warum nur, warum?
g. | Donnerstag, 18. August 2011, 05:53 | Themenbereich: 'so dies und das'
Tja? Niemand liebt dich? oder liegt es daran, dass ihr mal hier mal da marschiert?
Vielleicht ging’s dir besser, wenn du mal an die frische Luft gingst? Ja / Nein
gregor g.,
Montag, 22. August 2011, 00:31
so eine Einstellung und mit yt Links untermauert, gefällt mir immer wieder :)
g.,
Montag, 22. August 2011, 06:33
Ich könnt da auch noch was ausführen, wenn es unbedingt nötig wäre. Aber eigentlich lohnt es nicht der Mühe.
gregor g.,
Dienstag, 23. August 2011, 00:10
Tiefgründiger
Ich habe nichts dagegen wenn du etwas tiefgründiger wirst :) So lernt man auch mal was dazu.
g.,
Mittwoch, 24. August 2011, 06:23
Samuel Salzborn schüttet wohl das Kind mit dem Bade aus, wenn er dem Internet als Medium jegliche Erweiterung demokratischer Partizipationsmöglichkeiten abspricht. Natürlich findet eine Erweiterung statt. Im Kern führt er aber aus, dass damit noch lange keine Verbesserung demokratischer Teilhabe erreicht ist. Sein konservierend-konservatives Beharren auf traditionellen Formen der Partizipation mag man kritisieren und hätte damit teilweise m. E auch recht, nur ist damit die These, dass damit noch nicht viel gewonnen ist, nicht obsolet. Die, wenn man so will, qualitativen Probleme nicht zur Kenntnis zu nehmen ist ein Kernproblem der Piraten und der dazu gehörigen Szene.
Ich bin beispielsweise der Ansicht, dass eine Ausweitung direkter Demokratie nicht unbedingt auch zu einer demokratischeren Entscheidungsfindung beiträgt.
Dabei gilt es, sich mit mindestens zwei „Problemen“ auseinander zu setzen:
a) Von den Stadträten, Kreistagen, Landtagen, im Bundestag, den Regierungen, den Bürgermeistern und Landräten sowie den zugehörigen Verwaltungen und werden täglich hunderttausende Entscheidungen getroffen, die Auswirkungen auf die Bürger haben. Die Vorstellung diese Entscheidungsfindungen mittels direkter Demokratie sinnvoll zu beeinflussen, halte ich für vermessen, ein Mehr an schnelleren und direkteren Meinungsäußerungen für nicht zielführend. Schon die schiere Masse verhindert eine demokratische Willensbildung, die diesen Namen verdient. Man wird also wohl oder übel zu einer Auswahl kommen müssen, die Wichtiges von Unwichtigem trennt, um den Staatsbürger/innen überhaupt eine Partizipation zu ermöglichen, die eine Interessenwahrnehmung erlaubt. Diese Auswahl muss jemand treffen und die benötigten Hintergründe aufarbeiten und darstellen. Ein Streit darüber, was wichtig und welche Informationen für eine sachgerechte Beurteilung notwendig ist, ist wohl kaum zu vermeiden. Wer soll das tun? Die Verwaltungen, die den Weisungen der jeweiligen Gremien oder Repräsentanten unterliegen? Der einzelne Bürger, dessen Zeitbudget notwendigerweise begrenzt ist? Im Idealfall sollten ja alle Bürger, die von den Auswirkungen einer Entscheidung betroffen sind, sich darüber informieren, die Alternativen diskutieren und dann entscheiden. Wie soll das – ganz praktisch – gehen? Neuere technische Möglichkeiten helfen dabei grundsätzlich nicht weiter und nein, ich bin nicht der Auffassung, dass eine Beschleunigung zumindest eine kleine Verbesserung, sozusagen ein Schritt in die richtige Richtung, darstellen würde.
b) Politische Prozesse sind Aushandlungsprozesse zwischen Interessen. Menschen haben unterschiedliche Interessen, die einen wollen qualifiziertere Lehrer und kleinere Klassen, die anderen weniger Steuern zahlen. Die einen erwarten eine funktionierende Gesellschaft, die anderen haben sich schon längst aus dem Gemeinwesen verabschiedet, sind aber in der Lage ihre Interessen durchzusetzen. Damit wären die poltischen Großkonflikte zumindest angedeutet. Aber auch im „Kleinen“ sind Interessen zu vermitteln. Bei mir in Berlin-Lichtenberg stand beispielsweise ein Bürgerbegehren zur Abstimmung, bei der es um den Erhalt eines bestimmten Gymnasiums ging. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens argumentierten damit, dass bei Schließung der Schule weitere Wege in Kauf genommen werden müssten und zudem ein spezifisches Schulangebot (es ging um Fächerspezialisierungen) wegfallen würde. Das Bezirksamt argumentierte mit gesunkenen Schülerzahlen aufgrund des Geburtenrückgangs nach der Wende und dass die Schulverwaltung zugesagt habe, die Fächerkombinationen, soweit sie ausreichend nachgefragt würden, zu erhalten. Meines Erachtens haben in diesem Fall alle Beteiligten legitime Gründe für ihre Positionen (im Gegensatz zu den politischen Großkonflikten, die oben benannt wurden). Hier ging es um eine Wertungsentscheidung, die allerdings je nach Art der Informationsdarstellung und der Aufbereitung der Argumente auch hätte anders ausfallen können. Ich empfand diesen regulierten Prozess des Bürgerentscheides wohltuend und wünschte mir auch für die poltischen Großkonflikte sinnvoll aufbereitete Entscheidungswege. Davon kann man träumen, realistisch ist es angesichts massiver wirtschaftlicher und politischer Interessen aber nicht. Auch hier die Frage: was sollten neue Medien an Verbesserungen bringen? Oder anders ausgedrückt: sind mehr, schnellere und direkte Äußerungen eine Verbesserung und worin sollte die bestehen?
Fazit: es gibt keine technischen Lösungen für soziale Probleme (die eigentlich noch dazu gehörenden Themen: shitstorm, Laberfürsten und verdeckte Diskussionsregie nach Art der K-Gruppen, lasse ich jetzt mal weg. Eigentlich sollte man in diesem Zusammenhang sowieso eher über Politische Kultur, über den Unterschied von volonté de tous/ volonté générale oder den Citoyen diskutieren. Wo ist der eigentlich abgeblieben?) oder anders ausgedrückt: Das Netz ist sicher die Lösung, nur: für welches Problem?
Ich bin beispielsweise der Ansicht, dass eine Ausweitung direkter Demokratie nicht unbedingt auch zu einer demokratischeren Entscheidungsfindung beiträgt.
Dabei gilt es, sich mit mindestens zwei „Problemen“ auseinander zu setzen:
a) Von den Stadträten, Kreistagen, Landtagen, im Bundestag, den Regierungen, den Bürgermeistern und Landräten sowie den zugehörigen Verwaltungen und werden täglich hunderttausende Entscheidungen getroffen, die Auswirkungen auf die Bürger haben. Die Vorstellung diese Entscheidungsfindungen mittels direkter Demokratie sinnvoll zu beeinflussen, halte ich für vermessen, ein Mehr an schnelleren und direkteren Meinungsäußerungen für nicht zielführend. Schon die schiere Masse verhindert eine demokratische Willensbildung, die diesen Namen verdient. Man wird also wohl oder übel zu einer Auswahl kommen müssen, die Wichtiges von Unwichtigem trennt, um den Staatsbürger/innen überhaupt eine Partizipation zu ermöglichen, die eine Interessenwahrnehmung erlaubt. Diese Auswahl muss jemand treffen und die benötigten Hintergründe aufarbeiten und darstellen. Ein Streit darüber, was wichtig und welche Informationen für eine sachgerechte Beurteilung notwendig ist, ist wohl kaum zu vermeiden. Wer soll das tun? Die Verwaltungen, die den Weisungen der jeweiligen Gremien oder Repräsentanten unterliegen? Der einzelne Bürger, dessen Zeitbudget notwendigerweise begrenzt ist? Im Idealfall sollten ja alle Bürger, die von den Auswirkungen einer Entscheidung betroffen sind, sich darüber informieren, die Alternativen diskutieren und dann entscheiden. Wie soll das – ganz praktisch – gehen? Neuere technische Möglichkeiten helfen dabei grundsätzlich nicht weiter und nein, ich bin nicht der Auffassung, dass eine Beschleunigung zumindest eine kleine Verbesserung, sozusagen ein Schritt in die richtige Richtung, darstellen würde.
b) Politische Prozesse sind Aushandlungsprozesse zwischen Interessen. Menschen haben unterschiedliche Interessen, die einen wollen qualifiziertere Lehrer und kleinere Klassen, die anderen weniger Steuern zahlen. Die einen erwarten eine funktionierende Gesellschaft, die anderen haben sich schon längst aus dem Gemeinwesen verabschiedet, sind aber in der Lage ihre Interessen durchzusetzen. Damit wären die poltischen Großkonflikte zumindest angedeutet. Aber auch im „Kleinen“ sind Interessen zu vermitteln. Bei mir in Berlin-Lichtenberg stand beispielsweise ein Bürgerbegehren zur Abstimmung, bei der es um den Erhalt eines bestimmten Gymnasiums ging. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens argumentierten damit, dass bei Schließung der Schule weitere Wege in Kauf genommen werden müssten und zudem ein spezifisches Schulangebot (es ging um Fächerspezialisierungen) wegfallen würde. Das Bezirksamt argumentierte mit gesunkenen Schülerzahlen aufgrund des Geburtenrückgangs nach der Wende und dass die Schulverwaltung zugesagt habe, die Fächerkombinationen, soweit sie ausreichend nachgefragt würden, zu erhalten. Meines Erachtens haben in diesem Fall alle Beteiligten legitime Gründe für ihre Positionen (im Gegensatz zu den politischen Großkonflikten, die oben benannt wurden). Hier ging es um eine Wertungsentscheidung, die allerdings je nach Art der Informationsdarstellung und der Aufbereitung der Argumente auch hätte anders ausfallen können. Ich empfand diesen regulierten Prozess des Bürgerentscheides wohltuend und wünschte mir auch für die poltischen Großkonflikte sinnvoll aufbereitete Entscheidungswege. Davon kann man träumen, realistisch ist es angesichts massiver wirtschaftlicher und politischer Interessen aber nicht. Auch hier die Frage: was sollten neue Medien an Verbesserungen bringen? Oder anders ausgedrückt: sind mehr, schnellere und direkte Äußerungen eine Verbesserung und worin sollte die bestehen?
Fazit: es gibt keine technischen Lösungen für soziale Probleme (die eigentlich noch dazu gehörenden Themen: shitstorm, Laberfürsten und verdeckte Diskussionsregie nach Art der K-Gruppen, lasse ich jetzt mal weg. Eigentlich sollte man in diesem Zusammenhang sowieso eher über Politische Kultur, über den Unterschied von volonté de tous/ volonté générale oder den Citoyen diskutieren. Wo ist der eigentlich abgeblieben?) oder anders ausgedrückt: Das Netz ist sicher die Lösung, nur: für welches Problem?
gregor g.,
Samstag, 27. August 2011, 03:58
wow..
ich bin nicht gerade politisch orientiert und kenn mich so sehr auch nicht aus, aber ich gebe dir recht.
Außerdem, man kann keinem recht machen, jeder will was anderes und wie sollen wir eigentlich eine Lösung hin bekommen, wenn das alles zu verworren und zu undurchsichtig ist. Außerdem finde ich Internet nicht gerade die Lösung, weil es schon zu unsicher ist und die Politiker darüber regieren wollen, aber selber keine Ahnung haben.
Danke!
Außerdem, man kann keinem recht machen, jeder will was anderes und wie sollen wir eigentlich eine Lösung hin bekommen, wenn das alles zu verworren und zu undurchsichtig ist. Außerdem finde ich Internet nicht gerade die Lösung, weil es schon zu unsicher ist und die Politiker darüber regieren wollen, aber selber keine Ahnung haben.
Danke!
g.,
Samstag, 27. August 2011, 08:17
Lieber gregor g.,
zunächst eines: Politik bezeichnet ja das Feld öffentlicher, allgemeiner Angelegenheiten, die jedermann betreffen, der Gegenbegriff wäre so gesehen eher das Private, das Individuelle. Es ist, zumindest meiner Meinung nach, keineswegs in erster Linie das Betätigungsfeld von Politikern.
Dass man als Staatsbürger meist so behandelt wird, als wäre es die Angelegenheit einer Kaste von Professionellen, in die man sich nicht störend einmischen sollte, steht auf einem anderen Blatt.
Was mich an den Piraten so stört ist ja gerade, dass sie, wenn überhaupt, öffentliche Angelegenheiten als Summe der individuellen Beteiligungen denken.
Ich finde es auch nicht das zentrale Problem, dass man es keinem Recht machen kann und jeder etwas anderes will. Dass jeder etwas anderes will stimmt beispielsweise meines Erachtens nicht. Es gibt unterschiedliche Interessen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, die man entweder und dann ist man bei der oben angedeuteten volonté générale, vermitteln muss (das wäre das Beispiel mit dem Gymnasium), oder wenn es um handfeste ökonomische Interessen geht, muss man als Parlament oder Regierung entscheiden, welchen Interessen man aus welchen Gründen den Vorzug gibt. Ein Beispiel: unser Gesundheitsminister will Ärzten eine zusätzliche Einkommensmöglichkeit verschaffen und will daher das vermeintliche oder tatsächliche Problem, das sei mal hier dahingestellt, der ärztlichen Unterversorgung ländlicher Regionen, so ‚lösen’, dass er zusätzliche finanzielle Anreize für Mediziner einführen will, die auf dem Land eine Praxis eröffnen. Wenn man es von der gesellschaftlichen Seite her denkt, stellt man fest, dass es in der Bundesrepublik fast die höchste Arztdichte weltweit gibt, diese aber verkürzt gesagt, keine Lust haben als Allgemeinmediziner und dann noch auf dem Lande zu arbeiten. Sie arbeiten lieber in den Städten mit überdurchschnittlichen Einkommen. Man könnte da doch auf die Idee kommen, dass man die Einkommensmöglichkeiten an den Orten und in den Fachrichtungen, die kein Mensch braucht, begrenzt? Beispielsweise könnte man die Kassenzulassungen an den Bedarfen ausrichten.
Sie sehen, so undurchschaubar ist das alles nicht. Zumindest meiner Ansicht nach.
Vielleicht noch eine kleine Abschweifung:
Dass man als Staatsbürger meist so behandelt wird, als wäre es die Angelegenheit einer Kaste von Professionellen, in die man sich nicht störend einmischen sollte, steht auf einem anderen Blatt.
Was mich an den Piraten so stört ist ja gerade, dass sie, wenn überhaupt, öffentliche Angelegenheiten als Summe der individuellen Beteiligungen denken.
Ich finde es auch nicht das zentrale Problem, dass man es keinem Recht machen kann und jeder etwas anderes will. Dass jeder etwas anderes will stimmt beispielsweise meines Erachtens nicht. Es gibt unterschiedliche Interessen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, die man entweder und dann ist man bei der oben angedeuteten volonté générale, vermitteln muss (das wäre das Beispiel mit dem Gymnasium), oder wenn es um handfeste ökonomische Interessen geht, muss man als Parlament oder Regierung entscheiden, welchen Interessen man aus welchen Gründen den Vorzug gibt. Ein Beispiel: unser Gesundheitsminister will Ärzten eine zusätzliche Einkommensmöglichkeit verschaffen und will daher das vermeintliche oder tatsächliche Problem, das sei mal hier dahingestellt, der ärztlichen Unterversorgung ländlicher Regionen, so ‚lösen’, dass er zusätzliche finanzielle Anreize für Mediziner einführen will, die auf dem Land eine Praxis eröffnen. Wenn man es von der gesellschaftlichen Seite her denkt, stellt man fest, dass es in der Bundesrepublik fast die höchste Arztdichte weltweit gibt, diese aber verkürzt gesagt, keine Lust haben als Allgemeinmediziner und dann noch auf dem Lande zu arbeiten. Sie arbeiten lieber in den Städten mit überdurchschnittlichen Einkommen. Man könnte da doch auf die Idee kommen, dass man die Einkommensmöglichkeiten an den Orten und in den Fachrichtungen, die kein Mensch braucht, begrenzt? Beispielsweise könnte man die Kassenzulassungen an den Bedarfen ausrichten.
Sie sehen, so undurchschaubar ist das alles nicht. Zumindest meiner Ansicht nach.
Vielleicht noch eine kleine Abschweifung:
Rasumichin: „»Es begann mit der Anschauung der Sozialisten. Die Anschauung ist bekannt, - das Verbrechen ist ein Protest gegen die anormale soziale Einrichtung, nichts mehr! ... «
»Da schwindelst du schon!« rief Porphyri Petrowitsch. Er wurde sichtbar belebter und lachte alle Augenblicke, indem er Rasumichin ansah, der dadurch noch mehr in Hitze kam.
»Sonst wurde nichts zugelassen!« unterbrach ihn Rasumichin voll Eifer, »ich schwindle nicht! ... ich will dir ihre Bücher zeigen, - an allem soll die sogenannte ‚gute Gesellschaft schuld sein’ – und weiter nichts! Das ist ihre Lieblingsphrase! Und daraus geht hervor, dass, wenn die Gesellschaft normal eingerichtet sein wird, mit einem Male auch alle Verbrecher verschwinden werden, weil es nichts mehr geben wird, dagegen zu protestieren, und alle werden auf einmal gerecht werden. Die Natur wird nicht in Betracht gezogen, die Natur wird hinausgejagt, die Natur hat keinen Platz! Bei ihnen wird die Menschheit nicht von selbst sich in eine normale Gesellschaft verwandeln, indem sie den historischen lebendigen Entwicklungsgang durchmacht, sondern im Gegenteil, ein soziales System, irgendeinem mathematischen Kopfe entsprungen, soll sofort die ganze Menschheit verändern und im Nu sie gerecht und sündenlos machen, ohne jeden historischen und lebendigen Entwicklungsgang, ohne jeglichen lebendigen Prozess! Darum hassen sie auch so instinktiv die Geschichte, - ‚in ihr kommen bloß Scheußlichkeiten und Dummheiten vor’, - und alles wird bloß durch Dummheit allein erklärt! Darum lieben sie auch nicht den lebendigen Lebensprozess, - sie brauchen keine lebendige Seele. Eine lebendige Seele wird Leben verlangen, eine lebendige Seele ist misstrauisch, eine lebendige Seele ist rückschrittlich! Und bei ihnen kann man die Seele aus Kautschuk machen, tut nichts, dass sie Leichengeruch hat, - sie ist dafür nicht lebendig, ohne Willen, eine Sklavenseele und wird sich nicht empören. Und im Resultate kommt es darauf hinaus, dass sich alles nur um das Zusammensetzen von Ziegelsteinen und um die Lage der Korridore und der Zimmer in der kommunistischen Kolonie dreht! Die kommunistische Kolonie ist fertig, aber die Natur für die Kolonie ist bei euch nicht fertig, sie verlangt Leben, hat ihren Lernprozess noch nicht abgeschlossen, es ist zu früh für sie, auf den Kirchhof zu kommen! Mit der Logik allein kann man nicht die Natur überspringen! Die Logik will drei Fälle voraussetzen und es gibt ihrer eine Million! Soll man die ganze Million Fälle abschneiden und alles bloß zur Frage des Komforts konzentrieren? Die leichteste Lösung der Aufgabe! Sie ist verlockend einfach und man braucht nicht zu denken! Und das ist die Hauptsache – man braucht nicht zu denken! Das ganze Lebensgeheimnis findet auf zwei Druckbogen Platz!«
»Wie es dich gepackt hat, du schlugst fest die Trommel! Man muss dich festhalten«, lachte Porphyri Petrowitsch. »Stellen sie sich vor«, wandte er sich an Raskolnikoff, »so war es auch gestern Abend und das in einem Zimmer, angefüllt mit sechs Mann, die er dazu noch vorher mit Punsch bewirtet hat, - können sie sich so was vorstellen? Nein, Bruder, du schwindelst, - ‚die Gesellschaft’ hat bei einem Verbrechen viel zu bedeuten; das kann ich dir bestätigen.«
»Ich weiß es selbst, dass sie viel zu bedeuten hat, aber sage mir, - wenn ein Vierzigjähriger ein Mädchen von zehn Jahren vergewaltigt, - hat ihn etwa die Gesellschaft, die Umgebung dazu gezwungen?«
»Ja, im strengen Sinne vielleicht auch die Gesellschaft«, bemerkte Porphyri Petrowitsch mit merkwürdiger Wichtigkeit, »ein Verbrechen an einem kleinen Mädchen kann man sehr, sehr gut durch ‚die Gesellschaft’ erklären.«“
( Dostojewski: Raskolnikoff bzw. Schuld und Sühne)