Der hinkende Bote

Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten

Schnipsel
Manchmal lese ich irgendwo etwas und es fällt mir dazu etwas mehr oder weniger komisches oder kluges ein, das schreibe ich dann auf:

  1. „wenn viel Gewese um »dieses Internet« gemacht wird, in dem sie nicht mehr erkennen können als eine verbesserte Post- und Telefonanlage“. Und ist es denn mehr als eine verbesserte Post- und Telefonanlage?
  2. Ein sehr alter Trendsport: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Linkste im ganzen Land?“
  3. Oh heilige Vielfalt der Sprache! Ein Schwarzkittel kann ein Schiedsrichter, ein Geistlicher, ein Gothic-Fan oder ein Architekturstudent sein.
  4. Erkenntnistheorie: Où la chèvre est attachée, il faut qu'elle broute. (Wo die Ziege angebunden ist, dort muß sie weiden.) (mit Dank an Jean Stubenzweig) Wobei mir dabei sofort Großkatzen in den Kopf kommen, die sich die Ziege dann holen. Guten Appetit!
  5. Vor, na? 35 Jahren habe ich die ‚Dialektik der Aufklärung’ nach zwei Seiten abgebrochen, weil ich nichts verstanden hatte. Vor zwei Wochen habe ich nach 20 Seiten aufgehört zu lesen, weil ich keine Hoffnung mehr hatte, noch auf einen sinnvollen Satz zu stoßen. Horkdorno hat einen ziemlich großen Anteil daran, dass aus Karl Marx (und der Aufklärung) ein Gespenst geworden ist.
  6. Hatte ich schon einmal angemerkt, dass ich Hannah Arendt für eine der anregendsten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts halte?
  7. Sibirische Wochen in Berlin: Es ist unangenehm, wenn der Rotz in der Nase gefriergetrocknet wird.
  8. Die Sucher finden bei mir Sachen, von denen ich nichts mehr wusste: „leicht wirre gesellschaftspolitische vorstellungen und haben eine vorliebe für bizarre namensgebung“ zum Beispiel. Oder: hissen der bundesdeutschen flagge auf einer eisscholle
  9. Irgendwo gelesen: künstliche Freiheit, gemeint war wohl künstlerische Freiheit
  10. Es ist schwierig, mit Gänsen über die Schönheit und den tieferen Sinn von Weihnachten zu reden.
  11. Wer nur allgemein von Freiheit redet ist im günstigsten Fall ein Dummkopf.
  12. Wenn man auf so Würstchen wie Ansgar Heveling herumhackt, welche Funktion hat das eigentlich für die Internetversteher?

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einemaria, Donnerstag, 2. Februar 2012, 09:09
Zu-allererst,
zu 1. Ja, es ist auch eine Art öffentliche Schreibmaschine

zu 3. siehe auch Wer hat Angst vor dem schwarzen Mann?

zu 7. Vergessen Sie nie, hochalkoholische Getränke in diesen Breitengraden nicht blind in sich hineinzuschütten, denn was nicht gefriert wie Gefrierschutz kann auch dazu führen, daß Ihnen anschließend ein gefrorener Magen zurückbleibt, der dann schlicht splittert und zerbricht !!!!!

zu 11. Ein wichtiger Satz. Danke auch dafür und auch danke für alle die anderen - das liest sich dann doch viel hoppiger als Adorno.

g., Sonntag, 5. Februar 2012, 06:18
Zu 1. Stimmt natürlich. Da mich die Jünger der neuen Glaubensrichtung mehr nerven als die Entdecker des schlechthin Bösen, hacke ich meist auf der einen Seite der Kneipenschlägerei herum. Leider gehen in diesem Tohuwabohu dann Stimmen wie die von Wolfgang Michal, einer der wenigen, die versuchen das Besondere des Netzes zu beschreiben, unter.

Zu 7. Ich schütte nie blind alkoholische Getränke in mich hinein. Ich sehe mir das sehr genau an. Darum trinke ich auch nie Glühwein auf Weihnachtsmärkten. Glühwein sollte sowieso unter die Kampfmittelverordnung fallen bzw. als chemischer Kampfstoff unter den ABC-Sperrwaffenvertrag. Ich schütte neben Wein und Bier nur Obst- und Weinbrände in mich hinein, niemals unbesehen gepimpte oder ungepimpte Magenverderber, auch wenn sie unter dem Versprechen gegen die Kälte helfen zu wollen, angeboten werden.

Zu Adorno: Auch wenn der Satz da oben ziemlich oberwässrig daherkommt, wenn ich so Sätze wie
„Der Animismus hatte die Sache beseelt, der Industrialismus versachlicht die Seelen. Der ökonomische Apparat stattet schon selbsttätig, vor der totalen Planung, die Waren mit den Werten aus, die über das Verhalten der Menschen entscheiden.“
lese, dann könnte ich zum Tier werden. Wenn Horkdorno das Bedürfnis nach Rätseln haben, sollen sie Kriminalromane Agatha Christie lesen und nicht unter Berufung auf eine unverdaute Kapitallektüre, Metaphysik gegen Aufklärung in Stellung bringen. Wenn man eine Behauptung versucht über sprachliche Figuren zu plausibilisieren, demonstriert man bestenfalls so was wie eine ‚kritische’ Haltung, und das ist jetzt schon ausnehmend wohlwollend charakterisiert. Waren, die mit Werten ausgestattet werden, herrje. Hatte nicht schon Hans-Jürgen Krahl dagegen polemisiert?
Zu 11: Freedom, Oh yeah! Bei dem ganzen Kramen in Erinnerungen poppte mir eine Schulfreundin aus den 70ern, eine ‚Spätaussiedlerin’ aus Rumänien, in den Kopf, die unentwegt von Freiheit redete. Nicht, dass man nicht bis zu einem gewissen Grade hätte nachvollziehen können, was sie zu ihren Hymnen veranlasst hatte, aber irgendwann ist es mit dem Drang nach Bekenntnissen auch mal gut.