. darin antreffen; aber demohnerachtet hoffe ich, mein kleines Publikum zu finden.“Der olle Wieland hat das klar erkannt, für ihn war der Pastor ein selten vorkommendes Naturtalent, das man nicht mit den Maßstäben der Literaturkritik messen sollte: „Wenn Amseln und Grasmücken in ihrer Art lieblich singen, warum soll ich mich verdrießen lassen, daß sie keine Nachtigallen sind.“ schrieb er zur üblichen zeitgenössischen Kritik, die insbesondere Schmidts Sujetwahl bekrittelte.
Darüber hinaus ist dem guten Pastor auch noch aufgefallen, dass es mit dem Kunstschönen und dem Naturschönen alles nicht so einfach ist.
An den MondSein rührendes Bemühen um die Rehabilitierung von Motten und Spinnen klappt nicht immer und so wurde er vielfach verspottet. Er habe eine runde, stattliche Figur mit einem Kohlhaupte obenan gehabt, schrieb etwa Friedrich Zelter an Goethe, der seinerseits den dichtenden Pastor mit einer Persiflage durchaus auch anerkennend berühmt gemacht hat.
Abends um eilf Uhr im Fenster.
So manchen Abend traut‘ ich hier
In stummer Liebe Leid,
In meiner Schwermuth kuckst du dann
Mich freundlich durch die Weiden an,
Daß mich’s im Herzen freut.
Wenn doch wie du, mein Mädchen, mild
Wie du so freundlich wär‘.
O such sie, lieber Mond, und schein‘
Ihr in die blauen Aeugelein,
Und mach‘ ihr’s Herzchen schwer.“
Ich finde ja, dass unser poetisierender Pastor mit seinen Gedichten etwa die Lukullus bereichert hätte.