Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Sapperlot, da ist jemand besonders „radikal“
„Bis zu meinem 45. Lebensjahr war ich Tierleichenesser. Durch Diskussionen, Sachbücher, Filme und Vorbilder in meinem sozialen Umfeld wurde ich dank meiner Einsichtsfähigkeit, Sensibilität und dem Vorsatz, Widersprüche in der kapitalistischen Lebensrealität aufzulösen, schnell ethisch motivierter Lakto-Varier, wobei dies nur eine Facette meiner linksradikalen politischen Identität ist. Den Schritt in die vegane Lebensweise habe ich noch nicht vollzogen, stehe aber den vielen Veganern in meinem politischen Umfeld positiv gegenüber. Niemals käme ich auf die Idee, diese extremste Form der Verweigerung von Tierverwertungen aller Art als nicht die meine zu kritisieren. Vielmehr bewundere ich diese gelebte Konsequenz.

Anders dagegen meine “Freunde” aus der Tierleichengastronomie. Obwohl gebildet, aufgeklärt und sehr gut informiert, sind sie absolut resistent gegen jede Form der persönlichen Veränderung in Richtung einer Beendigung Ihres Fleischkonsums. Für die Feinschmecker von der Öko-Fleischfront bin ich sogar das personifizierte radikalisierte Feindbild (und das schlechte Gewissen). Denn die tun doch was. Bei denen beschränke ich mich meistens nur noch auf Provokationen, Polemik und Sarkasmus, da in Diskussionen die kognitiven Fähigkeiten abgeschaltet zu sein scheinen.“
Es soll mir niemand erzählen, es gäbe keine „Gutmenschen“ und PC sei eine reine Erfindung der Rechten.
Mit 45+ der Meinung sein, dass Gemüseessen etwas mit Politik, gar noch mit linksradikaler, zu tun hat. Da fällt einem nichts mehr ein. Was bewegt die Leute nur sich in ihrem Identitätsgefasel einzumauern? So groß kann der Distinktionsgewinn doch gar nicht sein, dass man sein unglücklich sein jedermann auf die Nase binden muss? Mission als Politikersatz. (by the way: Ich habe nichts gegen persönliche Konsequenz im Alltag, nur hat das eben gerade nichts mit Politik, die ja gerade auf Gesellschaftsveränderung zielt, zu tun.)

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vert, Freitag, 5. April 2013, 02:29
dann nennen sie doch einfach den trottel einen trottel. irgendjemand muss doch.

(hab grad kurz überlegt, ob ich googel, wo das steht. aber dann wollte ichs doch nicht wissen.)

g., Freitag, 5. April 2013, 08:26
Ich halte es für einen Fehler, diese Sinnsuchereien als lässliche Sünden abzutun. Ob das nun die Gemüseesserei oder der Adoleszenzfeminismus einer Anne Wizorek (nebst Repräsentationszirkus in der Nachfolge von Foucault und Butler) oder das Herumstolpern einer Antje Schrupp auf der Suche nach dem Sinn des Universums oder eben das Postprivacy-Gewese eines Michael Seemann ist, gemeinsam ist dem allen, dass es – zumindest im Internet – eine Lärmwelle zur Folge hat, die fatale Identifikationsangebote anbietet. Dass ich mich da in schlechte Gesellschaft begebe, dass das Gutmenschengebashe von Leuten wie Fleischhauer zelebriert wird, um jegliche Emanzipationsbestrebungen zu denunzieren, weiß ich auch. Nur: es hilft nix, so zu tun, als ob er und andere damit nicht ein Problem aufgreifen würden. Die Feinde meiner Feinde sind eben nicht meine Freunde. Nur so erhält diese Rumblökerei ja den Anschein von Vernunft. In dem Sinne bin ich übrigens mit dem Maßnehmen, dass Don A. gerade veranstaltet, ziemlich einverstanden, selbst wenn sich da auch einige Genfetischisten und vielleicht auch halbgare Maskulinisten zu Wort melden. Na, zumindest scheinen die parteigebundenen Wellenreiter nun bald im Orkus zu verschwinden. (Den Schaden, den Sie da befürchten, sehe ich nicht.)

vert, Freitag, 5. April 2013, 12:32
hab ich unsubscribed, guck ich in zwei wochen mal wieder rein. ich brauch mein gesamtes erregungspotential fürs echte leben.