Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Körpergefühl und Abenteuerlust
Sie kennen das, wahrscheinlich. Nach fast fünf Stunden Flug und nervtötendem Einchecken, schlechtem Essen und shoppen über den Wolken, ist man als Erwachsener genervt und ausreichend gestresst, um dem Warten auf das Gepäck nicht mehr mit Gelassenheit begegnen zu können. Man erträgt es nur, weil einem nichts anderes übrig bleibt.

Die Geschwister am Flughafen in Funchal, ein Junge und ein Mädchen, noch im Vorschulalter, versuchten ihren Stress und ihre Müdigkeit zu verarbeiten. Der Junge entdeckte dann das Gepäckförderband und war fasziniert von der Vorstellung, sich davon forttragen zu lassen. Das Mädchen schloss sich sofort an. Die Eltern mussten sich um das Gepäck kümmern. Die Plagen waren in der Obhut der Großmutter.
Sie versuchte die Beiden davon abzuhalten und warnte vor den Gefahren. Das Mädchen ließ sich kurzzeitig davon beeinflussen, folgte aber nach zehn Sekunden ihrem Bedürfnis, sich abzureagieren und dem Bruder in seiner Abenteuerlust zu folgen.

Die Oma, statt den Jungen anzupfeifen, traktierte ihn mit schwarzer Pädagogik:

„Wenn du nicht aufhörst, hat Oma dich nicht mehr lieb!“

Der Junge konnte sich wohl nicht beherrschen und entwandt sich dem Klammergriff und stürmte immer und immer wieder zum Förderband. Das Mädchen gab schnell ihren Widerstand auf und blieb bei Oma. Sie fing hektisch an, um Oma herum zu spielen. Der Bewegungsdrang musste ja irgend ein Ventil finden.
Ich sehe meine Liebste an und murmle: „Der Junge ist noch widerständig, dem Mädchen haben sie es schon ausgetrieben.“
Sie sah mich nur müde an.

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