Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Schnipsel
  1. „Schimmeliges Brot hat einen IQ von 6. Das ist 300 mal mehr als ein durchschnittlicher RTL-Redakteur hat.“ Wie wahr, wie wahr.
  2. Für einen zünftigen Weltuntergangs hat’s bei diesem Meteoritendingsbums in Russland wohl nicht gereicht.
  3. „Beim Kacken und beim Beten hat man den gleichen konzentrierten Gesichtsausdruck.“
  4. Eine Erkenntnis: „Was passiert nach dem Tod?" "Jemand muss Deine Beerdigung bezahlen."
  5. Noch eine Erkenntnis: „Nenn eine Prostituierte meinethalben Hure, aber nie, nie, niemals Nutte. Ersteres trägt sie wie ein Ehrenabzeichen, Letzteres dir ewig nach.“
  6. Und: „Ach? Veganer sind was anderes als Lesben?“
  7. Die Erkenntnisse reißen nicht ab: Zum Zeitpunkt des Postens war ich all meiner 5 Sinne (Stumpfsinn, Schwachsinn, Wahnsinn, Irrsinn und Unsinn) mächtig.
  8. "Why live, if you can be buried for just ten dollars?" Anzeige eines Bestattungsunternehmers 1937 (darüber berichtet Siegmund Freud in einem Brief)
  9. Das Futur III ermögliche dem Sprecher, ein Ereignis in der Zukunft zu beschreiben, das höchstwahrscheinlich nicht eintrifft, aber wunschgemäß eintreffen sollte.
  10. „Twitter ist Rummelplatz mit Kirmestechno“ stümmt.
  11. „Ungeachtet meiner Jungfräulichkeit war ich entschlossen, Zuhälter zu werden“ auch so ein Satz fürs Leben, den man so dem Einen oder der Anderen (etwas modifiziert) gerne ins Poesiealbum schreiben möchte. (Gibt’s die Dinger eigentlich noch?)
  12. Und noch ein Satz fürs Leben: „Selig sind die Müßigen, denn nur sie werden die Herrlichkeit Gottes schauen.“
  13. Verleser: Gabriel will Mittelerde entlasten
  14. Es nimmt kein Ende mit den Lebensweisheiten: „Eine alte Wurststulle, die man nach drei Jahren hinter der Heizung wiederfindet ist besser als Twitter.“
  15. „Twitters ziemlich einzigartige Kommunikationsstruktur basiert mehr auf Zuhören und Echo per Retweet als auf dem Dialog. Twitter ist (eigentlich) kein Chat. Respekt und Höflichkeit gegenüber denen, mit denen man spricht, sind Grundbedingungen eines Dialoges, nicht aber des Gezwitschers, das mit Anspielungen, Zitaten und Bekenntnissen aus allen Ecken arbeitet und sich an niemand konkreten wendet. Für mich ist das monologisches Gesamtkunstwerk. Wer sich gemeint und düpiert fühlt, darf den Entfolgen-Button drücken. Macht aber selten jemand, weil es derzeit mehr Befriedigung bringt, per Mention über die Grenze zu gehen und andere zu maßregeln. Da sind grade ein paar Kinder im Spiel, die gern auf zierlichen Sandburgen herumtrampeln, weil es ihnen wichtig ist, Aufmerksamkeit zu bekommen und Recht zu haben.“

    Wie schön: Es gibt nicht nur Labertaschen in diesem Internet da, sondern auch Menschen, die alle Tassen im Schrank haben, die lesen und beobachten können.
  16. Thesen, die durch Sachverhalte und Argumente gestützt und zur Diskussion gestellt werden sind eine Form der Kommunikation, die sich vom Plaudern über Meinungen, die bestenfalls durch Erfahrungen (oder das, was man dafür hält) gestützt werden, unterscheidet.
  17. Nicht jede Meinung, die mehrheitlich nicht geteilt wird, ist radikal. Es kann auch dummes Geschwätz sein.
  18. Der Gag an Theoriebildung ist ja gerade der Versuch der Intersubjektivität, der Verweis auf die Beziehungsebene zwischen Schreiber/in und Leser/in geht daher in die Irre. Ob es ‚mir‘ etwas ‚bringt‘ oder nicht, ist nur für die Frage interessant, ob ich es verstehe oder eben nicht. Ansonsten sind Theorien richtig oder falsch, vollständig oder unvollständig. Theorien sind eine möglichst richtige und vollständige Anschauung der Wirklichkeit.
  19. Zur Brüderle-Debatte: „Wie eine allergische Reaktion eines überdrehten Immunsystems , dass sich vor lauter Eifer gegen sich selber richtet.“
  20. Seltsam: Letztens auf den Versuch einer unterschiedlich/unterscheidenden Definition von Feminismus und Frauenbewegung gestoßen: Feminismus wäre demnach eine Weltsicht, ein Ideengebäude und Frauenbewegung weitgehend unabhängig davon, der Versuch die Welt etwas gerechter zu gestalten. Kann man die Frauenbewegung wirklich unabhängig von Theorie denken, also als Nicht-Vorraussetzung? Hm, und welche Funktion hätte diese Unterscheidung?
  21. „Deutschland braucht Eier!“ die man in ein labbriges Brötchen klemmen kann.
  22. „Die Bahn ist voll mit stillen dicken Leuten“
  23. Trotz des Jean-Paul-Jubiläums habe ich in den Zeitungen meist nur runtergerotzte Duzendware gelesen. Er scheint nicht mehr gelesen zu werden.

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damals, Dienstag, 2. April 2013, 16:14
Zu 11.: Poesiealben gibts noch - die heißen jetzt "Freundebücher" und enthalten vorgefertigte Formulare ("Mein Lieblingsfilm", "Was ich an dir mag" usw.), in denen kein Platz für originell gemeinte Denksprüche ist. Sinnhaftigkeit war gestern. Heute ist „Postpostauthentizität" oder wie auch immer sich der Konformismus derzeit schimpft.

g., Donnerstag, 4. April 2013, 07:47
Als 14jähriger war ich als Poesiealbumsbeiträger ja sehr beliebt. Vielleicht hätte ich mir weniger Mühe geben sollen? Na ja, es war schon okay, auch wenn es in der Rückschau etwas albern wirkt. Ich habe dann immer irgendein Tier oder etwas Stimmungsvolles irgendwo abgekupfert (wie ich das bei meinem mangelnden Zeichentalent geschafft habe, weiß ich nicht mehr. Durchgepaust wahrscheinlich.) und einen noch gefühligeren Sinnspruch daneben geschrieben. Als Pubertierender übt man Annäherungsformen ein, die einem dann als Erwachsener seltsam fremd erscheinen. Nun, ich denke, in dem Alter ist das schon in Ordnung. Es ist verdammt schade, dass diese Formen der Annäherung zwischen Männlein und Weiblein, wie Sie schreiben, jetzt so formalisiert und – wie soll man das nennen? – geregelte Authentizität?, mühelose Individualität? Ich glaube, ich bleibe doch ein Anhänger des engagierten Balzens (auch wenn ich etwas aus der Übung bin).
Übrigens: ist es immer noch so, dass Poesiealben oder Freundschaftsbücher nur von Mädchen geführt werden? Und: gibt es die Dinger schon elektronisch?

vert, Freitag, 5. April 2013, 02:36
die freundebücher waren schon vor dreißig jahren beliebt, k.a. wie sie da hießen. also quasi präpostpostdings.

klar gibts die elektronisch. heißt dann fb-pinnwand. schwerpunktnutzung durch woo-girls ("lieb dich, süße" u. dergl.)